Versteigerung des Betreibungsamts Zug

Formel-1-Legende in Geldnöten: Emerson Fittipaldi ist seine Marke los

In den 70er-Jahren – hier in Brands Hatch von 1974 – fuhr Emerson Fittipaldi im McLaren allen davon. Heute holen ihn Schulden ein. (Bild: Wikimedia Commons/Gerald Swan)

Der brasilianische Rennfahrer Emerson Fittipaldi hat sich in den 70er-Jahren in die Herzen der F-1-Fans gefahren. Heute kämpft er nicht mehr gegen andere Fahrer, sondern gegen einen Schuldenberg. Schauplatz seines jüngsten Kampfes ist das Betreibungsamt Zug.

Das beschauliche US-amerikanische Dorf Watkins Glen wäre einst fast Zeitzeuge Schweizer Sportgeschichte geworden. Auf der nahe gelegenen Rennstrecke greift der Tessiner Formel-1-Fahrer Clay Regazzoni am 6. Oktober 1974 für die Schweiz nach dem Weltmeistertitel. Nur ein Punkt trennt ihn von seinem Konkurrenten, dem brasilianischen Jungtalent Emerson Fittipaldi. Regazzoni kann sich beim Start vor Fittipaldi platzieren, doch sein Ferrari spielt im weiteren Rennen nicht mit. Wenige Runden später hat Fittipaldi ihn überholt – und sichert sich mit seinem vierten Schlussrang seinen zweiten Weltmeistertitel.

Der Brasilianer, der die Schweiz am damaligen US-Grand-Prix den Titel gekostet hat, mauserte sich zu einer Rennfahrlegende. Mit seinem ersten Titel 1972 als 25-Jähriger wurde er der damals jüngste Weltmeister der Formel-1-Geschichte. Ein Titel, den er drei Jahrzehnte lang behielt, bis der damals 24-jährige Fernando Alonso 2005 den Titel gewann. Nach einem weiteren Vizeweltmeistertitel 1975 musste er die Poleposition an Niki Lauda abtreten, der von da an die Szene dominierte.

Er wechselte ins Rennteam seines Bruders, Copersucar-Fittipaldi, bevor er 1980 die Formel 1 verliess. Das Rennfahren gab er jedoch nicht auf: Er startete in den USA neu, wo er Siege bei «CART» und «Indy 500»-Rennen einheimste. Erst nach einem Autounfall und später einem Flugzeugunfall Mitte der 90er-Jahre hängte er seine Rennfahrerkarriere an den Nagel.

Schulden durch Kredite und verlustreiche Investitionen

Auch heute noch, im Alter von 76 Jahren, ist «Emmo» dem Motorsport treu geblieben. Regelmässig ist er an Formel-1-Rennen zu Gast und fördert die Rennsportkarriere seiner zwei Enkel und seines jüngsten Sohnes Emerson Jr. Nur schreibt er heutzutage nicht mehr nur mit seiner Begeisterung für schnelle Autos Schlagzeilen.

Sondern etwa mit einer erfolglosen Kandidatur 2022 für das italienische Parlament als Teil der rechtspopulistischen «Fratelli d'Italia».

Oder mit finanziellen Problemen. Denn – so erfolgreich er als Rennfahrer auch war – als Geschäftsmann war er es weniger. Er versuchte es in mehreren Branchen, produzierte beispielsweise Zigarren, hatte eine Orangenplantage und investierte in Ethanol.

Anfang 2016 wurde erstmals bekannt, dass seine Firmen auf einem Schuldenberg von 27 Millionen brasilianischen Real (damals rund 7,6 Millionen Franken) sitze. In einem Interview mit der brasilianischen Tageszeitung «O Estado de São Paulo» erklärte er diese vor allem mit seinen Investitionen in eine Ethanolraffinerie und hohen Kreditzinsen bei brasilianischen Banken. Gleichzeitig versprach er, alle seine Schulden zu tilgen. In einem Interview von 2022 mit dem spanischen Medienunternehmen «Terra» sprach er davon, gut 92 Prozent beglichen zu haben.

Seine Marke wechselte für 7000 Franken den Besitzer

Aber noch nicht alle, wie Einträge im Zuger Amtsblatt zeigen. Der schwedische Vermögensverwalter Mainrise macht Schulden in der Höhe von rund 2,2 Millionen Franken geltend. Als Nachweis bezieht er sich auf einen Schuldschein von Emerson Fittipaldi aus dem Jahre 2017. Um an sein Geld zu kommen, liess Mainrise 2021 über das Betreibungsamt der Stadt Zug eine Forderung für Fittipaldis Marke beschlagnahmen.

Denn die Marke wird durch die Zuger Treuhänderin Corpa Switzerland AG verwaltet. Eigentlich hat Fittipaldi seine Markenrechte zurückgefordert, doch die Treuhänderin macht ein kaufmännisches Retentionsrecht geltend. In anderen Worten: Sie will die Marke nicht herausrücken, da Emerson Fittipaldi ihr Geld schuldet. Laut Amtsblatt schuldet der ehemalige Pilot dem Zuger Unternehmen 108'363.70 Franken.

Anfang 2023 verlangte die schwedische Vermögensverwalterin schliesslich die Versteigerung dieser Forderung. Sprich: Eine Versteigerung des Rechts, Fittipaldis Marke herauszuverlangen. Der Wert davon wurde auf rund 100'000 Franken geschätzt. Den Zuschlag erhielt schliesslich die Mainrise selbst. Und die Markenrechte der Rennfahrlegende wechselten für 7001 Franken nach Schweden. Nun müssen die beiden Vermögensverwalter noch untereinander ausmachen, wer letztlich die Marke hält.

