Weniger Lohn, dafür satte Meisterprämie

FCL-Ehrenpräsident Romano Simioni: «Wir dachten nie, dass wir 1989 Meister werden könnten»

Er war während der erfolgreichsten Zeit des FC Luzern dessen Präsident: der 84-jährige Romano Simioni in der Stube seiner Wohnung.

(Bild: ain)

Eine nationale Zeitung stempelte den FC Luzern vor Saisonbeginn 1988/89 zu einem Abstiegskandidaten. Doch es kam völlig anders. Am Ende stand die grösste Fussball-Party, die je in Luzern stattfand. «Die Brauerei Eichhof», erinnert sich der damalige Präsident Romano Simioni, «sammelte in der Region Bier ein, um es auf die Allmend zu karren.»

Gut 20 Jahre, nachdem er zurückgetreten ist, sprechen ihn die Leute immer noch auf der Strasse an, wenn er durch Luzern spaziert. Seine Augen scheinen zu lachen, wenn er davon erzählt. Der Name des mittlerweile 84 Jahre alten Romano Simioni steht nicht nur für die längste Amtsdauer eines FCL-Präsidenten in der Klubgeschichte (1975 bis 1998), sondern auch für die erfolgreichste.

Und das ging so: Mit der Verpflichtung des 2017 verstorbenen Friedel Rausch als FCL-Trainer führte Simioni ab 1985 schrittweise den Profibetrieb ein. «Finanziell war das ein Hochseilakt. Im Meisterjahr 1989 hatten wir ein Gesamtbudget inklusive Breitensport und Nachwuchs von 4,8 Millionen Franken», erinnert er sich.

FCL-Team stiftete hohe Identität

Im FC Luzern herrschte damals Aufbruchstimmung. Die Mannschaft mit den einheimischen Burris, Kaufmanns, Birrers, Marinis, Tschudins und Mosers stiftete eine hohe Identität in der Zentralschweiz. Und der «Club der 200» und vier weitere Gönnervereinigungen liessen sich dazu animieren, immer mehr Geld für den FCL zu sprechen. «Dennoch war die Finanzierung immer ein Kampf auf Biegen und Brechen», sagt Simioni und betont: «Mir war es wichtig, dass die Spieler immer ihre Löhne bekamen.»

«Tatsächlich waren es gut 4000 Zuschauer mehr als die angegebenen 24’000.»

Romano Simioni, Präsident der FCL-Meistermannschaft 1989

Als der FCL in der Saison 1988/89 finanziell wieder in ganz engen Hosen steckte, habe die Mannschaft in eine Lohnreduktion eingewilligt, so Simioni. «Dafür wollten die Spieler eine schöne Prämie, falls sie Meister werden sollten. Darauf sind wir eingegangen, weil wir das nie für möglich hielten.»

50’000 Franken für jeden Meisterspieler

Aber erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt. Als Jürgen Mohr am 10. Juni 1989 gegen Servette den Ball zum 1:0 über die Linie drückt, ist der erste und bisher einzige Meistertitel der FCL-Klubgeschichte perfekt – und laut Simioni eine Prämie von 50’000 Franken für jeden Spieler fällig.

Zum Glück für die Klubleitung schossen mit der Euphorie rund um diese verschworene FCL-Equipe auch die Zuschauerzahlen auf der altehrwürdigen Allmend durch die Decke. Zwei Wochen zuvor, beim richtungsweisenden 1:0 über die renommierten Grasshoppers, stieg die Zuschauerzahl erstmals auf über 20’000. Genau waren es 23’400.

 

Bei der Meisterfeier gegen Servette meldete die Allmend mit 24’000 Besuchern ausverkauft. «Tatsächlich waren es gut 4000 mehr. Die standen ohne Ticket draussen und hätten uns den Zaun eingerissen, wenn wir sie nicht reingelassen hätten. Mit Wissen der Polizei durften sie für zehn Stutz pro Nase rein ins Stadion», erinnert sich Simioni an die grenzenlose Fussballbegeisterung in der Zentralschweiz.

