Grosszügige Immobilienbesitzer in Luzern

Wo Beizer keine Miete mehr zahlen müssen

Warten auf Gäste: Viele Restaurants geraten wegen der coronabedingten Schliessung in Schwierigkeiten. (Bild: jal)

Wann Bars und Restaurants wieder öffnen dürfen, bleibt unklar. Keine Einnahmen, aber Fixkosten: Für viele Betriebe ist das ein Problem. Zwei Beispiele aus Luzern zeigen, dass die Mietfrage auch positiv gelöst werden kann. Laut Verband handelt es sich aber um Einzelfälle.

Die Türen sind geschlossen, die Stühle stehen auf den Tischen. Wo sonst um dieses Jahreszeit halb Luzern bei einem Apéro oder Kaffee die Sonne geniesst: Leere. Wo normalerweise die Stadt pulsiert: Totenstille. Nicht nur Restaurants, sondern auch zahlreiche andere Geschäfte sind geschlossen.

Müssen sie für ihre Lokale trotzdem Miete zahlen? Diese Frage treibt derzeit viele Gewerbetreibende um. Der Bundesrat verzichtete bislang darauf, mit harter Hand durchzugreifen, sondern plädiert für individuelle Lösungen zwischen Mietern und Vermietern.

Das heisst: Die Geschäfte sind vom Goodwill der Immobilienbesitzer abhängig. Wer dort anklopft, erhält teilweise eine Kündigungsandrohung, berichtet der «Kassensturz» diese Woche. Es gibt aber auch erfreuliche Fälle: Die Valiant Bank etwa erlässt über 70 Geschäften zwei Monatsmieten.

Restaurant Neustadt hat Glück

Solche Beispiele gibt es auch in der Stadt Luzern. «Ich muss den Aprilzins nicht bezahlen», sagt Roland Odoni, Wirt im Restaurant Neustadt. «Das ist für mich sehr wichtig, denn ich lebe von den Tageseinnahmen und die Miete gehört zu den wichtigsten Fixkosten.»

Der Vermieter, eine Privatperson, habe den Mieterlass von sich aus angeboten. Dieser sei früher selber in der Gastronomie tätig gewesen und kenne darum die Sorgen der Wirte. Für Roland Odoni ist klar, dass die Situation von Fall zu Fall unterschiedlich aussehen könne. Ein privater Vermieter, der von den Mieteinnahmen leben müsse, sei in einer anderen Ausgangslage als beispielsweise eine grosse Versicherung. Ob der Mieterlass in seinem Fall im Mai fortgesetzt wird, wisse er noch nicht, sagt der Luzerner Beizer. Dazu müssen erneute Gespräche mit dem Vermieter geführt werden.

Wieso sich das auch für Vermieter auszahlen kann

Den Mietern in den Geschäftsliegenschaften entgegen kommt auch die Luzerner Albert-Koechlin-Stiftung. «Wo ein Geschäft aufgrund behördlicher Massnahmen die Tätigkeit einstellen musste, haben wir den Mietzins teilweise oder ganz erlassen», sagt Geschäftsführerin Marianne Schnarwiler. Das ist zum Beispiel beim Restaurant La Baracca an der Luzerner Theaterstrasse der Fall. 

«Wir haben auch nichts davon, wenn ein überlebensfähiges Unternehmen vom Konkurs bedroht ist.»

Marianne Schnarwiler, Albert-Koechlin-Stiftung

Eine Stundung, also ein Zahlungsaufschub, bringt laut Schnarwiler in einem solchen Fall wenig. «Ein Restaurant kann nicht die Tische doppelt belegen und so die jetzt fehlenden Einnahmen nachträglich erwirtschaften, zumal noch über längere Zeit besondere Auflagen wie Abstandsregeln gelten werden», begründet Schnarwiler.

Geschlossen, aber mit generösem Vermieter: Das «La Baracca» an der Luzerner Theaterstrasse. (Bild: jal)

Aufgrund der aktuellen Unsicherheit gerade in der Gastronomiebranche sei eine angemessene und partnerschaftliche Vereinbarung wichtig. «Wir haben auch nichts davon, wenn ein überlebensfähiges Unternehmen vom Konkurs bedroht ist.» 

