Ein Schwede und ein Deutscher wollen Luzern mit Sauerteig erobern
Am Donnerstag ist «Martins Brotwerk» im Lokal der ehemaligen Bäckerei Arnold am Luzerner Paulusplatz offiziell eröffnet worden. Inhaber ist ein ehemaliger Finanzspezialist. Geht es nach dem Chef, sollen seine Brote schon bald in der ganzen Stadt gegessen werden.
Zwei grosse gelbe Ballone bewegen sich am Donnerstagmorgen vor dem kleinen Ladenlokal beim Luzerner Paulusplatz in der frühsommerlichen Brise. Sie weisen die künftigen Kunden darauf hin, dass im Lokal der ehemaligen Bäckerei Arnold neues Leben eingekehrt ist.
Das Geschäft mit dem speziellen Namen «Martins Brotwerk» versorgt das Quartier und die Stadt seit Donnerstag mit seinen speziellen Sauerteigbroten. Wer den Laden betritt, merkt schnell, dass sich das eine oder andere zuerst noch einpendeln muss. So diskutiert Geschäftsführer Roberto del Greco mit einer Mitarbeiterin, wie man den frisch gebackenen Beerenkuchen in Zukunft am besten präsentieren soll.
Von der Finanzbranche in die Backstube
Dass er einmal Brote verkaufen wird, hätte sich der Finanzspezialist vor ein paar Jahren wohl kaum gedacht. Geboren und aufgewachsen ist der heute 53-Jährige in Schweden. Vor 13 Jahren zog es ihn beruflich in die Schweiz, wo er im Kanton Zug bei einem grossen Schweizer Versicherer arbeitete. «Ich wollte einfach etwas anderes machen», begründet er seinen Entscheid.
Selber backen wird del Greco aber nicht. Dafür ist der angestellte Bäckermeister Martin Winkel zuständig, der die Sauerteigbrote nach einem alten deutschen Rezept von 1888 herstellt. Winkel ist gebürtiger Deutscher und Bäckermeister in der dritten Generation. Der 70-Jährige hat in Deutschland verschiedene Bäckereien geführt. «Wir arbeiten in seinem Geist und im Geist seiner Vorfahren», erklärt del Greco. Kennengelernt hat er seinen Bäckermeister als dessen Kunde. «Wir haben regelmässig miteinander geredet und gemerkt, dass wir uns eine Zusammenarbeit vorstellen können.»
Ohne Hefe ist’s gesünder
«In der Schweiz ist unser Brot einzigartig», sagt del Greco stolz. Es gäbe natürlich auch andere Sauerteigbrote, aber wahrscheinlich nirgends in der gleichen Vielfalt wie am Paulusplatz. «Wir haben rund zehn verschiedene Sorten Sauerteig», so del Greco. Besonders sei, dass Martin Winkel alle Arten von Brot mit Sauerteig herstellt, und nicht nur dunkles, wie es sonst üblich ist.
«Wir versuchen so gut es geht ohne Hefe zu arbeiten, weil das Brot dadurch gesünder ist», erklärt del Greco. Die Zutaten stammen fast ausschliesslich aus der Region. Das Sauerteigbrot liefert del Greco auch an die «Jazzkantine» am Löwengraben (zentralplus berichtete).
Blätterteig aus Handarbeit
Das Mehl kommt aus einer alten Steinmühle aus dem Seetal. «Im Moment probieren wir aus, ob wir auch ein Ciabatta ohne Hefe herstellen können», sagt del Greco. Aber natürlich dürfen die üblichen Produkte wie Schoggibrötli und Gipfeli auch im neuen Laden nicht fehlen.
«Eigentlich sind es keine Gipfeli, sondern Croissants», schiebt del Greco nach. Sie werden mit grossem Aufwand aus Blätterteig mit hochwertiger Schweizer Butter hergestellt. «Der Blätterteig wird in unserer Backstube beim Gersag in Emmenbrücke von Hand mehrmals gefaltet. Wir können deshalb keine Massenware herstellen.» Die Produkte hätten deshalb auch ihren Preis, gibt del Greco unumwunden zu. Ein Vergleich mit anderen Bäckereien in der Stadt offenbart die Differenz: Ein Gipfeli oder Pausenbrötli ist im Brotwerk rund 40 Prozent teurer.
Auch in Zürich wird Brot verkauft
Aber nicht nur die Luzernerinnen kommen in den Genuss der frischen Spezialbrote. Dreimal pro Woche betreibt del Greco einen Stand am Hauptbahnhof Zürich. «Auch dort kommen wir sehr gut an», zeigt er sich erfreut. Er stelle fest, dass hochwertiges Brot immer mehr im Trend ist. Nicht nur in der Schweiz, sondern in ganz Europa.
Und del Greco hat noch weitere Ideen für die Zukunft. So möchte er seine Brote nicht nur im Laden verkaufen, sondern noch mehr Restaurants und Hotels beliefern. «Verschiedene Betriebe haben bereits ihr Interesse an einer Zusammenarbeit gezeigt. Bisher hatte ich aber zu wenig Zeit, um mich darum zu kümmern», so del Greco.
Und wenn alles läuft wie geplant, wird er schon bald Gäste vor Ort bewirten. Del Greco schwebt vor, in der ehemaligen Backstube ein kleines Bistro zu eröffnen. Das Angebot soll auf seinen Brotspezialitäten basieren. Konkreter sind seine Ideen aber noch nicht. Zuerst möchte der Kleinunternehmer jetzt mit seiner Bäckerei durchstarten.