Vorwurf der Passivität

Luzerner Stadtrat verteidigt seine Haltung im VBL-Streit

Hat der Stadtrat im Subventionsgelderstreit um die VBL richtig gehandelt? (Bild: ida)

Für seine passive Haltung in der VBL-Subventionsaffäre ist der Luzerner Stadtrat zunehmend in Kritik geraten. Im Parlament widersprach Finanzdirektorin Franziska Bitzi dieser Darstellung und warnte vor einer Vorverurteilung der VBL-Führungsriege.

Ist der Stadtrat damit einverstanden, dass die VBL, deren Eignerin die Stadt ist, vor Gericht gezogen wird? Genau das steht in Aussicht, nachdem die VBL-Führung einen Vergleichsvorschlag von Bund und Verkehrsverbund (VVL) ablehnte. Diese beiden verkündeten, dass sie nun über 21 Millionen Franken von den VBL über den Rechtsweg zurückfordern werden (zentralplus berichtete).

Mittels dringlicher Interpellation wollten Lena Hafen und Nico van der Heiden (beide SP) unter anderem wissen, ob der Stadtrat mit dieser Entwicklung der Dinge – und damit auch mit einem potenziell langen und kostspieligen Rechtsverfahren – einverstanden ist. In seiner schriftlichen Beantwortung wiederholte der Stadtrat lediglich, dass er einer gerichtlichen Klärung «offen» gegenüberstehe und keinen direkten finanziellen Schaden für die Stadt befürchte (zentralplus berichtete).

Ist die Rechtsform als stadteigene AG noch die richtige?

«Wir sind nicht einverstanden mit der sehr passiven Haltung des Stadtrates in der Causa VBL. Ihr müsst politische Verantwortung übernehmen.» Mit diesem Statement wandte sich van der Heiden an den Luzerner Stadtrat. Wenn der Stadtrat seine politische Verantwortung nicht übernehmen kann oder will, stelle sich die Frage, ob die Rechtsform der ausgelagerten Betriebe als AG noch die richtige sei, so der SP-Grossstadtrat.

Finanzdirektorin Franziska Bitzi (CVP) liess die Kritik nicht auf sich sitzen. (Bild: bic) (Bild: bic)

Laut Thomas Gfeller (SVP) ist es «sehr speziell», dass die Stadt als Alleinaktionärin zwar über Jahre Einsitz im Verwaltungsrat der VBL genommen hat, dessen Entscheidungs- und Handlungskompetenzen jedoch massiv eingeschränkt waren und inzwischen – nachdem der Stadtrat nun kein VR-Mitglied mehr stellt – gänzlich entzogen wurden. Auch für die SVP stelle sich deshalb die Frage, ob die Auslagerung der VBL noch angebracht sei.

Für Christa Wenger und die Grünen/Jungen Grünen ist die Rolle des Stadtrates innerhalb der VBL ebenfalls noch nicht zu Ende diskutiert. Insbesondere die Frage, ob der Stadtrat nicht doch in der Verantwortung steht, wenn es um solche Summen an Steuergeldern geht.

Verwaltungsrat hat die Entscheidungskompetenzen

In ihrer Replik verwies Finanzdirektorin Franziska Bitzi (CVP) auf die breite fachliche Kompetenz des neuen VBL-Verwaltungsrates. Dieser habe durchaus Argumente, um den Forderungen von Bund und VVL nicht bedingungslos nachzukommen. «Weshalb sollten wir als politisches Gremium an der Beurteilung des VR zweifeln und ohne besseres Wissen der Gegenpartei Recht geben?»

Die Finanzdirektorin witterte eine öffentliche Vorverurteilung der VBL-Verantwortlichen. «Ich frage mich, wenn der Fall so eindeutig wäre, wie gewisse es darstellen wollen, warum haben dann der VVL und das BAV Respekt vor einer gerichtlichen Überprüfung? Es müsste ja ein rasches Urteil zu ihren Gunsten geben», so die Finanzdirektorin weiter.

Stiche gegen BAV-Direktor

In der Folge liess Bitzi auch ihren Unmut gegenüber dem Direktor des Bundesamtes für Verkehr, Peter Füglistaler, aufblitzen. Konkret, dass dieser sich via soziale Medien zum Fall VBL geäussert hat (zentralplus berichtete). Weiter verwies Bitzi auf das Angebot, das die VBL der Gegenpartei machten: Rückzahlung innert 30 Tagen, danach die rechtliche Klärung, ob das Geld tatsächlich auch geschuldet ist (zentralplus berichtete).