Die Albert-Koechlin-Stiftung kann sich dieses Entgegenkommen leisten und sieht dies als Beitrag zur Bewältigung der Corona-Krise. Man besitze nur wenige Geschäftsliegenschaften und der Lauf der Projekte hänge kurzfristig nicht von einzelnen Mietzinsen ab, sagt Schnarwiler.

Wie lange die geschuldeten Beiträge ausgesetzt werden und unter welchen Bedingungen, wird von der Stiftung jeweils im Einzelfall angeschaut. «Wichtig ist, dass man differenziert und nicht alle Akteure über denselben Kamm schert – sowohl auf Seiten der Mieter als auch auf Seiten der Vermieter», findet die Geschäftsführerin. 

Verband: Stundung ist keine Lösung

Ein differenziertes Bild will sich auch der Gastroverband machen. Seit kurzem läuft eine Umfrage bei den Mitgliedern. Denn positive Fälle wie die oben geschilderten seien selten. «Die Zahl der Mietzinsreduktionen oder -erlasse beläuft sich gemäss unserer Einschätzung auf unter 10 Prozent», sagt Patrick Grinschgl, Präsident des städtischen Gastroverbandes. «Verifizieren können wir diese Zahlen momentan aber noch nicht, wir warten auf die Ergebnisse der Umfrage.» 

Weit häufiger kommt es zu einer sogenannten Stundung: Die Restaurants müssen den Mietzins in diesem Falle erst später zahlen. Für Grinschgl kein Idealfall: «Die Mieten sind nur aufgeschoben, aber die Einnahmen fallen weg. Das kann auf Dauer nicht gut gehen, deshalb ist die Stundung für die Gastronomie keine Lösung.» Gerade weil Restaurants die Erträge, die wegen der Corona-Schliessung wegfallen, nicht aufholen könnten, sei das Problem der Mieten derzeit so drängend.

«Wir verlangen keine Geschenke. Aber es kann nicht sein, dass Immobilienbesitzer die Einzigen sind, die schadlos durch die Krise kommen.»

Patrick Grinschgl, Gastroverband Stadt Luzern

Nebst dem Angebot einer Stundung gibt es laut dem städtischen Gastroverband viele Fälle, in denen sich der Vermieter gar nicht bewegt. Dass dies oft bei grossen Immobilienfirmen zutrifft, wie der Luzerner Mieterverband kürzlich in einer Mitteilung schrieb, kann Grinschgl nicht bestätigen. «Von Kleinen, die nicht können, bis zu Grossen, die nicht wollen – und umgekehrt: Es gibt alles.»

Erstaunt sei er über den teilweise kaltschnäuzigen Tonfall der ablehnenden Schreiben. Dabei habe die Branche durchaus Verständnis für die Vermieter. «Wir verlangen ja auch keine Geschenke. Aber es kann nicht sein, dass Immobilienbesitzer die einzigen sind, die schadlos durch die Krise kommen.»

Hoffen auf den Bund

Obwohl Gringschgl es lobenswert findet, wenn Einzelne grosszügig agieren, plädiert er für eine einheitliche Lösung. «Die aktuellen Einzelverhandlungen sind mit viel Aufwand und Unsicherheit verbunden.»

Er hofft nun auf den Bund. Die ständerätliche Wirtschaftskommission (WAK) hat diese Woche einen staatlichen Zustupf ins Gespräch gebracht. Sie fordert, dass Unternehmen wie Gastrobetriebe, die über den 27. April hinaus geschlossen bleiben müssen, einen Teil ihrer Notkredite behalten dürfen – maximal drei Monatsmieten.

«Die Kommissionsmehrheit ist der Ansicht, dass die Mieten für jene Unternehmen, die nur schwer Lösungen mit dem Vermieter finden, eine erhebliche Belastung darstellen», heisst es in einer Mitteilung der Parlamentsdienste. Eine Minderheit der Kommission würde eine Lösung bevorzugen, bei der auch der Vermieter einen Beitrag leistet.

Die Hoffnung, dass alle Geschäfte und Restaurants einen guten Deal erhalten, scheint also auch in Bundesbern nicht allzu gross zu sein.