Gefeiert, bis die Holztische zusammenkrachten

«Ich hätte damals zurücktreten sollen», sagt er im Blick zurück. Aber die Leute in seinem Umfeld hätten ihn nicht gehen lassen. Er, der damalige Direktor des Baugeschäfts Anliker, hat die Innerschweizer Wirtschaftskapitäne und Politiker bis hinauf zum Bundesrat grösstenteils persönlich gekannt – und so viel Goodwill und pekuniären Zuspruch für den FC Luzern geschaffen. Simioni brachte mit dem jeweiligen Trainer im letzten Jahrhundert auch alle Spielertransfers über die Bühne. Einen Sportchef gab und brauchte es damals nicht.

«Für mich war der Meisterabend ein Stress. Um 3 Uhr nachts feierten noch 10’000 FCL-Freunde den Meistertitel auf der Allmend.»

Romano Simioni, Präsident der FCL-Meistermannschaft 1989

So einen Tag wie den 10. Juni 1989 sollte Simioni nie mehr erleben. Doch der Höhepunkt seiner Zeit als FCL-Präsident war kein Genuss: «Für mich war der Meisterabend ein Stress. Um 3 Uhr nachts feierten noch 10’000 FCL-Freunde den Meistertitel auf der Allmend.» Doch Bier und Essen waren aufgebraucht. Die Brauerei Eichhof, so schmunzelt er heute, habe in der Zentralschweiz Bier eingesammelt, um es auf die Allmend zu karren. «Und es gab einen Haufen Schäden. Im Festzelt feierten die Leute auf den Holztischen, bis die zusammengekracht sind.»

Simioni: «Kameradschaft und Wettkampfglück»

Aber wie war das überhaupt möglich, dass der angebliche Abstiegskandidat FCL am Ende den Meisterpokal in Händen hielt? Simioni braucht nicht lange zu überlegen, um die Antwort in Buchstaben zu fassen: «Es gab damals eine Kameradschaft und einen Kampfgeist, die alle beseelt hat: die Mannschaft, den Trainer, den Staff und den Vorstand. Es gab nie auch nur den geringsten Krach. Es hat alles gestimmt. Jeder half dem anderen.»

«Meine Nachfolger schauten dafür, dass meine Leute nichts mehr im Klub zu sagen hatten.»

Romano Simioni, Präsident der FCL-Meistermannschaft 1989

Das mag zwar ein bisschen nach verzerrter Wahrnehmung im Blick zurück tönen, aber Simioni weiss auch: «Wir spielten zwar defensiv sehr stark, hatten aber oft auch das Wettkampfglück auf unserer Seite. Wenn ich nur an die vielen 1:0-Siege in dieser Saison denke.» Neun waren es insgesamt. Vier in der Vorrunde, nach der die ergatterten Punkte halbiert wurden, und fünf in der Finalrunde.

Warum die Bindung zum FCL verloren ging

Den Zusammenhalt im damaligen Team, den leben die FCL-Meisterhelden von damals noch heute. «Hansi Burri schaut dafür, dass wir uns jährlich zum Essen treffen.» Heuer, wenn der Gewinn des FCL-Meistertitels seinen 30. Geburtstag feiert, treffen sie sich im Seeland in Sempach zu einer grossen Feier (zentralplus berichtete).

Simioni weiss, warum der heutige FC Luzern die Bindung zum erfolgreichsten Team der Klubgeschichte verloren hat. «Gegen Ende meiner Präsidialzeit fingen die Gönnerklubs des FCL an zu rivalisieren. Und meine Nachfolger schauten dann dafür, dass meine Leute nichts mehr im Klub zu sagen hatten.»

Er sagt es ohne Groll. Simioni hat seinen Frieden gemacht mit dem FCL und den turbulenten Zeiten um und nach seinem Abgang. Weil er drei Jahre nach dem Meistertitel auch noch Cupsieger geworden ist, sagt er lächelnd: «Ich bin stolz darauf, was wir alle mit dem FC Luzern unter meiner Führung erreicht haben.»

Die Leute in der Stadt werden ihn weiterhin gerne auf den FCL im letzten Jahrtausend ansprechen.

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