Stadtrat fordert: Private sollen nachziehen

Stadt Luzern reagiert: Geschäfte müssen zwei Monate keine Miete zahlen

Viele Lokale mussten während der Coronakrise schliessen, etwa die Bar Berlin in der Luzerner Neustadt. (Bild: jal)

Der Luzerner Stadtrat will mit gutem Beispiel vorangehen: Er erlässt allen von der Coronakrise betroffenen Geschäftsmietern in stadteigenen Liegenschaften zwei Monatsmieten. Kritik gab es im Parlament nur von der SVP.

Das Geschäft ist zu, doch Miete muss der Inhaber trotzdem zahlen: So erging es während des Lockdown tausenden Unternehmern. Manche fanden mit dem Vermieter eine einvernehmliche Lösung, andere erhielten hingegen eine Kündigungsandrohung (zentralplus berichtete).

Das Problem der Gewerbemieten sorgte für viel Gesprächsstoff, doch die eidgenössischen Räte fanden an ihrer Sondersession Anfang Mai keine Lösung.

Mieterlass «kostet» 180'000 Franken

Die Stadt Luzern macht als Besitzerin von mehreren Liegenschaften nun Nägel mit Köpfen. Geschäfte, die wegen den Coronamassnahmen in ihrem Betrieb eingeschränkt waren, sollen von Mitte März bis Mitte Mai keine Miete zahlen müssen. Diese Pläne gab der Stadtrat am Donnerstag bekannt, nach die SP das Thema mittels Postulat aufs Tapet gebracht hatte.

Der vollständige Mieterlass belastet die Stadtkasse mit insgesamt rund 180'000 Franken. Die Nebenkosten müssen die Betroffenen laut Stadtrat hingegen vollständig berappen. Wie es ab Mitte Mai weitergeht, hängt laut Stadtrat von den Entscheiden des National- und Ständerates ab. Inzwischen liegen bereits neue Vorschläge auf dem Tisch, die an der Sommersession im Juni diskutiert werden. Luzern will aber auch berücksichtigen, was andere Städte machen und wie die individuelle Betroffenheit der einzelnen Geschäfte aussieht. Er verspricht aber, weitere Entscheide «in jedem Fall noch vor der Sommerpause» zu beschliessen und kommunizieren.

Aufruf an private Liegenschaftsbesitzer

Seit dem Lockdown am 17. März sind bei der Stadt 24 Gesuche für einen Verzicht oder eine Reduktion des Mietzinses eingegangen. Darunter waren laut Stadtrat Gastrobetriebe und Ladenlokale, aber auch Mieter von Schulungsräumen, Veranstaltungslokalen, Studios oder Mobility-Parkplätzen. In einem ersten Schritt hat die Stadt alle Mietzinse gestundet, also aufgeschoben (zentralplus berichtete).

«Es geht hier um die Rolle der Stadt. Ich bin mir aber nicht sicher, ob die SVP das richtig verstanden hat.»

Fabian Reinhard, FDP-Grossstadtrat

Indem der Stadtrat betroffenen Mietern von Geschäftsliegenschaften finanziell noch weiter entgegenkommt, will er auch andere inspirieren. «Der Stadtrat übernimmt mit seinem schnellen und unbürokratischen Vorgehen eine Vorbildfunktion», schreibt er in seiner Stellungnahme. «Und fordert die Luzerner Liegenschaftseigentümerinnen und -eigentümer hiermit auf, seinem Beispiel zu folgen, um durch einen zumindest teilweisen Mietzinserlass die Gewerbetreibenden in der gegenwärtig schwierigen Lage zu unterstützen.»

SVP nicht im Grundsatz dagegen, aber ...

Bei der Beratung im Grossen Stadtrat stellte sich nur die SVP gegen die Forderung der SP und stellte einen Antrag auf Ablehnung: «Der Bund hat sich dazu ganz klar geäussert und appelliert an Dialog zwischen Mieter und Vermieter. Das ist für uns der einzige gangbare Weg», sagte SVP-Grossstadtrat Thomas Gfeller.

