Köche, Yogis & Co. suchen in Zug nach Alternativen

D’Wohnig schliesst: Ein Nachruf am Sterbebett

In liebevoller Erinnerung an die Zwischennutzung mit wenig Konzept, dafür viel Platz für alles Mögliche. (Bild: zvg)

Wohnig, du wirst fehlen: In der Zuger Zwischennutzung am Bahnhof war einiges los. Nun schliesst «d’Wohnig» ihre Türen, doch wo finden alle die kreativen Köpfe und Veranstaltungen ein neues Zuhause?

Bald reissen Bagger die Fassade der Zwischennutzung «d’Wohnig» beim Zuger Bahnhof ein und schaffen somit Platz für den geplanten Neubau. Doch egal wie perfekt sich dieser Neubau ins Häuserbild einfügen wird: Eine Lücke bleibt. Zumindest in den Köpfen und Projekten von einigen Zugern, denn passende Ersatzräume für die in der Wohnig entstandenen Projekte sind rar. Ein Nachruf.

D’Wohnig – das ist die Zwischennutzung mit dem wahrscheinlich einfachsten Konzept der Welt: Eine Wohnung steht allen offen, die einen Raum brauchen. Während der Zwischennutzung entstanden Yoga-Kurse, Essensangebote, Computer-Kurse, Co-Working-Gemeinschaften und vieles mehr. Die meisten der Angebote stehen nach dem Ende der Wohnig auf der Strasse und von da verschwinden sie in alle Himmelsrichtungen. Nur: Wohin?

Der «Spirit der Wohnung»

Die paar Zimmer der Wohnig beim Zuger Bahnhof boten Platz für Untypisches. «Space to create» beispielsweise sei weder ein Kurs noch ein Workshop gewesen, sondern schlicht die Möglichkeit, um zu gestalten, was immer man auch möchte. «Das Schöne war, dass wir auf alle Arten von Druck verzichten konnten», erinnert sich Olivia Green von «Space to create». Kein Druck und das Ganze gratis – ein «Geschäftsmodell», das wohl nirgends sonst zustande gekommen wäre.

Olivia Green erinnert sich gut an einen Samstag, da sei der «Spirit» der Wohnung besonders gut zu sehen gewesen. Die Wohnung war voll: «Ein paar haben für den Event am Abend gekocht, ein Fotograf hatte eine Ausstellung und wir haben gezeichnet, gemalt und gebastelt.» Alles verlief reibungslos aneinander vorbei, denn trotz den engen Räumen bot die Wohnig Platz für alle.

D’Wohnig hinterlässt ein Loch – im Bauch

Rupan Sivaganesan betrieb während des letzten Jahres das Gourmet Mondial, ein Tribut an die Vielfalt der Esskultur. «Wir konnten etwas anbieten, was es im Kanton Zug so noch nicht gab, und gleichzeitig konnten wir Geld für einen guten Zweck sammeln», erzählt Rupan Sivaganesan, denn die Einnahmen gingen nach den Veranstaltungen jeweils nach Sri Lanka an ein Heim für geistig behinderte Jugendliche. Die Essen seien immer gut besucht gewesen. Und trotzdem: Ohne die Möglichkeit einer frei nutzbaren Location wird eine Fortsetzung wohl schwierig, meint Rupan Sivaganesan.

Das Gourmet Mondial war aber nicht der einzige Anlass, der die Küche der Wohnig nutzte.

Beim Projekt «Wir kochen für dich» verköstigten Barbara Halter und Dania Koch bis zu zwölf Gäste mit vegetarischen Menüs der eher ungewohnten Art. Ob das Ende der Wohnig auch das Ende ihrer Kreationen wie «Zucchini-Polpette mit Minze auf Quinoa» bedeutet, hängt davon ab, ob sich eine neue Küche mit langem Tisch für zwölf Personen finden lässt. «Die Frage ist, was es kostet», gibt Barbara Halter vom Projekt «Wir kochen für dich» zu bedenken. «In der Wohnig konnten wir die Essen relativ günstig anbieten.» Je nach Miete würde es demnach teurer werden. Zum Loch im Bauch droht also auch noch ein Abgrund im Portemonnaie.

Qi Gong und Co-Workingspace ziehen nach Cham

Der Zeitpunkt des Abschieds war vorhersehbar, deswegen haben sich auch viele schon Gedanken gemacht, wie es denn weitergehen soll. Thomas Maurer beispielsweise gibt seine Qi-Gong-Kurse nun in der Tai-Chi-Schule in Cham. «Die Wohnig hat mir die Möglichkeit gegeben auszuprobieren, ob ein eigener Kurs Anklang findet», sagt er und zieht eine positive Bilanz. «Wir waren immer etwa fünf Leute in den Lektionen.» Und das war auch gut so, denn für mehr hätte es im Wohnraum der Wohnig auch keinen Platz gehabt.

Die Wohnig bot auch Platz für Arbeiter ohne Büros. Einmal die Woche fand der Co-Working-Donnerstag statt. Dabei federführend war Xaver Inglin. Zwar ist das Prinzip der geteilten Büroräume bereits nach Cham in eine Bürogemeinschaft umgezogen. «Jetzt stehen in der Chamer Bürogemeinschaft ebenfalls ein Küchentisch und ein Küchenbüffet», verrät Xaver Inglin. Ein wenig Wohnzimmer-Charme ist den Co-Workern also erhalten geblieben. «Letztlich war die Wohnig eben wirklich einfach eine Wohnung», fasst Xaver Inglin zusammen.

Noch bis Ende Monat geniesst die Wohnig die Zeit ihrer Galgenfrist. Dann geht es zu Ende.

In liebevoller Erinnerung an die Zwischennutzung mit wenig Konzept, dafür viel Platz für alles Mögliche.

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