So arbeitet der neue Trainer mit dem FC Luzern

Celestini: «Der Plan allein gewinnt nicht viele Spiele»

Der neue FCL-Trainer Fabio Celestini hat wohl sechs Monate Zeit zu beobachten, wer von den aktuellen Spielern zu seiner Vorstellung von Fussball passen. (Bild: Martin Meienberger/freshfocus)

Seine erste Diagnose zum abstiegsbedrohten FCL ist gestellt: «Meine Mannschaft muss lernen, noch besser zusammenzuarbeiten», sagt der neu verpflichtete Cheftrainer Fabio Celestini vor dem Rückrundenstart. Und er sagt auch, welche Tugenden noch wichtiger sind als sein Schlachtplan.

Noch zweimal schlafen und dann gibt es erste Hinweise darauf, was sich Fabio Celestini und der FC Luzern in den ersten drei gemeinsamen Wochen erarbeiten konnten. Mit bloss vier Punkten Vorsprung auf den ersten möglichen Abstiegsplatz startet der auf Platz 8 liegende FCL am Samstag auswärts gegen den FC Zürich (19.00, Letzigrund) in die zweite Hälfte der Meisterschaft.

Das Projekt mit Celestini scheint ein vielversprechendes, weil der frühere Schweizer Internationale (35 Einsätze) einen spannenden Werdegang hinter sich hat (zentralplus berichtete).

zentralplus: Fabio Celestini, was wollen Sie beim FC Luzern sportlich verändern?

Fabio Celestini: Ich möchte einfach meine Spielidee reinbringen und damit meiner Mannschaft helfen. Dabei lasse ich die guten Erfahrungen einfliessen, die ich als Spieler und Trainer machen durfte. Ich glaube, dass wir uns gegenseitig bereichern können: der FC Luzern mich mit seiner Struktur, seinen Werten und der fussballbegeisterten Region. Und ich bin ein stolzer Waadtländer, der diese Mentalität und diesen Charakter reinbringt. Ich glaube, das kann eine spannende Mischung ergeben mit dem Ziel, dass die Leute stolz darauf sind, wie der FC Luzern Fussball spielt.

zentralplus: FCL-Goalie Marius Müller hat sinngemäss gesagt, die Mannschaft musste sich auf grosse Veränderungen einstellen, seit Sie die Trainings gestalten. Darf man daraus schliessen, dass Sie mit den Spielern vor allem taktisch gearbeitet haben?

Celestini: Ja. Wir befinden uns in einem Prozess, denn bis zur Wiederaufnahme der Meisterschaft blieb mir ja nicht viel Zeit. Wenn man die Spieler für etwas Neues gewinnen will, muss man es erklären können. Also habe ich die meiste Zeit versucht, dem gesamten Kader zu vermitteln, was meine Idee ist für die Defensive, für die Offensive, die stehenden Bälle und das Umschaltspiel. Meine Mannschaften haben sich in der Regel darüber definiert, eine klare Spielidee für die verschiedenen Herausforderungen während eines Matchs mit auf den Platz bekommen zu haben.

«In schwierigen Momenten zeigt es sich, ob die Mannschaft umsetzen kann, was sie gelernt hat.»

zentralplus: Sie wurden einmal dahingehend zitiert, dass man als Trainer immer einen Plan haben müsse, um nichts dem Zufall zu überlassen. Ist das die Maxime Ihres Wesens und Wirkens?

Celestini: Ich möchte präzisieren: Unter Zufall verstehe ich die nicht voraussehbaren Ereignisse während eines Spiels. In schwierigen Momenten zeigt es sich, ob die Mannschaft umsetzen kann, was sie gelernt hat und jeder Spieler in die gleiche Richtung arbeitet, um ein Problem in den Griff zu bekommen. Ist aber kein klarer und gemeinsamer Plan vorhanden, handelt jeder Spieler in einem heiklen Moment seinem Naturell entsprechend. Und das kommt selten gut. Das weiss ich aus eigener Erfahrung als Spieler.

«70 Prozent eines Spiels lassen sich nicht vorhersehen und darum auch nicht im vornherein kontrollieren.»

zentralplus: Darum der Plan?

Celestini: Es ist meine Verantwortung als Trainer, den eigenen Spielern und der Mannschaft als Ganzem etwas mit auf den Platz zu geben, das wir einstudiert haben und an das sich die Spieler halten können. Das nenne ich einen Plan. Aber nur der Plan allein gewinnt nicht viele Spiele.

zentralplus: Wie meinen Sie das?

