Über den Vierwaldstättersee: «Die Brücke wäre ein Wahrzeichen»
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Der Schwyzer ACS-Präsident möchte zwischen Merlischachen und Greppen eine Brücke über den Vierwaldstättersee bauen. Die Initianten sind sich sicher: Damit liesse sich mehr als nur das Stauproblem in Küssnacht lösen. Doch die Schwyzer Regierung und der Heimatschutz sind kritisch.
Es ist ein visionäre Idee. Eine Idee, deren Umsetzung Strahlkraft weit über die Region hinaus haben könnte. Zwischen Merlischachen und Greppen soll eine Brücke über den Vierwaldstättersee gebaut werden. Die Idee stammt von Beat Studer und seinem Sohn Christoph Studer. Ersterer ist Präsident der Schwyzer Sektion des Automobilclubs der Schweiz (ACS), letzterer ist Architekt.
Gemäss den beiden Studers habe die Brücke viele Vorteile: «Man kann mit weniger Geld das gleiche Problem lösen», sagt Christoph Studer zu Beginn des Gesprächs.
Die Strassen in Küssnacht sind überlastet
Das Problem, das er anspricht: Die Strassen von Küssnacht sind überlastet, insbesondere vor dem Autobahnanschluss Fänn. Die angedachte Lösung in der Politik: ein über einen Kilometer langer Umfahrungstunnel zwischen Ebnet und Breitfeld. Doch die prognostizierten Kosten für das Bauprojekt sind im vergangenen Jahr explodiert. Der Kanton informierte, dass diese Etappe der Umfahrung 321 Millionen Franken verschlingen werde. Das sind 130 Millionen Franken mehr als ursprünglich angenommen.
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Bereits im Jahr 2012 kritisierte Christoph Studer das Projekt – obschon das Projekt damals noch deutlich günstiger veranschlagt war. Dass die budgetierten Kosten deutlich steigen sind, verleiht der Idee einer Brücke weiter Auftrieb. Und so sind es ausgerechnet Autolobbyisten, die den teuren Tunnelbau ablehnen.
Beat Studer doppelt nach: «Von einer Brücke profitieren auch Velofahrer und Fussgänger.» Denn diese sollen die Brücke ebenfalls benutzen können – im Gegensatz zum Tunnel, der ausschliesslich von Autos durchfahren werden könnte.
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Gemäss den Studers sei eine Brücke zwischen Merlischachen und Greppen auch nachhaltiger als ein Tunnel. Einerseits werde weniger Kulturland zerstört. Andererseits werde die Fahrzeit von Seegemeinden wie Weggis nach Luzern um mindestens sieben Kilometer verkürzt. Dies wiederum könne Emissionen reduzieren. Der Autobahnanschluss sei mit der neuen Brücke ebenfalls gewährleistet. Künftig müssten von Weggis kommende Autofahrer nicht mehr durch Küssnacht fahren, glauben die Studers. Diese könnten den Anschluss über die Brücke und die besser ausgebauten Strassen auf der gegenüberliegenden Seeseite erreichen.
Doch wie sieht es mit dem Lärm aus? Gemäss Christoph Studer gäbe es mittels Lärmschutzwänden genügend Möglichkeiten, die Lärmbelastung zu minimieren. In der Höhe werde man den Verkehr schon hören, gibt Studer zu. «Aber unter dem Niveau der Brücke ist der Lärm vernachlässigbar», sagt er.
Die Brücke soll ein Monument werden
Die Nützlichkeit sei das eine, doch es geht dem Vater-Sohn-Gespann nicht nur darum: «Es wäre ein wunderschöner Wanderweg über die Brücke», sagt Beat Studer. «Die Brücke wäre ein Wahrzeichen, ein Novum in der Region. Sie könnte ein Motor für die gesamte Region werden», findet Christoph Studer. Der «Bote der Urschweiz», der in der vergangenen Woche als Erstes über die Idee berichtete, titelt gar von der «Küssnachter Golden Gate».
Studer zeigte sich zuversichtlich, dass der Landschafts- und Heimatschutz keine Probleme mit der Brücke haben wird, wie im «Boten der Urschweiz» zu lesen war. Studer sei selbst Mitglied des Landschaftsschutzverbands Vierwaldstättersee.
Die Kollegen vom Innerschweizer und Schwyzer Heimatschutz scheinen aber skeptischer zu sein, als Christoph Studer vermutet: «Sowohl der Innerschweizer als auch der Schweizer Heimatschutz lehnen das Projekt aus umwelt- und heimatschutzrechtlichen Gründen ab», sagt Isabelle Schwander, die Präsidentin des Schwyzer Heimatschutzes, auf Anfrage.
