Rechtskräftiger Entscheid nicht mehr möglich

Wird Zuger Tunnelabstimmung verschoben?

Noch hat der Anwalt der Stadt Zug und der Gemeinde Unterägeri Zeit für eine Erwiderung.

Eine Privatperson versucht, die Tunnelabstimmung in Zug zu verschieben. Die Stadt Zug und Unterägeri nehmen sich einen Anwalt. zentralplus hat sich den Schriftverkehr näher angeschaut.

Am 2. Februar hat der Tunnelgegner Philipp Kissling Stimmrechtsbeschwerde bei der Zuger Regierung eingereicht. Er will damit die kantonale Abstimmung am 3. März verschieben, bei der zwei umstrittene Autotunnel für eine Milliarde Franken an die Urne kommen. Sie sollen die Zentren der Stadt Zug und der Gemeinde Unterägeri vom Verkehr entlasten (zentralplus berichtete).

Sein Argument: Die Informationsbroschüre der Stadt Zug und der Gemeinde Unterägeri sei nicht objektiv. Insbesondere am Bild einer verkehrsfreien Zuger Vorstadt nimmt er Anstoss. Denn auch nach dem Bau des Umfahrungstunnels sollten dort weiter Busse fahren, steht im Stadtzuger Richtplan.

Diese Visualisierung sorgt für Ärger. (Bild: zvg)

Ebenfalls «irreführend» findet er die Darstellung aktueller und künftiger Verkehrsmengen auf einer Karte der Stadt Zug. Sie zeigt die künftige Verkehrsabnahme auf der Baarerstrasse, der Neugasse und weiteren Strassen, nicht aber die erwartete Verkehrszunahme auf der Gubelstrasse. Ausserdem kritisiert er, dass die Begleitmassnahmen zu den Tunneln noch nicht feststünden.

Damit seine Beschwerde direkt vom Verwaltungsgericht Zug geprüft wird und nicht von der Regierung, hat Kissling zudem einen Antrag auf «Sprungbeschwerde» gestellt. Seine Begründung: Die Regierung sei befangen, weil sie die zwei Umfahrungstunnel befürwortet (zentralplus berichtete).

Unterägeri und Stadt Zug nehmen sich einen Anwalt

Wenige Tage nach seiner Beschwerde hat eine Stadtzuger Anwaltskanzlei im Auftrag der Stadt Zug und der Gemeinde Unterägeri eine Stellungnahme abgegeben. Diese liegt zentralplus vor. Darin argumentiert die Kanzlei, die Gemeinden seien erheblich von den Tunneln betroffen und daher im Recht, vor der Abstimmung zu informieren.

Dieser Pflicht seien die Gemeinden «objektiv und sachlich» nachgegangen. Sowohl auf der eigenen Website umfahrungen.ch als auch in der Informationsbroschüre hätten sich Zug und Unterägeri auf anerkannte Prognosen gestützt, wie etwa das kantonale Gesamtverkehrsmodell. Auf der Website seien zudem auch Positionen der Tunnelgegner aufgeführt.

Direktion des Innern: Wir beeilen uns

Am Mittwoch hat Kissling mit einer Replik geantwortet, in die zentralplus ebenfalls Einsicht hatte. Darin wiederholt er seine Forderungen: Die Abstimmung am 3. März solle verschoben werden. Und falls über seine Beschwerde erst danach entschieden werde, sollten deren Ergebnisse aufgehoben werden.

Nun hat der Anwalt der Stadt Zug und der Gemeinde Unterägeri einige Tage Zeit für eine Duplik, also eine Art Gegenrede.

Die sehr kurzen Fristen für die Parteien hätte die Direktion des Innern gesetzt, um das Verfahren schnell voranzutreiben, erklärt eine Verantwortliche auf Anfrage. Zum Ausgang des Verfahrens kann sie nichts sagen, solange der Schriftenwechsel nicht abgeschlossen ist.

