DNA-Analyse bringt Klarheit

Nach Schafriss beim Zuger Blasenberg: Es war doch ein Wolf

Es war tatsächlich ein Wolf, der oberhalb der Stadt Zug Schafe riss. (Bild: Adobe Stock)

Mitte November riss ein Raubtier beim Blasenberg zwischen dem Zugerberg und der Stadt Zug mehrere Schafe. Nun ist klar: Es war kein Hund, sondern ein Wolf, der die Tiere tötete. Den betroffenen Landwirt stellt dies vor Herausforderungen.

Vor einigen Wochen meldeten sich mehrere Leserreporter nach einer grausligen Sichtung bei zentralplus. Beim Blasenberg, oberhalb der Stadt Zug, war ein Schaf getötet und 13 so schwer verletzt worden, dass sie später vom Wildhüter erlöst werden mussten (zentralplus berichtete). Aus der Medienmitteilung der Zuger Polizei vom 18. November ging hervor, dass man davon ausgehe, dass nicht ein Wolf, sondern ein Hund die Schafe gerissen hatte.

Auch in einer Mitteilung vom Dienstag schreibt die Zuger Polizei, dass die vor Ort festgestellten Rissbilder und die geringe Bisskraft auf einen Hund als Verursacher hindeuteten. Ein Wolf konnte man jedoch nicht gänzlich ausschliessen. Deshalb wurden die Tierhalter auch durch das Amt für Wald und Wild per SMS-Warndienst über ein mögliches Wolfsvorkommen informiert.

Die Polizei geht von einem Jungwolf aus

Nun teilt die Zuger Polizei mit, dass entlang der Bissstellen der Schafe mehrere DNA-Proben genommen und zur Untersuchung an das Laboratoire de Biologie de la Conservation de l’Université de Lausanne gesendet wurden. Und weiter: «Diese Untersuchungen ergaben, dass die Schafe von einem Wolf gerissen wurden.»

Zur Herkunft des Wolfes konnte das Labor keine Angaben machen. Es geht jedoch davon aus, dass die eher schwachen Verletzungen mit geringer Bisskraft von einem frisch aus einem Rudel abgewanderten Jungwolf stammen.

Martin Ziegler, der Leiter des Zuger Amtes für Wald und Wild, weist darauf hin, dass alles auf ein Einzeltier hindeute. «Ziehende Jungtiere können auf der Suche nach einem geeigneten Lebensraum oder einem Partner mehrere hundert Kilometer zurücklegen.»

Noch darf der Zuger Wolf nicht geschossen werden

In der Zwischenzeit habe es keine weiteren Hinweise gegeben, die auf ein Wolfsvorkommen im Kanton Zug hindeuten. «Somit ist es gut möglich, dass sich der Wolf nicht mehr im Kanton Zug aufhält.» Ziegler weiter: «Mit der aktuellen Regulierung von Wolfsrudeln, wie sie zurzeit in anderen Kantonen im Gange ist, hat der vorliegende Fall nichts zu tun.»

Zur Frage, was der Kanton nun unternehme, sagt Ziegler: «Wir beobachten die Situation, gehen allfälligen Meldungen nach und informieren bei Verdachtsfall die Nutztierhaltendenden über den SMS-Warndienst. Dies in der Hoffnung, dass sie ihre Herden so gut wie möglich schützen.» Komme es zu einem Vorfall, werde der Pikettdienst der Wildhut aufgeboten, um allfällige Sofortmassnahmen einzuleiten.

Seit Anfang Dezember gilt eine neue Abschusspraxis für Wölfe. Der Wolf, der kürzlich in Zug Schafe riss, ist – bis jetzt – davon ausgenommen. Ziegler dazu: «Im aktuellen Fall ist der Wolf für den Tod von 14 Nutztieren verantwortlich. Gemäss Jagdverordnung des Bundes kann ein Wolf durch den Kanton zum Abschuss freigegeben werden, wenn er innerhalb eines Monats für den Tod von 15 Nutztieren verantwortlich gemacht werden kann.» Trete dies ein, werde das Amt für Wald und Wild aufgrund des erheblichen Schadens den Abschuss des Wolfes durch Fachpersonen verfügen.

Betroffener Landwirt wird vor Herausforderungen gestellt

Die 14 Schafe, die Mitte November getötet wurden, gehörten Christian Horat, einem Landwirt aus Zug. Er hatte bereits von Anfang an vermutet, dass nicht ein Hund für den Riss verantwortlich war. «Ein Hund würde ein Lamm nicht vom Feld bis zum Wald tragen, wie es hier der Fall war», erklärt er gegenüber zentralplus.

«Ich war überzeugt, dass nicht wir die Ersten sein würden.»

Christian Horat, Zuger Landwirt

Für ihn sei schon längst klar gewesen, dass es nur eine Frage der Zeit sei, bis der Wolf auch im Kanton Zug Nutztiere reisse. «Ich war jedoch überzeugt, dass nicht wir die Ersten sein würden, sondern die Bauern im Ägerital.» Horat bleibt pragmatisch: «Der eine hat Glück, der andere hat Pech.»

Wie weiter mit dem Wolf?

Gewissheit zu haben, dass der Schaden einem Wolf zuzuschreiben ist, verkompliziert Horats Situation. Denn der Wolf zwinge ihn, massiv in den Herdenschutz zu investieren. «Wie ich das genau mache, weiss ich noch nicht. Es führen Wanderwege durch meine Weiden. Ausserdem habe ich einen offenen Stall.»

Seine heutigen Zäune können von Rehen problemlos überquert werden. «Stromnetze würden dies verunmöglichen und schlimmstenfalls dazu führen, dass Wildtiere darin verenden. Und es ist schliesslich nicht das Ziel, dass es keine Rehe mehr auf dem Gebiet gibt. Auch für Igel wären die Stromnetze problematisch.» Ausserdem fragt sich der Landwirt, wie die Finanzierung der Herdenschutzmassnahmen geregelt gehen solle. Im Kanton Zug hatte man bis vor kurzem noch keine Erfahrungen mit Wolfrissen gemacht.

«Die Lämmer waren völlig verstört, assen zwei Tage kaum und lagen nur da.»

Christian Horat, Zuger Landwirt

Zu wissen, dass seine Schafe vom Wolf gerissen wurden, hat aber zumindest einen positiven Aspekt. «Damit habe ich Anspruch auf eine Vergütung durch den Bund. Wäre es ein Hund gewesen, wäre ich leer ausgegangen. Jedenfalls wenn unklar geblieben wäre, wer der Halter ist. Immerhin beträgt der Schaden einige tausend Franken.»

Derzeit sind Horats restliche 110 Schafe in Sicherheit. «Noch am selben Tag des Risses habe ich sie von der Weide geholt. Die Lämmer waren völlig verstört, assen zwei Tage kaum und lagen nur da. Mittlerweile geht es ihnen wieder gut.»

Verwendete Quellen
  • Medienmitteilung der Zuger Polizei
  • Telefonat mit Landwirt Christian Horat
  • Schriftliche Anfrage bei Martin Ziegler vom Amt für Wald und Wild
7 Kommentare
Apple Store IconGoogle Play Store Icon