Streit um 21 Millionen Franken

Fall VBL: Luzerner Stadtrat fürchtet sich nicht vor finanziellem Schaden

Die politische Aufarbeitung der VBL-Subventionsaffäre läuft. (Bild: bic)

Der Luzerner Stadtrat äussert sich zum aktuellen Rechtsstreit der Verkehrsbetriebe Luzern und der zukünftigen Finanzierung des in die Schlagzeilen geratenen Betriebs. Dieser gehört zu 100 Prozent der Stadt. Der Stadtrat zeigt sich nun aber – zumindest theoretisch – offen für eine Beteiligung Dritter am Transportunternehmen.

Im «Fall VBL» herrscht derzeit eine angespannte Ruhe. Der Gang vors Gericht scheint unausweichlich, einen konkreten Zeitplan dafür gibt es allerdings noch nicht (zentralplus berichtete). Auf politischer Ebene ist die Aufarbeitung des Subventionsstreits jedoch in vollem Gange.

So beantwortet der Luzerner Stadtrat nun zwei brisante Vorstösse. Zum einen zur eigenen Rolle, während die Verhandlungen um über 21 Millionen Franken an Steuergeldern eskalierten, zum anderen über die künftige Finanzierung der Verkehrsbetriebe.

Stadtrat war in Verhandlungen nicht involviert

Eine der brennendsten Fragen an den Stadtrat zu den aktuellen Geschehnissen: Segnet der Stadtrat diesen Gerichtsgang tatsächlich ab? Dies wollten Nico van der Heiden und Lena Hafen namens der SP-Fraktion wissen. Eine direkte Antwort bleibt der Stadtrat weiterhin schuldig. Stattdessen verweist er auf eine frühere Stellungnahme zuhanden des Verkehrsverbundes Luzern (VVL) vom vergangenen März: «Offenbar bestehen erhebliche Zweifel, die es den verantwortlichen Organen der VBL verunmöglichen, einer vorbehaltlosen Rückzahlung ohne Klärung der rechtlichen Lage zuzustimmen», hiess es damals. Und weiter: «Wir stehen deshalb einer gerichtlichen Klärung offen gegenüber, auch wenn wir uns eine einvernehmliche Lösung gewünscht hätten.»

Der Gerichtsgang wurde beschlossene Sache, als die VBL einen Vergleichsvorschlag von Bund und VVL ablehnten. Dieser beinhaltete, dass die VBL die geforderten 16 Millionen zurückzahlen. Dafür hätten VVL und BAV auf die Zinsrückforderung im Zusammenhang mit dem Subventionsgesetz vorerst verzichtet. Diese Strafzinsen würden sich derzeit auf rund 5 Millionen Franken belaufen (zentralplus berichtete). Nun bestehen Bund und VVL auf der gesamten Summe von über 21 Millionen Franken.

Die SP-Parlamentarier wollten deshalb auch wissen, ob der Stadtrat an der Entscheidung der VBL, nicht auf den Kompromiss einzugehen, involviert war. «Der Stadtrat war in die Entscheidung nicht involviert und hat die Entscheidung nicht beeinflusst», stellt die Stadtregierung klar. Zudem verweist sie – zum wiederholten Male – auf ihren Standpunkt, wonach der Stadtrat lediglich die Aktionärsrechte wahrnimmt und deshalb nicht in die Verhandlungen zwischen der VBL und dem VVL involviert ist.

Wer zahlt am Ende die Zeche?

Van der Heiden und Hafen wollen aber auch wissen, wer für die Kosten des anstehenden Gerichtsverfahrens aufkommen muss und zu welchen Lasten die 21 geforderten Millionen gehen, falls die VBL vor Gericht unterliegen sollten. Zur Erinnerung: Die VBL gehören zu 100 Prozent der Stadt Luzern.

Für den Stadtrat ist klar: Die VBL zahlen die Zeche. «Für die Stadt Luzern hat dies keine direkten finanziellen Folgen.» Der Unternehmenswert der VBL sinkt in diesem Fall jedoch, womit die städtische Beteiligung auch an Wert verliert.