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10 Kommentare
  • Profilfoto von Margrit Grünwald
    Margrit Grünwald, 28.04.2020, 06:17 Uhr

    Falls der Bund für diejenigen Mieten einspringt, die vom Vermieter in keiner Weise reduziert werden, sind es die Steuerzahlenden, die das berappen. Ein Vermieter kann sich dadurch einen Vorteil verschaffen, einer, der entgegenkommt, ist der Dumme.

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    Lars Wagner, 24.04.2020, 14:52 Uhr

    Lieben Dank für das Aufbereiten der Informationen! Nur die Medien können Druck machen, den Einzelgespräche bringen wenig Bewegung. Die Immobilienbranche ruht sich auf goldenen Jahren aus und ist damit fett & träge geworden. Hohe Renditen und tiefe Kapitalzinsen sind zur Selbstverständlichkeit geworden. Gerne bedient man sich am Kredit-Topf des Bundes. Steuerzahler zechen die Rendite des Kapitals – eine altbekannte, bittere Tatsache.

    Alle Organisationen und Personen, welche von sich aus Mietverzicht und -reduktionen sprechen, zeugen noch von Menschlichkeit. Danke euch für das proaktive Handeln.

    Langsam kommt auch die Politik auf das Thema. Überraschend, wie lange das gedauert hat. Und auch hier bremsen FDP und SVP. Von der FDP ist nichts anderes zu erwarten und die SVP zeigt einmal mehr, wie wichtig Kleinunternehmen und Mitbürger sind. Wenn die Corona-Krise etwas zeigt, dann die Notwendigkeit von Sozialstaat und neuen Ansätzen.

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    David L, 24.04.2020, 12:18 Uhr

    Mein Treuhänder sagt, von dem guten Dutzend Gastro-Betriebe die er betreut habe noch kein einziger ein Entgegenkommen bei den Mieten erlebt. Er schätzt, das mindestens die Hälfte dieser Betriebe die Corona-Krise nicht überstehen.
    Das gilt insbesondere für die touristisch orientierten Betriebe, die z.T. schon seit Januar starke Einbussen haben und wohl auf viele Monate hinaus nicht mit einer Verbesserung rechnen können, gleichzeitig aber wegen ihren «touristischen» Standorten hohe Mietpreise zahlen.
    Den Vermietern sei es aber offenbar egal, wenn die Mieter alle Hops gehen. Die hoffen wohl darauf die Zitrone noch so lange wie möglich auszupressen und dann am Ende der Krise neu vermieten zu können.

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    Alois Iten, 24.04.2020, 08:06 Uhr

    Über welchen Betrag sprechen wir hier eigentlich? Ich schätze, die Miete einer normalen Beiz kostet etwa 5000.- im Monat. Das müsste doch während 2-3 Monaten verkraftbar sein (für Mieter und Vermieter).

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    Müller, 23.04.2020, 08:33 Uhr

    oh die Armen Beizer ,aber keine Reserven, stunden bringt nichts und dies Kredite, sie sind wohl schon lange Aufgebraucht, die Caritas Schweigt, Luzern soll ein Spenden Konto Eröffnen diese Spenden dürfen nur für Klein Betriebe Coiffeure ,Lädeli, kl, Privat Beizli aufgebraucht werden, diese müssen jedoch nachweisen das sie das Geld brauchen,,, das kommt wohl niemand in den Kopf aber Jammern, meine kleine Rente von 2,700 Miete 1,230 muss ja irgendwie bis ende Monat auch langen, Schullager sollen diese Jahr zu minimal Kosten Angeboten werden, Masken müssen in ÖV und Läden Getragen werden,

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  • Profilfoto von Kasimir Pfyffer
    Kasimir Pfyffer, 23.04.2020, 07:09 Uhr