Zum Vorwurf der Passivität konterte Bitzi mit dem Argument, dass der Stadtrat zusammen mit der Geschäftsprüfungskommission (GPK) einen umfassenden Untersuchungsbericht in Auftrag gegeben hat (zentralplus berichtete). Weiter seien die Konzernstrukturen geändert, ein neuer Verwaltungsrat eingesetzt und ein neuer Direktor rekrutiert worden. Von Passivität könne deshalb keine Rede sein.

«Wenn ich ‹Passivität› höre … Ich weiss nicht, was genau der Vorwurf ist.»

Franziska Bitzi, Finanzdirektorin

«Wenn ich ‹Passivität› höre ... Ich weiss nicht, was genau der Vorwurf ist», so Bitzi. «Ist einfach gemeint, dass der Stadtrat für den Verkehrsverbund und das BAV Partei ergreifen müsste? Wären wir dann nicht mehr passiv?» Der Vorwurf beziehe sich nicht darauf, dass der Stadtrat Partei beziehen soll, sondern dass er seine Haltung bisher nicht aktiv kommuniziert habe, stellte Nico van der Heiden in der Folge klar.

Leicht gereizt fragte Bitzi zurück, ob der Stadtrat seine Haltung künftig über Social Media zu verkünden habe und die Informierung der Geschäftsprüfungskommission nicht mehr ausreiche. Van der Heiden konterte, dass dem Stadtrat mehr als nur die GPK und soziale Medien zur Kommunikation mit der Öffentlichkeit zur Verfügung stünden. Das öffentliche Interesse der Bevölkerung an diesem Fall sei hoch und diese dürfe entsprechend auch über die Haltung informiert werden.

Soll die Stadt einen Käufer suchen?

Es war nicht der einzige Diskussionspunkt. In einer weiteren Interpellation wollten Andreas Felder und Mirjam Fries (CVP) wissen, wie sich die Stadt die zukünftige Finanzierung der VBL vorstellt – insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Stadt künftig mit wesentlich tieferen Einnahmen durch die VBL rechnen muss als in vergangenen Jahren.

Seitens der FDP äusserte Sonja Döbeli die Idee, dass der Stadtrat einen Verkauf der VBL prüfen sollte. «Vielleicht sogar an den Kanton. Das wäre in den Augen der FDP die beste Lösung für die Bevölkerung», so Döbeli. Auch die Grünen erachten es nicht als zwingend, dass die Stadt ein eigenes Transportunternehmen besitzt.

Ein Verkauf sei aber wenig realistisch, mahnte die SP. Die Suche nach einem Käufer könne man sich sparen und sich stattdessen auf die Rechtsform konzentrieren. Die Auslagerung der VBL erfolgte 2010 und dürfte in absehbarer Zukunft also wieder aufs politische Parkett kommen. Wann die Parteien vor Gericht ziehen, ist derzeit noch unklar.

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2 Kommentare
  • Profilfoto von J. Richarson
    J. Richarson, 24.06.2021, 23:21 Uhr

    Warum interessiert sich Stadträtin der Stadt Luzern, Frau Franzisca Bitzi Staub als verantwortliche Person in der Causa VBL nicht, sondern stellt sich auf den Standpunkt, dass die VBL vertreten durch Verwaltungsrätinnen wie zu jenem Zeitpunkt durch Yvonne Hunkeler oder Silvana Beeler Gehrer resp. ehemaligem Verwaltungsratspräsident Erwin Rutisauser oder CEO Dr. Norbert Schmassmann stets juristisch korrekt handelte? Bereits am 28. Februar 2020 gab oberst Genannte Radio SF1 betreffend Causa VBL ein Interview, bei dem sie ihre Haltung verteidigt, sich nicht aktiv bezüglich des Geschehens zu informieren, noch zu engagieren. Des weiteren behauptet sie in diesem Interview: «…wenn wir irgendwelche Hinweise hätten auf dolose* Handlungen wie es bei Postauto passiert ist, wären wir aktiv geworden.» Wirklich? (*lat. dolos = arglistig)

    Interview: https://www.srf.ch/play/radio/regionaljournal-zentralschweiz/audio/was-sagt-die-stadt-luzern-als-vbl-besitzerin-zu-den-vorwuerfen-franziska-bitzi-nimmt-stellung?id=49983408-c5b9-4b6e-9109-ec8fe8cbe15a

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    • Profilfoto von Jaap Super
      Jaap Super, 25.06.2021, 00:46 Uhr

      Die gereizte Haltung von Finanzdirektorin Franziska Bitzi macht die Sache nur noch verdächtiger. Weshalb lehnt Sie sich soweit zum Fenster hinaus? Weshalb versucht Sie den Fokus auf der Vergangenheit abzulenken und möchte nur noch nach vorne schauen? War die Finanzdirektorin bereits vor der Neuwahl besser über die Ungereimtheiten bei der VBL informiert als Sie Preis gibt?

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