Forderungen an Liegenschaftsbesitzer seien deshalb überflüssig, da jeder Eigentümer ein ureigenes Interesse habe, seine Mieter langfristig zu behalten. «Beide müssen überleben können: Mieter UND Vermieter», mahnte er. Und Marcel Lingg ergänzte: «Wir haben nichts dagegen, wenn die Stadt das Gespräch sucht. Dieses Postulat beinhaltet aber noch die Forderung, andere Liegenschaftsbesitzer sollen ebenfalls zu Gesprächen bewogen werden. Es ist aber nicht die Aufgabe der Stadt, mit einer Kampagne an private Besitzer zu treten.»

Grosse Mehrheit für die Vorlage

Damit reagierte Lingg auf einen happigen Vorwurf an die SVP von Mirjam Fries (CVP) und Fabian Reinhard (FDP): «Es geht hier um die Rolle der Stadt. Ich bin mir aber nicht sicher, ob die SVP das richtig verstanden hat», hatte der Freisinnige die Ratskollegen zu seiner Rechten zuvor getadelt. Grundsätzlich gab er der Volkspartei aber recht, dass Mieter und Vermieter möglichst schnell den Dialog suchen müssten.

Das Aufbegehren der SVP war letztlich vergebens. Der Rat stimmte der Vorlage mit grosser Mehrheit zu.

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4 Kommentare
  • Profilfoto von CScherrer
    CScherrer, 14.05.2020, 15:09 Uhr

    Doch genau dies ist die Aufgabe der Stadt oder des Staates. Mit gutem Beispiel vorangehen und Solidarität zeigen, Herr Lingg. Das sieht übrigens auch der grösste Teil der Stadtbevölkerung, welche nämlich nicht die SVP wählt und dies aus gutem Grund. Als Hausbesitzer teile ich die Ansicht der Stadt und komme meinen Mietern entgegen. Gemeinsam und nicht gegeneinander lösen wir Probleme.
    Die SVP hat noch nie gemeinsam sondern immer nur gegen alle gearbeitet. Langsam aber sicher erhält die SVP dafür die Quittung. Und das ist gut so.

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  • Profilfoto von Andreas Peter
    Andreas Peter, 14.05.2020, 13:20 Uhr

    Die SVP hat natürlich recht, mit der Aussage: «Es ist aber nicht die Aufgabe der Stadt, mit einer Kampagne an private Besitzer zu treten.»

    Das Schlimme dabei ist, dass wahrscheinlich viele Mieter die tendenzielle politische Rückendeckung als Anlass sehen, die Miete einfach mal «in Eigenregie» nicht zu bezahlen.
    Das wird dann Anwälte und Gerichte noch eine Weile beschäftigen.
    Insofern ist diese Forderung der SP verantwortungslos

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    • Profilfoto von CScherrer
      CScherrer, 14.05.2020, 15:16 Uhr

      Die SVP läuft ja auch am Gängelband der Wirtschaft! Hören Sie auf, Vermieter und Mieter gegeneinander auszuspielen. Vielmehr sollen die beiden Parteien miteinander sprechen und Lösungen suchen. Das ist das richtige Zeichen, dass die Stadt damit gibt.
      Gut, dass die SVP langsam verschwindet.

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  • Profilfoto von Kasimir Pfyffer
    Kasimir Pfyffer, 14.05.2020, 13:08 Uhr

    Grosses Bravo! Genau so geht Wirtschaftsförderung.
    Wer aber als Gewerbler oder Unternehmer immer noch glaubt, die SVP sei «für die Wirtschaft» oder «für die KMU» oder «für die Hiesigen» sollte spätestens jetzt aufwachen. Dermassen grusiges Filzen für die Immobilienlobby haben wir noch nie gesehen.

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