Zu Besuch bei Hannes und Buddy Stocker

So trotzt ein winziges Chamer Kaffee-Startup der Coronakrise

Buddy und Hannes Stocker in ihrer Kaffeerösterei in Cham. (Bild: wia)

Ausgerechnet zum Beginn der Pandemie nahm die Kaffeerösterei Stocker in Cham ihren Betrieb auf. Deshalb musste das Startup gleich von Anfang an auf unkonventionelle Methoden zurückgreifen. Nun, ein Jahr später, ist man auf Kurs. Die Unternehmer wollen jedoch nicht alles auf die Karte Kaffee setzen.

Ein Quartier am Rande von Cham. Dass hier nicht nur Kaffee getrunken, sondern auch geröstet und vertrieben wird, fällt zunächst nicht auf. Kein Wunder: Die Kaffeerösterei Stocker, betrieben von Vater und Sohn, befindet sich im ehemaligen Veloraum des Familienhauses. Winzig, doch schmuck ausgebaut. «Unseren ersten Testevent, um zu sehen, ob unser Produkt überhaupt ankommt, hätte am ersten Lockdown-Wochenende im vergangenen März stattfinden sollen», erzählt Buddy Stocker. Er und sein Vater hatten sich vorgängig ins Zeug gelegt, eine grosse Menge Bohnen geröstet, welche beim Anlass hätte vertrieben werden sollen.

Der Lockdown spielte ihnen einen Streich

«So sassen wir denn auf diesen Kaffeebohnen und hatten keine Abnehmer. Per Facebook starteten wir darum einen Aufruf. Für die Bohnen durften die Leute so viel zahlen, wie sie wollten», erzählt der 33-Jährige. Der Aufruf zeigte Wirkung: Innert zwei Tagen waren alle Bohnen weg. «Daraufhin beschlossen wir, weiterzumachen.» Ein Jahr später kommen die Kunden noch immer. Und es werden immer mehr.

Für Vater und Sohn Stocker haben sich zwischenzeitlich aufregende Möglichkeiten ergeben. «Am 25. Februar wird in Baar die neue Landi-Filiale eröffnet, welche auch ein Café beherbergen wird. Dieses wird vom Hofmärcht geführt. Die Verantwortlichen hatten uns angefragt, ob wir das Kaffeekonzept und die Kaffeeversorgung übernehmen könnten.» Ein Angebot, das Stockers mit Handkuss annahmen.

Hannes und Buddy Stocker vor ihrem Unternehmen. (Bild: wia)

Die Nähe zwischen Kaffee und Musik

Eigentlich kommen Vater und Sohn Stocker aus ganz anderen beruflichen Gefilden: Beide sind Berufsmusiker und bei den Blechbläsern zuhause. Buddy Stocker unterrichtet an der Musikschule Posaune, sein Vater, ebenfalls einst Musiklehrer, ist heute pensioniert.

«Das Kaffeerösten ist, wie auch die Musik, letztlich etwas Intuitives.»

Buddy Stocker

«Ich bin immer wieder sehr erstaunt, wie viele Gemeinsamkeiten es zwischen Kaffee und Musik gibt», sagt Buddy Stocker, während er uns in einem beinah puppenstubengrossen Degustierraum einen Kaffee zubereitet. «Es gibt beim Kaffee so viele Geschmacksrichtungen. Mal ist er fruchtig, mal bitter, mal stark, mal milde. Wie in der Musik ist es wichtig, neugierig zu bleiben und die verschiedenen Richtungen auszuprobieren. Werten muss man sie deshalb nicht.» Er ergänzt: «Das Kaffeerösten ist, wie auch die Musik, letztlich etwas Intuitives. Und wie ein Konzert nie gleich klingt, schmeckt ein Kaffee nie genau gleich.»

Buddy Stocker braut einen Cappuccino. (Bild: wia)

Wir bestehen den inoffiziellen Corona-Test

Genug der Theorie. Wir schreiten zur Praxis. Buddy Stocker hält uns den Behälter mit den frisch gemahlenen Bohnen hin. «Riechen Sie mal. Das ist jetzt quasi der Corona-Test.» Es riecht leicht fruchtig und durchaus lecker. Gott sei Dank.

Wenig später ist der Cappuccino fertig. Immer noch geschmackvoll und lecker. Gott sei Dank. «Kaffee kann viel mehr als nur wachmachen», sagt der Musiker voller Inbrunst. «800 Aroma-Nuancen gibt es beim Kaffee. Beim Wein ist es nur gerade die Hälfte.»

Ein Anliegen der beiden Unternehmer ist die faire Bezahlung der Farmarbeiter. «Wir möchten grösstmögliche Transparenz. Deshalb kann man mittels QR-Code auf den Kaffeepackungen nachverfolgen, wo genau der Kaffee herkommt», so Stocker. Dass die komplette Rückverfolgung schwierig ist, ist den Unternehmern bewusst. «Doch kooperieren wir nur mit Kaffeebauern, die faire Arbeitsbedingungen umsetzen. Anders, als wie etwa beim Label Fairtrade verlangt wird, erhalten die Bauern unseres Kaffees weit mehr als nur den Mindestlohn.»

Eigentlich wollte der Vater erst nicht mitmachen

Wie entstand eigentlich die Idee für dieses Chamer Kleinstunternehmen? «Der Vertreiber, bei dem mein Vater immer Kaffee bezog, verkaufte eine alte, völlig intakte Röstmaschine. Ich entschied mich, sie zu übernehmen. Davor hatte ich mit einem Kollegen darüber gesprochen, ein Unternehmen zu gründen. Wir hatten jedoch letztlich unterschiedliche Vorstellungen.»

Diese Röstmaschine erstand Buddy Stocker von einem Bekannten. Sie war der erste Schritt ins Unternehmertum. (Bild: wia)

Mittlerweile ist auch Vater Hannes im Degustierraum eingetroffen, zuvor war er im Wohnzimmer mit dem Abpacken der Bohnen beschäftigt.

«Wir gehen höchstens als Mikrorösterei durch.»

Buddy Stocker

Hannes Stocker erzählt: «Eigentlich wollte ich anfangs überhaupt nicht mitmachen.» Je näher er sich jedoch mit der Idee befasst habe, «desto mehr zog es mir den Ärmel rein», so der Musiker. «Zu gut deutsch: Ich fand die Idee mega geil.» Buddy ergänzt: «Obwohl wir höchstens als Mikrorösterei durchgehen. Andere Grossunternehmen produzieren in einem Röstgang so viel Kaffee wie wir in einem Jahr.» Wie viel die beiden bisher produziert haben, können sie noch nicht klar beziffern. Der Jahresabschluss ist noch nicht gemacht. «Mittlerweile sind doch schon ein paar Tonnen zusammengekommen», sagt Buddy Stocker.

Steigt die Nachfrage weiter, können sich die Neo-Unternehmer vorstellen, den Betrieb zu vergrössern. «Dies jedoch eher räumlich als personell. Ich liebe es, Musik zu unterrichten und werde das sicher auch weiterhin tun.»

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