Dies sei aber auch der Fall, wenn die VBL den Rückzahlungsforderungen freiwillig nachkommen würde. Deshalb ist der Stadtrat überzeugt: «Der sorgfältige Umgang mit Volksvermögen erfordert gerade, dass Forderungen kritisch geprüft werden, wenn Zweifel an deren Grundlage oder Umfang geäussert werden», schreibt der Stadtrat. Und so erhält man also indirekt doch noch eine Bestätigung dafür, dass der Stadtrat diesen Gerichtsgang absegnet.

Wer würde sich an den VBL beteiligen wollen?

Der Stadtrat beantwortet auch einen weiteren – und in weiten Teilen ähnlichen – Vorstoss seitens der CVP. Mirjam Fries und Andreas Felder wollten jedoch auch wissen, wie sich der Stadtrat die zukünftige Beteiligung und Finanzierung der VBL vorstellt.

Die CVP-Politiker gehen davon aus, dass das von der Stadt zur Verfügung gestellte Aktienkapital der VBL künftig nicht mehr verzinst werden darf. Das Aktienkapital beläuft sich auf 20 Millionen Franken. Sie befürchten deshalb, dass der Stadt künftig hohe Kosten für die VBL anfallen, ohne dass die Stadt was zurückerhält. In den nun umstrittenen Jahren 2010 bis 2017 flossen rund 8 Millionen Franken von den VBL direkt in die Kasse der Stadt (zentralplus berichtete).

Vor dieser Ausgangslage wollen Fries und Felder wissen, wie der Stadtrat die Zukunft der Beteiligung an der VBL sieht. Konkret, ob diese unverändert gehalten, anderen Gemeinden oder gar Dritten zum Verkauf angeboten werden soll. «Der Stadtrat ist offen für die Beteiligung von Dritten an der VBL», schreibt die Stadtregierung in ihrer Antwort. Sie setzt jedoch ein Fragezeichen hinter die Frage, ob sich jemand dafür finden lässt: «Ob dies angesichts der gesetzlichen Rahmenbedingungen, die eine angemessene Eigenkapitalverzinsung verunmöglichen, ein realistisches Szenario ist, bleibt dahingestellt.»

Agglo-Gemeinden könnten Minderheitspartner werden

Der Verkauf an ein inländisches oder ausländisches Transportunternehmen wäre sowieso kaum eine Option. So verweist der Stadtrat auf die Tatsache, dass im Rahmen der VBL-Verselbstständigung festgehalten wurde, dass ein solcher Verkauf «aufgrund der soziopolitischen Verantwortung gegenüber den VBL-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeitern sowie der Marktverantwortung der VBL» nicht weiterverfolgt werde.

«Andererseits war und ist der Stadtrat bereit, die Trägerschaft für an der VBL interessierte Agglomerationsgemeinden zu öffnen», schreibt der Stadtrat weiter. Diese hätten demnach die Möglichkeit, sich als Minderheitspartner an den VBL zu beteiligen. Entsprechend würden diese Gemeinden eine Mitsprache (etwa durch Einsitz im Verwaltungsrat) erhalten. Diese Idee sei vor rund 20 Jahren bereits aufgeworfen worden. Ein Angebot, sich am Aktienangebot der VBL zu beteiligen, wurde von den Agglo-Gemeinden damals aber ausgeschlagen.

Die nächste Sitzung des Grossen Stadtrates findet am Donnerstag, 24. Juni, statt. Beide Vorstösse werden dann im Parlament behandelt.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Jaap Super
    Jaap Super, 23.06.2021, 10:44 Uhr

    Es ist wirklich grossartig, wenn die Stadt Luzern 21 Millionen verliert und dadurch keinen Schaden davon trägt. Es ist ja das Geld welches andere erwirtschaftet haben. Das System muss einfach weg!

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