Sechsfamilienhaus in Zug geht für 8 Millionen in neue Hände
Ein einfaches Wohnhaus im Zuger Rosenberg-Quartier ist am Freitagnachmittag unter den Hammer gekommen. Ein gewisser Herr Popov leistet sich das neue Haus: Der Schätzwert des Hauses wurde bei der Versteigerung geradezu pulverisiert.
Das Zuger Rosenberg-Quartier ist ein typisches Wohnquartier. An einem Freitagnachmittag während der Herbstferien ist hier nicht viel los. Ab und zu fährt ein Auto vorbei, einige Joggerinnen drehen hier ihre Runden.
Doch an diesem Freitagnachmittag stört etwas die träge Stimmung. Dieses Etwas ist eine Menschenschlange, die sich vor einem Sechsfamilienhaus auf das schmale Trottoir drängt. Die Menschen sind nicht per Zufall hier. Nein, sie warten auf einen Besichtigungstermin an der Weinbergstrasse 14.
Die Besichtigung wird aber nicht wie in solchen Fällen üblich von einer Immobilienfirma durchgeführt – sondern vom Betreibungsamt der Stadt Zug. Der Grund: Das Haus wird zwangsversteigert (zentralplus berichtete). Es ist die erste Zwangsversteigerung eines Hauses in Zug seit zwei Jahren. Zudem ist der Zuger Immobilienmarkt völlig ausgetrocknet. Das Interesse an der Versteigerung ist daher gross.
Wer will Nachbar von Viktor Vekselberg werden?
Das Betreibungsamt hat darum zwei Besichtigungstermine angeboten. Und auch beim zweiten Termin am 6. Oktober mussten die Interessierten in drei Gruppen aufgeteilt werden, weil nicht alle gleichzeitig in den eher kleinräumigen Wohnungen Platz gefunden hätten.
Was gibt es hier zu kaufen? Die Weinbergstrasse 14 ist ein Sechsfamilienhaus und thront hoch über der Zuger Altstadt. Im Untergeschoss hat es eine in den Hang gebaute 2,5-Zimmer-Wohnung mit Wintergarten. In den beiden Geschossen darüber befinden sich insgesamt vier Wohnungen, mit je drei, respektive vier Zimmern. Alle Wohnungen haben einen Balkon. Das Prunkstück des Hauses ist die 5,5-Zimmer-Wohnung im Dachgeschoss mit grosser Terrasse, von der man eine prächtige Aussicht über die Stadt Zug, auf den Zugersee und bis in die Berge geniesst.
Die gute Lage ist kein Geheimnis. Dem Vernehmen nach soll auch der russische Oligarch Viktor Vekselberg seinen Wohnsitz an der Weinbergstrasse haben (zentralplus berichtete).
Das Angebot hat seine Tücken
Gleichzeitig hat das Haus seine besten Jahre hinter sich. 1958 erbaut, hat es in den Innenräumen nur 2012 eine teilweise Renovation erfahren. Der Ausbaustandard ist einfach, in einem Zimmer hat es einen Wasserschaden, die Dachwohnung ist seit Jahren nicht mehr bewohnt, was deutlich sichtbar ist. Auffällig ist zudem der Gartensitzplatz, der so lange nicht mehr gepflegt wurde, dass die Brombeeren und andere Sträucher nun meterhoch in die Luft ragen und ein so undurchdringbares Dickicht bilden, dass an eine Benutzung des Gartens nicht zu denken ist.
Die Fassade weist an gewissen Stellen einen dringenden Sanierungsbedarf auf, aufgrund des Alters des Hauses hat es in den Wänden wahrscheinlich Asbest und über den Zustand des Tragwerks kann nur gemutmasst werden. Das steht alles im Objektbeschrieb des Betreibungsamts. Zudem sei die Ausnützungsziffer sehr wahrscheinlich bereits ausgeschöpft – ein Käufer kann hier also keine zusätzlichen Wohnungen oder Geschosse bauen.
