Rezension «Wenn der Glaubenberg schweigt»

Mörder, Märchen und eine Prise James Bond in Luzern

«Wenn der Glaubenberg schweigt» von Monika Mansour ist der sechste Fall für den Luzerner Ermittler Cem Cengiz. (Bild: cbu)

Im sechsten Fall des Ermittlers Cem Cengiz geht es international zu und her. Der Lokalkrimi der Luzerner Autorin Monika Mansour schiesst an manchen Stellen zwar etwas übers Ziel hinaus, bietet aber kurzweilige Unterhaltung.

«Wenn der Glaubenberg schweigt» von Monika Mansour ist der sechste Fall für Cem Cengiz, einem Ermittler der Luzerner Polizei. Mansour hatte in diesem Krimi nicht nur die Herausforderung, einen in sich geschlossenen Fall zu erzählen, sondern auch noch Handlungsstränge zu Ende zu führen, die in Vorgänger-Bänden offen geblieben waren. Gelungen ist ihr das. Grösstenteils.

Denn mit Krimireihen um eine zentrale Ermittlerfigur ist es immer so eine Sache. Sind die Bücher in sich geschlossen? Kann man einfach irgendwo in der Mitte der Reihe einsteigen oder braucht es Vorwissen, um sich mit dem Figurenpersonal zurechtzufinden?

Nach holprigem Start geht's gut weiter

Kenner der Reihe dürften sich sofort heimisch fühlen und können gleich mitfiebern. Als Cengiz-Neuling braucht es hingegen eine gewisse Eingewöhnungszeit, bis man sich in «Wenn der Glaubenberg schweigt» zurechtfindet. Besonders auf den ersten 50 Seiten wird man mit zahlreichen Charakteren konfrontiert – Mansours Stammpersonal der Luzerner Polizei und deren Umfeld. Manche von ihnen haben eine gemeinsame Vorgeschichte oder referenzieren entscheidende Momente aus den Vorgänger-Büchern. Da fühlt man sich als Quereinsteiger etwas alleingelassen und muss sich die Puzzlestücke selbst zusammensetzen, während der Plot bereits in die Gänge kommt.  

Hat man diese kleine Hürde aber geschafft, geht die Geschichte angenehm flott weiter. Kurz nach dem Start wird die Luzerner Staatsanwältin Eva Roos von ihrer Vergangenheit eingeholt. Ihr schlimmster Feind Viktor Kasakow, ein Kunsthändler und Multimillionär, der für ein russisches Syndikat arbeitet, bringt Eva in seine Gewalt. Ihr Ehemann, Ermittler Cem Cengiz, ist bereit, für seine Frau bis aufs Äusserste zu kämpfen.

Unterstützt wird er von einem russischen Agenten und – zwangsweise – der hartnäckigen und schrulligen Seniorin Ella. Die Handlung spielt an verschiedenen Orten in der Zentralschweiz. Darunter etwa auf dem Sonnenberg, im Renggloch und natürlich auf dem Glaubenberg. Leserinnen aus der Region dürften ein paar «den Ort kenn ich!»-Momente verspüren. Für Lokalkolorit ist also ausreichend gesorgt.

Ein bisschen Bond schadet nie

Die Geschichte selbst ist beinahe überlebensgross, da geht es um weltumspannende Intrigen mit russischen Oligarchen, Menschenhandel und einem Mörder, der nach den Prinzipien des Märchens «Der Wolf und die sieben Geisslein» junge Frauen tötet. Selbst Ermittler Cem Cengiz ist in einer Szene überrascht, dass sich im beschaulichen Luzern ein Fall dieses Kalibers abspielt. Dass Mansour ein Fan von Agententhrillern – und James Bond im Speziellen – ist, drückt an manchen Stellen klar durch, wirkt aber nie abgekupfert.

Ist die Story aber auch glaubwürdig? Jein. Der Fall an sich wird schlüssig aufgebaut und auch aufgelöst. Etwas «suspension of disbelief» wird aber vorausgesetzt. Besonders die Figur der kauzigen Frau Ella wirkt arg überzeichnet. Sie mischt sich wiederholt als Privatperson in die Ermittlungen ein, beleidigt Cengiz mehrmals und kommandiert ihn herum wie eine halsstarrige Mutter ihr Kind – ohne grössere Konsequenzen.

Der Showdown stimmt versöhnlich

Etwas schade ist zudem, dass Cengiz über weite Strecken des Romans mehr Spielfigur als selbstständiger Ermittler ist. Seine polizeilichen Fähigkeiten kommen nur selten zum Tragen. Damit bringt Mansour aber einen frischen Wind in das sonst so von übergenialen Kommissaren und Hobby-Columbos bevölkerte Genre, die noch in letzter Minute das fehlende Puzzleteil aus dem Hut zaubern. In «Wenn der Glaubenberg schweigt» geht es mehr um Teamarbeit der Polizei als um Solo-Einsätze.

Zuletzt wirkt die Geschichte mit ihren Nebenhandlungen bisweilen etwas überladen, ein temporeicher und gut konstruierter Showdown sorgt aber für einen befriedigenden Abschluss. Stilistisch liefert die Autorin ein gut leserliches und leicht verständliches Buch ab. Stimmige Lektüre für den Urlaub – oder einem Picknick im Renggloch. Aber Vorsicht, der Wolf geht um!

zentralplus hat mit der Luzerner Schriftstellerin Monika Mansour vor der Veröffentlichung des Romans ein Interview geführt, das du hier nachlesen kannst.

«Wenn der Glaubenberg schweigt» ist im Emons-Verlag erschienen.

Verwendete Quellen
  • Rezensionsexemplar «Wenn der Glaubenberg schweigt» (zur Verfügung gestellt)
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