Dafür sagt sie: Die Direktion des Innern setze alles daran, vor der Abstimmung einen ersten Entscheid zu haben. Doch beide Parteien hätten die Möglichkeit, diesen an die nächste Instanz weiterzuziehen. Bedeutet: «Ein rechtskräftiger Entscheid vor der Abstimmung ist gar nicht mehr möglich.» Und damit ist eine Verschiebung der Abstimmung fast ausgeschlossen.

Tunnelgegner spricht von Kampf für direkte Demokratie

Dass die Zeit auch für einen ersten Entscheid knapp wird, weiss Philipp Kissling. «Anfangs war ein Entscheid vom Verwaltungsgericht noch drinnen, nun wird das knapp.» Ob sein Antrag auf «Sprungbeschwerde» gelingt, wird die Direktion ebenfalls beurteilen, wenn der Schriftenwechsel abgeschlossen ist.

Der Statiker und Schadensexperte Philipp Kissling ist trotzdem froh, die Beschwerde eingereicht zu haben. «Hier geht es nicht um Tunnel, sondern um direkte Demokratie.» In seiner Beschwerde kritisiert er nicht nur die Darstellungen in der Broschüre, sondern auch das einstufige Verfahren, mit dem über Planung und Bau der Tunnel gleichzeitig abgestimmt wird.

Verwendete Quellen
  • Telefonat mit der Direktion des Innern Kanton Zug
  • Telefonat mit Philipp Kissling
  • zentralplus Medienarchiv
  • Informationen zur Stimmrechtsbeschwerde
  • Stimmrechtsbeschwerde, Stellungnahme der Beschwerdegegner und Replik in Kopie
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4 Kommentare
  • Profilfoto von Hugo Müller
    Hugo Müller, 15.02.2024, 22:36 Uhr

    Es ist völlig fragwürdig, ob sich die Milliarde, welche die Zuger für den Bau der zwei Tunnels aufwenden will, wirklich rechtfertigen lässt. Nach dem deutlichen Nein des Stimmvolks im Jahr 2015 soll nun eine noch schlechtere Variante für die Stadtzuger die Lösung bringen…das viele Geld wäre besser im Ausbau und der Verbilligung des ÖV investiert. Beispiele aus dem benachbarten Ausland zeigen, dass die Innenstätde vom Verkehr entlastet werden können durch die Förderung des ÖV. Zug hat mit der Stadtbahn ein funktionierendes Beispiel, wie die Blechlawiene verringert und die Umwelt geschützt werden kann. Am Bau des Tunnels hat nur die Baulobby ein Interesse, das viele Geld würde ohne eine Lösung zu bringen buchstäblich verlocht.

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  • Profilfoto von Zuger Kerl
    Zuger Kerl, 15.02.2024, 18:30 Uhr

    Komisch und verdächtig, dass dies Herrn Kissling nicht früher in den Sinn gekommen ist. Das zeigt klar auf, er ist ein chronischer Autogener. Die Bahnhofstrasse in Zürich ist auch autofrei, nur die ÖV und Fussgänger. Auf den Fotos von Zürich sieht man auch nur Fussgänger.

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    • Profilfoto von Jouette
      Jouette, 15.02.2024, 22:37 Uhr

      Genau: „Autogenes“ Training für Tiefenentspannung bei einer drangsalierten Abstimmung! Wobei notwendiges Wissen noch termingerecht über die Printmedien allseits kommuniziert wird. Der mündige Bürger und die mündige Bürgerin kann gut informiert an die Urne gehen.

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  • Profilfoto von Black Pearl
    Black Pearl, 15.02.2024, 16:59 Uhr

    Ich danke Herrn Kissling für sein Engagement und finde, er hat in allen Punkten recht. Bei den Bildern könnte man auch noch die jahrelangen Baustellen in der Stadt Zug bringen sowie Visualisierungen von der vollen Tunnelzufahrt an der Gubelstrasse.

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