Kanton und Stadt nehmen neuen Anlauf

Jetzt will auch der Kanton Zug den Stadttunnel 2.0

2015 sagte die Zuger Bevölkerung deutlich Nein zum Zuger Stadttunnel. Sieben Jahre später kommt das Projekt wieder aufs politische Tapet. (Bild: slam)

An der Urne vor vielen Jahren beerdigt, erlebt die Idee eines Stadttunnels durch Zug gerade ein spektakuläres Revival. Nach der Stadt begrüsst nun auch der Kanton die Idee. Die Regierung verfolgt sogar noch einen weiteren Tunnel-Traum.

Ostern naht und damit auch die berühmte Geschichte der Auferstehung von Jesus. Für eine spektakuläre Auferstehung muss man aber gar nicht erst die Bibel bemühen. Ein Blick in den Kanton Zug genügt bereits. Denn hier erlebt der Zuger Stadttunnel gerade ein bemerkenswertes Revival.

Vor sieben Jahren hat die Stimmbevölkerung das Projekt an der Urne mit einem überaus deutlichen Nein beerdigt (zentralplus berichtete). Die Idee schien vom Tisch zu sein, schlummerte in einigen Zuger Köpfen jedoch weiter. Im vergangenen Jahr kam das Projekt plötzlich wieder auf. Die Stadtzuger SVP forderte in einer Motion einen «Stadttunnel light».

Dieser sollte die Verkehrsprobleme in der Zuger Innenstadt ein für allemal lösen. Im Herbst stellte sich der Zuger Stadtrat hinter die Forderung (zentralplus berichtete). Und nun verkündet auch die Zuger Regierung, dass sie die wiederbelebte Idee unterstützt.

Kanton überarbeitet seinen Richtplan

Die Zustimmung steht im Zusammenhang mit der Überarbeitung des kantonalen Richtplans. Notwendig sei die Anpassung wegen zahlreicher Anträge der Gemeinden, die derzeit ihre Ortsplanung überarbeiten. Und siehe da: Der angepasste Richtplan sieht einen Stadttunnel durch die Stadt Zug vor.

So heisst es in einer Medienmitteilung der Zuger Baudirektion: «Die Baudirektion unterstützt das Begehren auch in Bezug auf eine hohe Priorisierung und schnelle Behandlung.» Der Kanton will der Stadt Zug demnach die Planung und Realisierung des Stadttunnels schnell ermöglichen. Die überarbeitete Version des Richtplans, welche die Idee des Stadttunnels enthält, kommt nun in die Vernehmlassung. Verbände, Parteien und Gemeinden haben 60 Tage lang Zeit, sich zu den Plänen der Kantonsregierung zu äussern. «Je nach Ausgang der Mitwirkung wird das Projekt ins Mobilitätskonzept integriert und gemeinsam mit diesem im November dem Kantonsrat zu Behandlung überwiesen.»

Unklar ist jedoch, wie dieser abgespeckte Stadttunnel überhaupt aussehen würde. Die SVP hat in ihrem Vorstoss keine konkreten Angaben dazu gemacht. In der Motion hiess es bloss, es solle ein «einfacher Stadttunnel» werden. Auf welche Ausstattung im Vergleich zum ersten Projekt nun verzichtet werden soll, ist vorerst unklar.

Tunnel-Träume in Unterägeri

Der Zuger Stadttunnel ist nicht das einzige Verkehrs-Grossprojekt, von dem der Kanton träumt. Auch in Unterägeri plant der Zuger Regierungsrat gemäss überarbeitetem Richtplan Grosses: So legt der Kanton auf Wunsch der Gemeinde Unterägeri einen Umfahrungstunnel des Dorfzentrums definitiv im Richtplan fest. «Der Wunsch der Gemeinde ist auch eine zeitliche Beschleunigung des Vorhabens, das die Baudirektion unterstützt», heisst es dazu in der Mitteilung des Kantons.

Die Regierung reagiert damit auf ein Postulat der FDP-Kantonsräte Markus Spörri und Peter Letter aus Unterägeri, die im Dezember eine höhere Priorisierung des Projekts forderten (zentralplus berichtete). 2015 stufte der Kanton die Priorität des Projekts als Folge der Sparmassnahmen zurück.

