GV des Zuger Bauzulieferers Sika in Baar

Angriff abgewehrt, Lohn gestrichen

Konzernleiter Jan Jenisch eröffnete die Versammlung. (Bild: cha)

Grossaufmarsch an der Generalversammlung der Sika in der Baarer Waldmannhalle. Nach fünf Stunden war klar: Die ganz grosse Überraschung blieb aus, die Entscheidung um eine Übernahme ist vorerst vertagt. Doch die Verwaltungsräte bleiben zukünftig ohne Lohn. Zumindest bis zu einer ausserordentlichen GV übernächsten Monat.

Verwaltungspräsident Paul Hälg eröffnete die Generalversammlung in der Waldmannhalle. Er bezeichnet die  Versammlung als «wichtigste Generalversammlung in der Geschichte der Sika». Es gehe um die Zukunft der Sika und ihrer 17’000 Mitarbeiter, sagt Hälg. Den geplanten Verkauf des Aktienpakets der Familie Burkard an Saint-Gobain nannte er eine «feindliche Übernahme». Im Falle einer Übernahme durch Saint-Gobain drohten bis zu 2,9 Milliarden Franken Wertverlust.

Einschränkung der Stimmrechte

In der Frage der Stimmrechtsbeschränkung hat der Verwaltungsrat offenbar entschieden. «Bis zu einer endgültigen Klärung liegt es im Interesse der Sika, dass der bisherige VR die Führung behält», so Hälg. Darum würden die Stimmrechte der Gründer-Familie teilweise beschränkt. Einmal eingetretene Schäden könne man im Nachhinein nicht mehr korrigieren. Damit werden die Stimmrechte der Erben-Familie bei einzelnen Traktanden auf fünf Prozent beschränkt. Andernfalls würde die Familie über einen Stimmenanteil von 52 Prozent verfügen.

Z'vieri-Päckli für hungrige Sika-Aktionäre

Eine Enteignung sei dies nicht. Der VR habe die Pflicht, sich für die Interessen von Sika und den Aktionären einzusetzen. Den Erben sei bekannt, dass man jederzeit für eine weitere Diskussion bereit sei, sagt Hälg. Die Aktionäre nehmen den Entscheid mit Applaus zur Kenntnis.

«Sika bleibt Schweizer Firma»

Sika-Erbe Urs Burkard beklagt in seiner Rede, dass das Vertrauensverhältnis durch Sika gebrochen worden sei. Der VR habe eine stärkere Einbindung der Familie ins Unternehmen unterbunden. Durch den Zusammenschluss mit der Saint-Gobain würden sich beiderseitig Chancen bieten, zudem bestehe die Zusicherung, dass keine Arbeitsplätze verloren gingen. «Sika bleibt eine Schweizer Firma», was unter den Aktionären für Unruhe sorgt.

Der Verwaltungsrat wolle die Familie mit seinem «ungeheuerlichen Vorgehen» enteignen. Es kann doch nicht sein, dass ein Verwaltungsrat einem Aktionär sagt, was er mit seinem Eigentum machen darf», sagt Burkard. «Es ist ein letzter Appell an deine Vernunft, Paul Hälg», ruft er seinem Verwaltungsratspräsidenten zu, was im Publikum mit Buh-Rufen quittiert wird.

Auch nach über drei Stunden ist noch keine Abstimmung traktandiert. Nach den Grossaktionären und Interessenvertretern sprechen derzeit die Kleinaktionäre. Hier kommt es zu Voten für beide Seiten. «Saint-Gobain wird Sika ausbluten», sagt beispielsweise der frühere Sika-Chef Walter Grüebler. Die Eltern der fünf Erben-Geschwister wären enttäuscht von ihrem Verhalten, wirft er den Burkards vor.

 

Wahlen und Abstimmungen

Das erste Traktandum, der Jahresbericht und die Konzernrechnung 2014, wird angenommen.

Nun wird einzeln über die Entlastung der Verwaltungsräte abgestimmt. Monika Ribar, Daniel Sauter, Christoph Tobler, Paul Hälg und Frits Van Dijk wird die Entlastung verweigert; Willi Leimer, Jürgen Tinggren und Urs Burkard wird sie erteilt. Zu diesem Resultat kommt es, weil die Stimmkraft der Schenker-Winkler-Holding bei diesem Traktandum nicht beschränkt wurde. Damit konnten die Geschwister Burkard ihre 53 Prozent Stimmkraft ausüben und allen unabhängigen Verwaltungsräten die Entlastung verweigern.

Nach einer Zwangspause wegen eines defekten Abstimmungsgerätes stehen nun die Wahlen in den Verwaltungsrat bevor. Die Stimmrechte der Schenker-Winkler-Holding sind hier beschränkt. VR-Präsident Paul Hälg wird mit 86 Prozent der Stimmen wiedergewählt, grosser Applaus. Auch Urs Burkard ist gewählt, ebenso Frits van Dijk, Willi Leimer, Jürgen Tinggren, Christoph Tobler und Monika Ribar.

Damit sind alle Verwaltungsräte wiedergewählt. Sowohl die unabhängigen dank der Stimmrechtsbeschränkung, wie auch die abhängigen Verwaltungsräte mit den Stimmen der Schenker-Winkler-Holding. Der Angriff der Familie Burkard auf den Verwaltungsrat ist somit vorerst abgewehrt.

Kein Lohn für den Verwaltungsrat

Der Vergütungsbericht wird abgelehnt. Die Erben nehmen damit wenigstens symbolisch Rache und streichen den Lohn des Verwaltungsrats. Im Gegensatz zum Verwaltungsrat soll jedoch die Konzernleitung ihren Lohn erhalten.

Als letztes Traktandum stand die Abschaffung der Opting-out Klausel auf dem Programm, wie dies Investoren um Bill Gates und zahlreiche Pensionskassen forderten. Damit könnte Saint-Gobain nicht die Familie bevorzugen, sondern müsste allen Aktionären ein Kaufangebot machen. Der Antrag wird wegen der Stimmenmehrheit der Familie jedoch abgelehnt.

Stattdessen wurde auf Wunsch der Erbenfamilie für den 24. Juni eine ausserordentliche Generalversammlung beschlossen. Der Kampf geht also schon bald in die nächste Runde.

Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


0 Kommentare
    Apple Store IconGoogle Play Store Icon