Gewalt gegenüber Polizisten nimmt weiter zu

So erklärt die Luzerner Polizei die Verdoppelung der Sexualdelikte

Beklagte die fehlenden Personalressourcen: Adi Achermann, Kommandant der Luzerner Polizei, bei der Präsentation des Jahresberichts 2018.

(Bild: bic)

Der Jahresbericht der Luzerner Polizei offenbart viel Erfreuliches, Luzern ist im Vergleich zur gesamten Schweiz sicherer geworden. Doch es gibt noch einige Baustellen. Die Gewalt gegenüber Polizisten nahm weiter zu. Und sich häufende Sexualdelikte mit Kindern stellen die Behörden vor Herausforderungen. 

Am Mittwoch präsentierten Regierungsrat Paul Winiker und die Kader der Luzerner Polizei ihren Jahresbericht 2018 (zentralplus berichtete). Es gab viel Positives zu berichten. Zum Beispiel ein Rückgang von Straftaten in verschiedensten Bereichen.

Was Gewaltdelikte betrifft, ist Luzern im Vergleich zur gesamten Schweiz sicherer geworden. Doch es gibt auch Punkte, welche die Verantwortlichen nachdenklich stimmen.

Pädophilie: Leute sind besser sensibilisiert

Eine Problematik ist insbesondere im Bereich der Pädophilie auszumachen. Mit einer Zunahme um 94 Prozent haben sich die Fälle von sexuellen Handlungen mit Kindern innerhalb eines Jahres im Kanton Luzern quasi verdoppelt. In 64 Fällen musste die Luzerner Polizei 2018 in dieser Sache ermitteln. Diese auf den ersten Blick schockierende Zahl wirft bei einer genaueren Betrachtung indes ein positives Licht auf die Entwicklungen.

«Die Leute sind heute besser auf diese Thematik sensibilisiert und machen deshalb eher eine Strafanzeige als in der Vergangenheit», erklärte Jürg Wobmann, Chef der Kriminalpolizei. Zudem leiste man verschiedene Präventionsmassnahmen an den Schulen und führe entsprechende Kampagnen durch. Dennoch müsse man die Zahlen in Zukunft besser in den Griff bekommen, räumte der Kripochef ein.

 «Das ist einer der Wermutstropfen des finanziellen Engpasses des Kantons.»

Paul Winiker, Justiz- und Sicherheitsdirektor

«Jeder Fall von Pädophilie ist einer zu viel», sagte Wobmann. Man werde daher künftig ein besonderes Augenmerk auf diese Sache haben. Für den massiven Anstieg der Fälle gebe es aber verschiedene Interpretationen.

Nach oben zeigt die Entwicklung aber auch bei der allgemeinen Pornografie sowie der sexuellen Belästigung. «All dies könnte mit der zunehmenden Internetkriminalität zusammenhängen», vermutet Wobmann. Die Zahlen betreffend Sexualdelikten und Internet würden zwar noch nicht so erfasst, könnten aber ein Indikator für die genannte Zunahme bei der Pädophilie sein.

Polizeiliche Abdeckung wird noch dünner

Aber auch intern hat die Luzerner Polizei einige Baustellen zu bewältigen. «Ein Sorgenkind sind unsere personellen Ressourcen und folglich die Polizeidichte», sagte Kommandant Achermann. Das Bevölkerungs- und Verkehrswachstum stellten die Polizei diesbezüglich vor einige Herausforderungen. «Obwohl pro Jahr fünf zusätzliche Stellen hinzukommen, wird sich die Polizeidichte in naher Zukunft noch verschlechtern», so Achermann. Ein Blick in die Statistik zeigt, dass die Polizeidichte in Luzern abnimmt, während sie schweizweit ansteigt.

Das heisst: Pro Einwohner gibt es immer weniger Polizisten. Kam 2011 noch eine Polizistin auf 571 Einwohner, so müssen sich 2022 laut Prognosen 614 Menschen einen Beamten teilen.