Der Umfahrungstunnel ist Bestandteil der Zentrumsplanung von Unterägeri, die eine Aufwertung des Dorfzentrums vorsieht. Im Februar gründete sich sogar extra eine neue Interessensgruppe in Unterägeri, die sich für den Umfahrungstunnel einsetzt.

Goldgräber-Stimmung für Tiefbau-Projekte

Ganz überraschend kommt die Zustimmung des Regierungsrats für den Zuger Stadttunnel zwar nicht. Er unterstützte das Projekt bereits 2015 und kassierte mit dem deutlichen Nein eine herbe Schlappe. Dass die Regierung nur wenige Jahre später gleich zwei Tunnel-Projekte vorantreibt, ist erstaunlich. Offenbar herrscht im Kanton Zug geradezu Goldgräber-Stimmung für Tiefbauprojekte. Woher kommt das?

Ein Grund ist sicher die zunehmende Verkehrsbelastung. Sowohl in Zug als auch in Unterägeri sind sich die Befürworter einig, dass eine Aufwertung der Zentren nur mit den Tunnel-Projekten realisiert werden kann. So sagte Baudirektorin und Stadtpräsidiums-Kandidatin Eliane Birchmeier im Februar gegenüber zentralplus: «Eine Verkehrsentlastung und Aufwertung im Zentrum ist ohne einen abgespeckten Tunnel nicht zu schaffen.»

Gleich sehen es auch die Unterägerer Kantonsräte Spörri und Letter. Sie beobachten seit der Eröffnung der Tangente eine Zunahme des Durchgangsverkehrs durch ihr Dorfzentrum. Die Dringlichkeit für den Umfahrungstunnel sei damit nochmals gestiegen.

Rappelvolle Staatskasse

Ein anderer vermutlich noch wesentlicherer Grund für die Tunnel-Euphorie dürfte die Finanzierung der beiden Projekte sein. Denn klar ist: Tunnel-Projekte sind sehr, sehr teuer. Und damit sozusagen die Königsklasse im Tiefbau. Das Stadtzuger Tunnel-Projekt aus dem Jahr 2015 hätte sage und schreibe rund 900 Millionen Franken gekostet. Selbst im reichen Kanton Zug offenbar zu viel des Guten. Zumal der Kanton Zug im Jahr 2014 ein Defizit von über 100 Millionen Franken erwirtschaftet hatte.

Heute jedoch ist die Zuger Staatskasse rappelvoll. Für die Periode von 2022 bis 2025 rechnet die Regierung mit einem Überschuss von rund 900 Millionen Franken (zentralplus berichtete). Was tun mit all dem Geld? Löcher bohren und Tunnels bauen, lautet offenbar die Antwort der Regierung auf diese Frage. So sehen es auch die Kantonsräte Markus Spörri und Peter Letter aus Unterägeri:

«Die finanzielle Lage des Kantons ist sehr gut und auch in den kommenden Jahren ist mit hohen Überschüssen zu rechnen. Eine Situation, in der grosse und nachhaltige Investitionsprojekte nicht aufgeschoben, sondern mittels geeigneter Finanzierungsvorlage vorgezogen werden sollten», halten sie in ihrem Postulat fest.

Gewiss sehen das die linken Parteien und die Veloverbände gegenteilig. Sie haben wohl andere Ideen, was der Kanton mit seinen Rekordgewinnen anstellen könnte. Ihre Antworten in der Vernehmlassung dürfen darum mit Spannung erwartet werden. Doch auch für sie lässt es sich nicht mehr wegdiskutieren: Die Zuger Tunnel-Träume sind so real wie seit sieben Jahren nicht mehr.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Corry Gunz
    Corry Gunz, 20.03.2022, 22:44 Uhr

    Das Problem damals waren die Finanzen. Der Kanton, der ein Sparprogramm durchdrücken wollte, prognostizierte für das Jahr 2022 eine Verschuldung von 700 Millionen. Mit dem Bau des Stadttunnels hätte es im Jahr 2030 gar eine Verschuldung von 3 Milliarden Franken sein sollen. Daher wollte man sich das Geld über zukünftige Motorfahrzeugsteuern beschaffen. Da fragte sich manch einer, ob er jedes Jahr 200 oder 300 Franken nur für ein paar Meter Tunnel in der Stadt Zug ausgeben will. Diesen Fehler wird man nicht noch einmal begehen

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