Investitionen in alte Technologie befürchtet

Bundesrat will UKW verlängern: Lokalradios sind verärgert

Wie lange Schweizer Radios noch mittels UKW in die Stuben senden können, ist derzeit unklar. (Bild: Unsplash / Erik Mclean)

Eigentlich sollten bis Ende 2024 alle UKW-Konzessionen in der Schweiz auslaufen. Doch der Bundesrat könnte sie nochmals um zwei Jahre verlängern. Zentralschweizer Radios haben keine Freude – ihnen drohen Investitionen in die alte UKW-Technologie.

Spätestens Ende 2024 soll Schluss sein mit UKW-Radio. Das ist der eigentliche Plan des Bundes. Seit über zehn Jahren bereitet sich die Branche auf die digitale Umstellung und damit auf den Wechsel auf DAB+ vor.

Doch dem Anschein nach erhält die alte Radiotechnologie eine Gnadenfrist. Bundesrat Albert Rösti beantragt eine Verlängerung des UKW-Standards bis ins Jahr 2026, wie kürzlich bekannt wurde. Der Gesamtbundesrat befindet darüber bis Ende Jahr.

«3Fach» und «Jam On» unterzeichnen offenen Brief an Bundesrat Rösti

Nicht alle Zentralschweizer Radios haben Freude an der möglichen Verlängerung. Etwa das Zuger Radio «Jam On» und das Luzerner Lokalradio «3Fach». Sie haben ihren Ärger mit der Mitunterzeichnung eines offenen Briefs Ausdruck verliehen. «Eine Minderheit der Radioveranstalter will mit allen Mitteln eine UKW-Verlängerung erzwingen», steht darin. Die Radios monieren, dass UKW-Sender einen Wettbewerbsvorteil hätten. «Solange UKW in Betrieb ist, berücksichtigt die klassische Radiowerbung in der Schweiz UKW-Radioveranstalter ungleich stärker.»

Weiter beklagen die Radios, dass der gleichzeitige Betrieb von UKW und DAB+ zu einer finanziellen Doppelbelastung führe. Diesen offenen Brief haben die Radios «3Fach» und «Jam On» im Mai mitunterzeichnet – also noch bevor bekannt wurde, dass Bundesrat Rösti UKW um zwei Jahre verlängern will.

Kein Verständnis dafür hat «3Fach»-Geschäftsführer Linus Bürgi: «Der Wechsel von UKW auf DAB+ ist eigentlich schon längst beschlossene Sache. Dass nach der geplatzten frühzeitigen Abschaltung Ende 2022 nun sogar bis 2026 UKW-Frequenzen betrieben werden sollen, ist für uns unverständlich.»

«Jam On» rechnet seit über 15 Jahren mit der UKW-Abschaltung

Auch «Jam On» will, dass UKW bis Ende 2024 abgeschaltet wird. «Wir verstehen Argumente für eine UKW-Verlängerung, wenn es um den Auftrag der Inklusion geht», schreibt Geschäftsleiter Till Petermann auf Anfrage. Er nennt die Abdeckung in Bergregionen als Beispiel. Doch diese liessen sich auch durch digitale Technologien verwirklichen. «Das Bundesamt für Kommunikation sollte genug Zeit gehabt haben, um dies zu realisieren», sagt Petermann.

«Jam On» sendet heute nur noch digital. Den Radiosender gibt es seit dem Jahr 2007. «Schon damals hatten wir uns gegen eine UKW-Lösung entschieden, mit dem Wissen, dass die Technologie überholt und damit abgeschaltet werden würde», erklärt Petermann.

Anders sieht es beim Radio «3Fach» aus. Der Sender sendet derzeit auch noch über UKW. Linus Bürgi spricht von einer «unnötigen und teuren Doppelspurigkeit». Die Verbreitung via UKW koste das Lokalradio jährlich rund 15’000 Franken – allfällige Investitionen in die Technik nicht eingerechnet. Solche müsse das Lokalradio tätigen, wenn es auch nach 2024 noch über UKW senden möchte, schreibt Bürgi. Andernfalls hätte das Radio einen Wettbewerbsnachteil, weil es sein Programm nicht über alle Kanäle verbreiten könne.

«Sunshine» und «Central» befürchten Investitionen – Verlängerung dennoch «vernünftig»

Eine andere Meinung vertreten die Radios «Sunshine» und «Central». Beide Sender gehören zum Medienunternehmen CH Media. Zwar hätten auch die beiden Radios geplant, UKW Ende 2024 abzuschalten. Dennoch akzeptieren die Sender den Entscheid. Dieser sei «vernünftig, um die Uneinigkeit in der Branche zu lösen», schreibt ein Sprecher von CH Media auf Anfrage.

Die Kosten für den UKW-Betrieb seien «sehr tief». Der Unterhalt sei günstig, die Investitionen mittlerweile abgeschrieben, heisst es. Aber ähnlich wie beim Radio «3Fach» heisst es vonseiten CH Media, dass Neuinvestitionen bei länger andauerndem UKW-Betrieb wahrscheinlicher werden. «Wenn bei uns ein Sendegerät ausfällt, dann überlegen wir uns, ob eine Neuinvestition nötig ist. Bisher haben wir uns immer gegen UKW entschieden.»

Verwendete Quellen
  • Schriftlicher Austausch mit Linus Bürgi, Radio «3Fach»
  • Schriftlicher Austausch mit Till Petermann, Radio «Jam On»
  • Offener Brief «Radiovielfalt»
  • Schriftlicher Austausch mit der Medienstelle von CH Media
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