Fittipaldi liess Marke nochmals registrieren

Sicher ist: Wer auch immer die Marke gewinnt, muss erneut in den Kampf darum ziehen. Gemäss Markenregister des Eidgenössischen Instituts für geistiges Eigentum (IGE) ist die Marke «Fittipaldi» derzeit doppelt registriert. Eine «Fittipaldi IP Holdings» meldete die Marke Anfang Dezember 2022 an – gut eineinhalb Monate bevor Mainrise auf eine Versteigerung der Forderung pochte. Hinter der «Fittipaldi IP Holding» steckt offiziell zwar nicht Emerson Fittipaldi selbst. Aber mit Douglas O'Keefe ein Anwalt, der ein Geschäftspartner Fittipaldis ist. Im Handelsregister von Florida wird er bei einem anderen Fittipaldi-Unternehmen gemeinsam mit der Rennfahrlegende als berechtigte Person dahinter aufgeführt.

In der Datenbank des Eidgenössischen Instituts für geistiges Eigentum ist die Marke «Fittipaldi» mehrfach vertreten. (Bild: Screenshot: Markendatenbank IGE)

Wann gilt eine Marke als schutzfähig?

Gemäss Roland Hutmacher, stellvertretender Leiter Widerspruchsverfahren beim IGE, gelten für Marken folgende Schutzvoraussetzungen:

  • Eine Marke darf nicht beschreibend sein, also keine Angaben zur Beschaffenheit, Qualität, Art oder Ort der Herstellung, Bestimmung oder Preis der Ware enthalten. Denn beschreibende Zeichen wie «Swiss» gehören zum Gemeingut und müssen für alle Wettbewerber frei verfügbar bleiben. Also wäre zum Beispiel eine Getränkemarke «Schweizer Billig Bier» nicht zulässig.
  • Eine Marke darf nicht über Eigenschaften wie Herkunft, Qualität oder Beschaffenheit der Ware oder Dienstleistung täuschen.
  • Eine Marke darf nicht gegen geltendes Recht, die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstossen.
  • Rein formell: Die Waren und Dienstleistungen müssen präzise bezeichnet werden, damit die Marke für diejenigen Produkte geschützt ist, für die sie benutzt werden soll. Denn generell ist eine Marke nicht für alle, sondern nur für bestimmte Waren oder Dienstleistungen geschützt.

Doch wie ist es möglich, dass Fittipaldi seine Marke einfach erneut eintragen liess? Gemäss Roland Hutmacher, Sstellvertretender Leiter Widerspruchsverfahren beim IGE, hätte das mit ihrer Eintragungspraxis zu tun: «Wenn jemand eine Marke anmeldet, prüft das Institut, ob diese als Marke schutzfähig ist.» Beispielsweise dürfe diese nicht beschreibend oder täuschend sein oder gegen geltendes Recht sowie «gute Sitten» verstossen. Jedoch prüfe das Institut bei der Anmeldung explizit nicht, ob Verwechslungsgefahr mit einer bereits eingetragenen Marke bestehe. «Bei über 30'000 jährlichen Neuanmeldungen würde eine Abklärung des Bestehens älterer Drittrechte von Amtes wegen natürlich auch zu einer entsprechenden Verlängerung der Eintragungsverfahren führen.»

Grundsätzlich müsse der Anmelder dafür sorgen, dass er mit seiner neuen Marke keine bestehende oder ähnliche Marke verletze. Zudem liege es an den jeweiligen Markeninhabern, ihre Marke zu verteidigen. Sie haben die Möglichkeit, innert drei Monaten nach der Veröffentlichung der Neueintragung beim Institut Widerspruch gegen diese einzulegen. Nach Ablauf dieser Frist besteht zudem zeitlich unbefristet die Möglichkeit, die älteren Markenrechte bei einem Zivilgericht geltend zu machen, was jedoch mit der Gefahr höherer Kosten verbunden ist.

Markenstreit dürfte noch weiter beschäftigen

Im vorliegenden Fall müsste der neue Inhaber also vor die Gerichte ziehen, um zu verhindern, dass der Ex-Pilot T-Shirts oder Autos mit seinem Namen und Logo designt. Ob er das auch tun wird, ist unklar. Die beiden Unternehmen liessen eine entsprechende Anfrage von zentralplus unbeantwortet. Ebenso die Frage, wie sie sich nun bezüglich der Marke geeinigt haben. Die Leiterin des Zuger Betreibungsamt, Cornelia Löhri, kann wegen des Amtsgeheimnisses ebenfalls keine Klarheit schaffen.

Der Hauptbetroffene des Markenstreits, Emerson Fittipaldi selbst, schweigt sich auch aus. Eine Anfrage, worauf sich die Schulden bei den beiden Unternehmen belaufen und warum er die Marke erneut eintragen liess, liess der 76-Jährige unbeantwortet. Die Neueintragung der Marke lässt aber zumindest darauf schliessen, dass er sich des Verlusts der Marke bewusst ist. Nur möchte er den Namen, den er sich in unzähligen Rennen aufgebaut hat, auch nutzen.

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2 Kommentare
  • Profilfoto von Thomas Martin
    Thomas Martin, 03.02.2024, 05:09 Uhr

    Vor dem letzten Rennen war Punktegleichstand mit je 52 Punkten!

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  • Profilfoto von Hanspeter Flueckiger
    Hanspeter Flueckiger, 05.12.2023, 15:24 Uhr

    Das alles ist so «fittipaldi».

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