Warum in Luzern 42 günstige Wohnungen seit einem halben Jahr leer stehen
Im Weinbergliquartier stehen über 40 günstige Wohnungen leer – seit über einem halben Jahr. Verantwortlich ist ausgerechnet eine Wohnbaugenossenschaft. Wie kann das sein?
An der Luzerner Weinberglistrasse sollen 45 neue und vor allem preiswerte Wohnungen entstehen. Dies berichtete zentralplus im Mai des vergangenen Jahres (zentralplus berichtete). Geplant war, dass die Bauarbeiten im letzten Frühjahr starten und die Wohnungen im Verlauf von 2022 bezogen werden können. Dafür müssen drei bestehende Häuser abgerissen werden. In der Folge verliessen die letzten Mieter ihre Wohnungen Ende März.
Doch seither ist nicht viel passiert. Die aktuell 42 günstigen Wohnungen stehen mittlerweile seit einem halben Jahr leer und die Umgebung der Liegenschaften präsentiert sich in einem traurigen Zustand.
Die Fensterläden sind teilweise zerstört, kaputte Wäscheleinen, herausgerissene Abwaschtröge, alte Fitnessgeräte und Abfall liegen herum. Was ist hier passiert? Wie kann es sein, dass günstiger Wohnraum in einem gut erschlossenen Aussenquartier einfach so darnieder liegt und die erschwinglichen Wohnungen während Monaten verwaist sind?
Häuser gehören der SBL-Baugenossenschaft
Die Häuser gehören der SBL-Baugenossenschaft Luzern, die an verschiedenen Orten in der Stadt und Agglomeration Luzern preiswerte Wohnungen vermietet. Man hadert mit der aktuellen Situation. «Wir haben das Baugesuch bereits 2018 eingereicht und gingen deshalb davon aus, spätestens im Mai 2019 mit dem Abriss der alten Gebäude starten zu können», sagt SBL-Präsident Markus Mächler.
Die Baubewilligung sei aber erst Anfang September zugestellt worden. Entsprechende Umgebungsarbeiten, wie die notwendige Umlegung eines Baches, habe man aber bereits abgeschlossen. Auch wenn sie etwas länger gedauert hätten als geplant.
Geht es bis vors Verwaltungsgericht?
Dass die Häuser noch immer stehen, ist zwei Einsprachen geschuldet, die gegen das Projekt eingingen. «Mit einem der Einsprecher haben wir uns mittlerweile gefunden und er hat seine Einsprache zurückgezogen», so Mächler.
Die zweite sei aber noch hängig, auch deshalb die Verzögerung. Wenn alles gut läuft, sollte aber auch diese Einsprache in den nächsten Tagen geklärt sein. Dann läuft die Frist ab und der Einsprecher muss sich entscheiden, ob er seine Klage weiter vor das Verwaltungsgericht ziehen will. «In diesem Fall könnte sich der Bewilligungsprozess bis ins nächste Frühjahr hinziehen», sagt Mächler. Sämtliche 42 Wohnungen würden dann also ein ganzes Jahr leer stehen.
Baugesuch blieb lange bei der Stadt liegen
Aber auch die Mitarbeiter der städtischen Baudirektion könnten allenfalls ihren Teil zur Verzögerung des Projekts beigetragen haben, moniert SBL-Präsident Mächler: «Während der Sommerferien arbeitet die Verwaltung sicher auch nicht wie gewohnt. In der Folge blieb unser Gesuch rund um die Einsprachen länger liegen als im Normalfall.» Als Vorwurf will Mächler dies allerdings keinesfalls verstanden wissen. Vielmehr handle es sich um einen unglücklichen Zufall.
Doch wieso wurden die Mietverhältnisse nicht verlängert, als die Einsprachen eingingen? Musste die SBL nicht davon ausgehen, dass sich das Ganze allenfalls hinziehen wird? Diese Fragen stellen sich insbesondere, da der genannte Mieter der Ansicht ist, dass die Wohnungen noch in einem soliden Zustand gewesen seien und das Preis-Leistungs-Verhältnis entsprechend gut war. Gut 1’000 Franken hatte er für seine 3,5-Zimmer-Wohnung bezahlt.
Abriss der Häuser vor drei Jahren angekündigt
«Da wir den Abriss der Häuser bereits vor drei Jahren angekündet hatten, verliessen viele Leute ihre Wohnungen frühzeitig», sagt Markus Mächler. «Weil wir wie gesagt bis April dieses Jahres dachten, dass wir pünktlich beginnen können, haben wir die Mietverhältnisse nicht verlängert.»
Zumal sich bei anderen Genossenschaften gezeigt habe, dass es in solchen Fällen zur Forderung einer Fristerstreckung von Mietern kommen kann, die den Projektstart zusätzlich verzögern können. «Obwohl sich abgezeichnet hatte, dass es mit dem Terminplan schwierig werden könnte, ist es bei uns zum Glück aber nicht so weit gekommen», so Mächler.
Häuser nicht mehr bewohnbar
Ausserdem seien in den Häusern bereits einige Rückbauarbeiten gemacht worden, um Altlasten zu beseitigen. Zudem sind Strom und Wasser abgestellt und das Öl für die Heizung wurde entsorgt. Sprich, die Häuser sind nicht mehr bewohnbar. «Die Situation ist für uns natürlich auch insofern unglücklich, dass wir dadurch viele Mieteinnahmen verloren haben», sagt Mächler. Er rechnet mit etwa 300’000 Franken, die sich die Genossenschaft in den Kamin schreiben kann.
Mächler ist zuversichtlich, dass man dennoch dieses Jahr mit dem Abriss der alten Häuser beginnen kann. «Sobald wir definitiv grünes Licht haben, werden wir umgehend starten.» Die vielen Mieter in Luzern, die auf bezahlbaren Wohnraum angewiesen sind, werden sich freuen.
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