Schätzwert für das Haus ist schnell überschritten
So präsentiert sich die Ausgangslage, als es eine Woche nach der Besichtigung im Zuger Stadthaus am Freitagnachmittag zum grossen Showdown kommt. War das Interesse bei der Besichtigung schon gross, so ist es bei der Versteigerung riesig. Rund 100 Personen drängen sich in den Gubelsaal im Stadthaus, die Bestuhlung reicht längst nicht für alle Anwesenden.
Das Publikum ist divers und reicht vom älteren Ehepaar bis zum jungen Banker. Die Anwesenden sind leger gekleidet, viele kennen sich, die Stimmung ist gelöst. Ob das nun der Zuger Geldadel ist? Schwer zu sagen.
Dann geht es los. Cornelia Löhri vom Betreibungsamt der Stadt Zug eröffnet die Auktion mit dem Startgebot von 2,67 Millionen Franken. Damit ist der Schätzwert des Hauses von 4,14 Millionen Franken noch deutlich unterschritten. Doch das soll sich bald ändern.
Die Versteigerung startet verhalten. Bis das erste Gebot in der Höhe von 2,75 Millionen Franken kommt, dauert es eine Weile. Dank Cornelia Löhri, die zwischenzeitlich in die Rolle einer Marktschreierin schlüpft, nimmt die Sache dann doch langsam Fahrt auf. Wiederholt hebt sie die Vorzüge des Hauses hervor. «Schauen Sie sich die schöne Aussicht an. Denken Sie an das ruhige Wohnquartier. Lassen Sie sich dieses Angebot nicht entgehen.»
Dem Publikum gefällt’s und es belohnt Löhri mit wohlmeinenden Lachern. Auch die Interessenten tauen langsam auf. Sieben Parteien bieten anfänglich mit, in den meisten Fällen sind es Firmenvertreterinnen, die für das Haus bieten. Schnell ist die Vier-Millionen-Franken-Grenze und somit auch der Schätzwert überschritten. Doch hier ist dann für die meisten die Schmerzgrenze erreicht.
Die Weinbergstrasse 14 hat einen neuen Besitzer
Es verbleiben zwei Bieter, ein gewisser Herr Huber sowie Rechtsanwalt Peter Kündig, der für einen gewissen Herr Popov bietet. Die zwei liefern sich einen spannenden Zweikampf und treiben das Höchstgebot schnell über die Sechs-, Sieben- und dann sogar die Acht-Millionen-Marke. Einige Zuschauer reagieren erstaunt über die hohe Zahlungsbereitschaft. «Das ist absurd», murmelt ein Mann beim Gebot von sieben Millionen Franken, bei acht Millionen entweicht einer Frau ein ebenso fragendes wie schockiertes «Nein?!».
Der finale Hammerschlag, der die Auktion beendet, fällt kurz darauf beim Gebot von 8,2 Millionen Franken. Es stammt von Herrn Popov. Im Saal flammt Applaus auf.
Und wer ist denn nun der glückliche Käufer? Wegen der vielen Zuschauerinnen sind die Namen der Bieter nur schwer verständlich. Und obwohl die Namen während der Steigerung öffentlich genannt worden sind, will Cornelia Löhri vom Betreibungsamt die vollen Namen nach Ende der Steigerung auf Anfrage nicht mehr bekanntgeben.
Auch eine kurze Interview-Anfrage mit Herrn Popov wiegelt dessen Anwalt Peter Kündig sofort ab. Den vollen Namen seines Klienten will er ebenfalls nicht verraten. Auch Popov schüttelt vehement den Kopf. So grosszügig der Mann mit Geld umgeht, so verschlossen scheint er, wenn es um seine Person geht.
Zumindest der Anwalt Peter Kündig ist in Zug kein Unbekannter. Als er sich beim Besichtigungstermin von vergangener Woche in die Reihe stellte, ging ein Raunen durch die Menge. Die anderen Interessenten schienen bereits dort geahnt zu haben, was auf sie zukommt.
- Teilnahme am Besichtigungstermin und an der Versteigerung
- Webseite von Peter Kündig