Gefordert ist also die Politik. «Die Polizeidichte muss jeweils mit Blick auf die zu bewältigenden Aufgaben der einzelnen Polizeikorps beurteilt werden», sagte Justiz- und Sicherheitsdirektor Paul Winiker (SVP). In Bern müssten zum Beispiel Botschaften bewacht werden, während in Zürich die Sicherheit am Flughafen gewährleistet werden muss. Ein nackter Vergleich der Zahlen sei deshalb nur bedingt aussagekräftig.

Urbanisierung ruft nach mehr Beamten

Es sei aber tatsächlich so, dass gerade die zunehmende Urbanisierung im Kanton Luzern eine höhere Polizeidichte erfordere. «Unser Planungsbericht zeigt auf, dass wir zusätzlich 80 Polizisten an der Front benötigen», so der Sicherheitsdirektor. Durch die Anpassung des Stellenprofils von Angestellten, die zuvor vermehrt in der Administration tätig waren, hätten bereits 30 zusätzliche Einheiten geschaffen werden können.

Bei der Schaffung der anderen 50 Stellen sei man allerdings in Verzug, gestand Winiker ein. «Das ist einer der Wermutstropfen des finanziellen Engpasses des Kantons», sagte er. Man werde deshalb nicht darum herumkommen, vom Kantonsrat zusätzliche Mittel zu verlangen.

Das Gleiche gelte für die Bekämpfung der wachsenden Kriminalität im Internet, so Winiker. «Der Regierungsrat wird bei der Weiterentwicklung der Polizei hier folglich einen Schwerpunkt setzen.» Es brauche aber mehr Ermittlungsressourcen und Experten bei der Staatsanwaltschaft. Denn die Fälle würden teilweise immer komplexer, so der Politiker.

Winiker hadert mit zunehmender Gewaltbereitschaft

Sichtlich zu schaffen macht Winiker vor allem ein anderer Aspekt der Polizeiarbeit: die Zunahme der Gewalt und Drohung gegen Polizisten (zentralplus berichtete). «Hier haben wir jeden vierten Tag einen Vorfall», schilderte er die Situation. 177 Personen waren betroffen, 45 wurden verletzt.

«Immer mehr Menschen schätzen die Arbeit der Polizei nicht mehr und haben einen mangelnden Respekt davor. Oft in Verbindung mit einer hohen Gewaltbereitschaft», monierte Winiker. Dies sei derzeit ein wichtiges Thema bei seiner täglichen Arbeit.

«Die Zahlen der letzten Jahre geben mir zu denken.»

Paul Winiker, Regierungsrat

Die Sicherheit könne jedoch nicht durch Roboter hergestellt werden, sondern nur durch Menschen, die sowohl physisch wie auch psychisch verletzbar sind, so der Regierungsrat. «Die Zahlen der letzten Jahre geben mir deshalb zu denken.»

«Gewaltbereite Fussballfans, die sich in der Gruppe stark fühlen, alkoholisierte oder unter Drogeneinfluss stehende Partygänger sind dabei ebenso ein Problem wie Personen, die glauben, dass sie sich nicht an allgemein gültige Regeln halten müssen», führte Winiker aus. Diese Leute stammten aus sämtlichen Schichten der Gesellschaft. Es sei deshalb an der Politik, den Beamten im Einsatz den Rücken zu stärken. Dazu könnten allenfalls härtere Strafen dienen. Ein entsprechender Vorstoss sei im Ständerat jedoch kürzlich gescheitert.

Die zunehmende Gewaltbereitschaft gegenüber Polizisten stimmen Justiz- und Sicherheitsdirektor Paul Winiker nachdenklich.

Die zunehmende Gewaltbereitschaft gegenüber Polizisten stimmt Justiz- und Sicherheitsdirektor Paul Winiker nachdenklich.

(Bild: bic)

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