Celestini: Man muss sich bewusst sein, dass sich 70 Prozent eines Spiels nicht vorhersehen und darum auch nicht im vornherein kontrollieren lassen. Darum sind die Mentalität einer Mannschaft, der Zusammenhalt, die Kampfkraft, der Mut, das Selbstvertrauen und die Spielidee von entscheidender Bedeutung. Für die restlichen 30 Prozent gibt es den Plan.

«Ich kann ausschliessen, eine Art Louis van Gaal zu sein.»

zentralplus: Unter den renommierten Trainern hat Louis van Gaal seinen Mannschaften, ungeachtet der Qualitäten der Einzelspieler, immer das gleiche System verpasst. Carlo Ancelotti hingegen ist als Opportunist quasi Van Gaals Gegenpol. Wo würden Sie sich in dieser Skala einreihen?

Celestini: Nirgends. Für mich gibt es nicht ein System, das meiner Arbeit zugrunde liegt. Ich arbeite auf der Basis von Prinzipien. Ich schloss noch nie eine Saison mit dem System ab, mit dem ich es begonnen hatte. Darum liegt mein Fokus nicht auf einem System. Ich kann also ausschliessen, eine Art Louis van Gaal zu sein.

zentralplus: Über Sie wird aber verbreitet, dass Sie ein 3-4-1-2-System bevorzugen.

Celestini: Eigentlich bevorzuge ich es, mit vier Verteidigern spielen zu lassen. Aber der Qualität meiner bisherigen Mannschaften hat es meist besser entsprochen, mit drei Verteidigern zu agieren. Der FCL hat physisches Potenzial, ein grosses Herz und er ist diszipliniert. Mein Eindruck ist, dass die Mannschaft noch lernen muss, besser zusammenzuarbeiten. In defensiver wie in offensiver Hinsicht.

«Im Spiel nach vorne brauchen wir noch mehr Zeit, weil es ein entscheidendes Element mehr gibt – und das ist der Ball.»

zentralplus: Was heisst das konkret für Ihre Spielidee mit dem FCL?

Celestini: Im Fussball ist es immer leichter, einen defensiven Plan einzuüben, weil man ja nicht im Ballbesitz ist. Die Spieler haben konzeptionell gut verstanden, was ich in der Abwehrarbeit verlange. Jetzt gilt es noch, die Zusammenarbeit zu verfeinern und zu verbessern. Im Spiel nach vorne brauchen wir noch mehr Zeit, weil es ein entscheidendes Element mehr gibt – und das ist der Ball. Das macht einen grossen Unterschied aus und darum müssen wir offensiv noch einiges an Arbeit investieren. Generell kann ich sagen, dass die Arbeitseinstellung und der Wille der Spieler, Neues zu lernen, super sind.

zentralplus: Wie sehr kann ein Trainer eine Mannschaft prägen, wenn er den Job im Winter statt im Sommer übernimmt?

Celestini: Das kann ich nicht beantworten, weil ich in der Super League noch keine Mannschaft im Sommer übernommen habe. In Lausanne wurde ich Ende März 2015 Trainer, in Lugano Anfang Oktober 2018.

«Ich habe sechs Monate Zeit zu beobachten, welche Spieler in meine Philosophie und Idee von Fussball passen.»

zentralplus: Lassen Sie mich die Frage anders formulieren: Sie haben verlauten lassen, dass Sie für die Rückrunde mit dem FC Luzern keine Ziele formulieren wollen. Darf man daraus schliessen, dass Sie die zweite Halbzeit der Meisterschaft vor allem überstehen wollen und dabei genau beobachten, auf welchen Spieler Sie im Sommer setzen können?

Celestini: In erster Linie geht es für uns als Achtplatzierte darum, so schnell wie möglich einen deutlichen Abstand zu den letzten zwei Plätzen in der Super League zu schaffen, um den Ligaerhalt zu sichern. Das ist jetzt der Hauptfokus. Und ja, natürlich habe ich dabei auch sechs Monate Zeit zu beobachten, welche Spieler in meine Philosophie und Idee von Fussball passen und wie wir uns als Mannschaft weiterentwickeln werden.

Lesen im ersten Teil des Interviews mehr über Fabio Celestinis Werdegang.

Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


0 Kommentare
    Apple Store IconGoogle Play Store Icon