    Bravo AKS! Leider sind solche Vermieter in der absoluten Minderheit, und leider ist das in der Schweiz genau so zu erwarten.
    Wie genau läuft das Spiel?
    Unternehmen werden in die Verschuldung gezwungen, als «Erleichterung» wird der Zahlungsaufschub (Stundung) verkauft. Sowenig, wie der Beizer aber die ausgefallenen Tische von März und April im Juni verkaufen kann, sowenig kann der Coiffeur den KundInnen die Haare 3x schneiden oder die Floristin die Frühlingssträusse im Sommer verkaufen. Für das bundesrätlich verfügte Verbot der Geschäftstätigkeit können diese UnternehmerInnen gar nichts.
    Unterm Strich sind die von bürgerlichen Lobbyisten so gefeierten «Covid-19-Kredite» (inklusive peinlichen, öffentlichen Liebesbriefen an Wir-sind-nicht-Pestalozzi-Ueli) keine Rettung, sondern eine verzögert wirkende Giftspritze. Das Problem wird nicht behoben (etwa durch Mieterlass), sondern nur ein kurzfristiges Loch gestopft, mit Fremdkapital, das mit «Mehrumsatz» kaum amortisierbar ist. Die Unternehmen gehen somit immer noch Konkurs, einfach ein bisschen später. Das einzige, was damit «gerettet» wird, sind die Mieteinnahmen der Immobilienlobby und die Kredite der Banke (Umschuldung von Kreditausfall auf Bundes-Bürgschaft).
    Herzlichen Dank an die Immobilienlobby und deren treue Wähler.

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    • Profilfoto von regen
      regen, 23.04.2020, 08:35 Uhr

      kasimir pfyffer hat recht. leider befürchte ich auch, dass im bürgerlichen lager vor allem die aufholjagd auf die entgangenen kapitalgewinne, bzw. dividende, absolute priorität haben und nun eingeleitet wird. die finanzielle zeche dieser krise wird am schluss vermutlich auf diejenige steuerzahlende abgewälzt, die ihr einkommen nur durch arbeit generieren können, das ja bekanntlich, im gegensatz zum kapitalgewinn, nicht «geflatratet» wird.

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    • Profilfoto von CScherrer
      CScherrer, 23.04.2020, 09:37 Uhr

      Richtige Analyse. Was auffällt ist die Tatsache, dass in der Regel private Vermieter den Mietern entgegenkommen. Verwaltungen raten ihren Vermietern etwas ganz anderes und ohne das bestimmte Entgegenwirken der Hausbesitzer läuft gar nichts. Verwaltungen handeln oft in eigener Regie ohne Absprache mit den Hausbesitzern. Würde man diese direkt befragen, käme wohl ein anderes Bild zum Vorschein.
      Es braucht Lösungen und auch die Immobilienbranche soll ihren solidarischen Beitrag leisten. Es kann jedoch nicht sein, dass sich praktisch eine gesamte Branche zu Tode schweigt und jetzt den Mietern eingeschriebene Post mit der Androhung der Kündigung versendet. Dies zeugt von fehlender Sozialkompetenz und Empathie.

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    • Profilfoto von Silvan Studer
      Silvan Studer, 23.04.2020, 12:27 Uhr

      Sind wir jetzt hier nicht ein bisschen sehr linkspopulistisch?
      Natürlich haben die Gastronomie etc. ein gigantisches Problem, aber Linke neigen dazu ein simples Feindbild zu etablieren.
      «Für das bundesrätlich verfügte Verbot der Geschäftstätigkeit können diese UnternehmerInnen gar nichts.»
      Stimmt, aber die «Immobilienlobby» kann etwas dafür?
      Wen meinen Sie mit «Immobilienlobby» eigentlich? Die SUVA, die Pensionskassen?
      Bitte nicht so plump. Etwas weiter denken darf man auch als Linker.

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    • Profilfoto von regen
      regen, 23.04.2020, 15:10 Uhr

      @silvan studer
      nein, wir sind kein bisschen linkspopulistisch und der vorwurf der «feindbilder» wird meistens dann erhoben, wenn argumentationsnotstand herrscht. fakt ist, dass die wertschöpfung aus gewerbeimmobilien bei institutionellen anlegern marginal ist und ein solidarischer und temporärer verzicht problemlos verkraftet werden könnte. dasselbe gilt für kapitalgewinne: diese werden vom solidarischen mitragen der finanziellen auswirkungen der coronakrise «befreit» werden und «solidarität» geht dann vermutlich voll und ganz zu lasten der einkommenssteuerzahlenden. die rechtsbürgerliche mehrheit wird dafür sorgen.

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