Technik gegen Jugendliche

Schallschreckgeräte bleiben in Luzern erlaubt, aber sie dürfen keinen Pieps machen

Noch im Mai 2023 nutzte die Lukaskirche ein Schallschreckgerät über ihrem Eingang. (Bild: kok)

Mehrfach haben Schallschreckgeräte gegen Jugendliche in Luzern für Wirbel gesorgt. Jetzt hat die Stadt ein Machtwort gesprochen. Sie lehnt ein Verbot ab, will die Geräte aber trotzdem nicht haben.

Sie sind klein, sie sind laut, und sie stossen einen Ton aus, der Menschen von öffentlichen Plätzen vertreiben soll. Die Rede ist von Schallschreckgeräten.

Jugendschreck, so werden die kleinen grauen Kästen auch genannt. Denn den 94 Dezibel lauten Ton, den sie produzieren, können nur unter 30-Jährige hören. In der Stadt Luzern sind die Kästchen nicht unbekannt.

Einsatz beim KKL und der Lukaskirche

Im Frühling 2022 führte das KKL einen einmaligen Test auf dem Europaplatz durch, wie zentralplus als Erstes berichtete (zentralplus berichtete). Der Stadtrat erklärte danach, die Geräte bräuchten eine Bewilligung wegen ihrer «Emissionen auf den öffentlichen Grund».

Bekannt wurden die Schallschreckgeräte in Luzern nach einem Test am Europaplatz. (Bild: mik)

In der Folge reichten zwei Grünen-Grossstadträte eine Motion ein, um die Technologie zu verbieten. Sie argumentierten, die Geräte würden gegen Grundrechte wie das Diskriminierungsverbot oder die Versammlungs- und Meinungsäusserungsfreiheit verstossen (zentralplus berichtete).

Im Mai 2023 dann der nächste Fall. zentralplus macht ein weiteres Schallschreckgerät in der Luzerner Innenstadt publik. Die Lukaskirche im Luzerner Vögeligärtli nutzt das Gerät bereits seit Jahren, um Jugendliche am Wochenende von ihrer Treppe fernzuhalten (zentralplus berichtete).

Die Lukaskirche nutzt ein Schallschreckgerät seit drei Jahren. (Bild: kok)

Auf Nachfrage erklärte die Stadt im Mai, Schallschreckgeräte seien «nicht bewilligbar». Da eine Antwort des Stadtrats auf die Grünen-Motion aber ausstand, sagte sie nicht, ob die Geräte zukünftig verboten würden.

Jetzt ist die Antwort des Stadtrats eingetroffen. Und es zeigt sich, dass die Lage komplizierter ist als gedacht. Und das Verbot, welches sich die Motionäre wünschten, nicht kommen wird.

Ein Verbot von Schallschreckgeräten ist unverhältnismässig

Bei dem Lärm der Geräte handelt es sich rechtlich um Alltagslärm, wie etwa bellende Hunde oder Kirchenglocken. Verboten ist Alltagslärm, wenn er ausschliesslich störend oder belästigend ist. Ob Schallschreckgeräte «erheblich störend» seien, habe noch kein Gericht in der Schweiz entscheiden müssen, schreibt der Stadtrat.

Klarer ist es bei der Grundrechtsfrage. Der Bundesrat ist der Auffassung, die Geräte tangieren Grundrechte. Ein generelles Verbot lehnt er trotzdem ab. Denn ein Verbot von Schallschreckgeräten würde wiederum andere Grundrechte wie die Wirtschaftsfreiheit und Eigentumsgarantie einschränken, sagt der Bundesrat.

Für Luzern bedeutet das: «Inhaltlich teilt der Stadtrat die Meinung der Motionäre, erachtet es aber nicht als notwendig, zusätzlich ein explizites Verbot in einem städtischen Reglement zu verankern.»

Keine Bewilligungen erteilen

Stattdessen will die Stadt keine Bewilligungen für Schallschreckgeräte erteilen. Mit seiner Entscheidung folgt Luzern dem Bundesamt für Umwelt, das empfiehlt, die Geräte nicht zu bewilligen.

«Die Erteilung einer Baubewilligung ist unrealistisch.»

Luzerner Stadtrat

«Neben den Interessen der Grundeigentümerinnen und Grundeigentümer sind auch die Interessen der Allgemeinheit zu beachten», erklärt die Stadt ihre Entscheidung. Durch die Beschallung könnten Kinder oder Tiere gestört werden. Es könne nie ausgeschlossen werden, dass Interessen Dritter durch den Schall beeinträchtigt würden. «Daher ist die Erteilung einer Baubewilligung unrealistisch.»

Nach Kenntnis der Redaktion ist derzeit kein Schallschreckgerät in Luzern im Einsatz. Nachdem zentralplus im Mai die Lukaskirche konfrontierte, schaltete diese ihr Gerät ab.

Verwendete Quellen
  • Stellungnahme des Stadtrates zur Motion
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3 Kommentare
  • Profilfoto von Markus
    Markus, 21.09.2023, 20:35 Uhr

    Erschreckend welch narrzistische Methoden es in Luzern gibt.
    Hoffemtlich werden diejenigen in Zukunft bestraft die solche Methoden zulassen

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  • Profilfoto von Jerome Halter
    Jerome Halter, 21.09.2023, 11:08 Uhr

    Herumlungernde und laut grölende Jugendliche tragen doch zum lebendigen Stadtbild bei?

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    • Profilfoto von Hanspeter Flueckiger
      Hanspeter Flueckiger, 21.09.2023, 13:46 Uhr

      Mir sind herumlungernde und laut grölende Jugendliche lieber, als all diese über das Wochenende gemieteten Rennboliden, welche unnötig ihre Runden drehen und mit ihren aufheulenden Motoren tatsächlich eine Belästigung darstellen.

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