Laut Schwander sei das Projekt chancenlos. «Wir denken, dass das Projekt aufgrund der massiven natur- und heimatschutzrechtlichen Eingriffe scheitern würde.» Der Grund: Die Brücke würde den Vierwaldstättersee überqueren. Diese Fläche steht im Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler, ist also von nationaler Bedeutung. Dass die Eidgenössische Natur- und Heimatschutzkommission dem Projekt zustimmen würde, hält Schwander für unwahrscheinlich. Laut ihr stelle die Brücke «mit Sicherheit eine schwere Beeinträchtigung» dar.
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Mit der Brücke liessen sich über 100 Millionen Franken einsparen
Dass die Idee visionär ist, dessen ist sich Christoph Studer bewusst: «Verkehrsprobleme werden in der Schweiz selten mit Brücken gelöst.» Es benötige daher Zeit, bis sich die Bevölkerung an solche Ideen gewöhnt. Doch die Studers sind überzeugt: Bereits heute würde sich eine Mehrheit von der Brücken-Lösung überzeugen lassen.
Beat Studer möchte daher, dass die Politik das Projekt ernsthaft prüft. Eine Schwierigkeit könnte sein, dass im Gegensatz zur geplanten Tunnellösung auch der Kanton Luzern involviert wäre. Der Appell richtet sich an die ganze Innerschweiz, insbesondere an die Kantone Luzern und Schwyz. Beat Studer wird auch die eidgenössischen Politiker der Kantone Schwyz und Luzern anschreiben.
Auch aus finanzieller Sicht sei die Brücke gegenüber dem Tunnel zu bevorzugen. Christoph Studer geht davon aus, dass die Brücke höchstens zwei Drittel der Summe des Tunnels kosten würde. Heisst: Die Brücke ist laut den Berechnungen des Architekten mindestens 100 Millionen Franken günstiger als der Tunnel. Die Studers erwarten zudem, dass der Bund das Projekt finanziell unterstützen würde. Das liegt daran, dass nicht nur der Kanton Schwyz, sondern auch der Kanton Luzern an dem Projekt beteiligt wäre. Und solche interkantonalen Bauprojekte müsste der Bund zumindest mitfinanzieren, sind sich die Studers sicher.
Nach der Brücke soll es noch einen Tunnel geben
Obwohl die Brücken-Idee bereits visionär ist: Architekt Christoph Studer denkt noch weiter in die Zukunft. In einer weiteren Etappe könnte der Brückenbeginn bei Merlischachen mit dem Autobahnanschluss A4 in Buchrain verbunden werden. Das würde die Fahrzeit entsprechend reduzieren. Gemäss dem Architekten würde das eine halbe Million Fahrtkilometer täglich einsparen.
Schwyzer Baudirektion hält nichts von der Idee
Weniger Kosten, umweltfreundlicher, eine Touristenattraktion. Laut den Studers hat die Brücke viele Vorteile. Den Schwyzer Bauvorsteher André Rüegsegger können sie trotzdem nicht überzeugen. «Für den Regierungsrat ist eine Brücke zwischen Greppen und Merlischachen sowohl aus politischen als auch rechtlichen und landschaftsschützerischen Gründen kein Thema», heisst es auf Anfrage.
Auch bezweifelt Rüegsegger den Nutzen für all jene, die von Weggis her den Autobahnanschluss erreichen möchten. Laut ihm würden diese noch immer durch das Dorf Küssnacht fahren, die Strassen blieben also überlastet.
Frühestens im Sommer will die Schwyzer Regierung informieren, wie es mit der geplanten zweiten Etappe der Südumfahrung nach der Kostenexplosion weitergeht. Eins ist schon mal klar: Die Brücke wird von der Schwyzer Regierung nicht als Alternative in Erwägung gezogen. Beat Studer wird dies kaum beeindrucken: Er stellt gar eine Volksinitiative in Aussicht.
- Telefonat mir Christoph und Beat Studer
- Schriftlicher Austausch mit Isabelle Schwander, Präsidentin Schwyzer Heimatschutz
- Schriftlicher Austausch mit André Rüegsegger, Regierungsrat Schwyz
- Zugestellte Unterlagen von Christoph Studer
- Artikel im «Boten der Urschweiz»
- Medienmitteilung des Kantons Schwyz vom Juli 2022
- Antwortschreiben des Schwyzer Baudepartements auf einen offenen Brief zur Südumfahrung
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