Politiker fordern Haltung

Wichtiges Puzzleteil des Ukraine-Konflikts sitzt in Zug

Gemäss Franz Grüter machen Schweizer und Zuger Sanktionen in Bezug zur Nord Stream 2 Pipeline keinen Sinn. (Bild: woz/zvg)

Der Ukraine-Konflikt dominiert seit Wochen die Medien und spitzt sich in diesen Tagen immer mehr zu. Ein Puzzleteil der angekündigten Sanktionen gegen Russland sitzt in Zug: der Konzern hinter der Nord Stream 2 Pipeline. Die Rolle der Schweiz und Zug spaltet die Meinungen hiesiger Politiker.

Obwohl der Ukraine-Konflikt derzeit in aller Munde ist, scheint er sich für uns in der Schweiz meilenweit weg abzuspielen. Doch die Spannungen der derzeitigen Krise sind näher, als du glaubst. Ein entscheidender Schalthebel der Weltpolitik befindet sich mitten in Zug.

Russischer Gaskonzern hat Sitz in Zug

Es geht um die geplante Gaspipeline Nord Stream 2. 2019 fertig gebaut, wartet Russland nur noch auf die benötigten Bewilligungen, um den Betrieb zu starten. Und die Steuerungszentrale der Pipeline liegt mitten in Zug an der Baarerstrasse. Dort ist der Firmensitz der Nord Stream 2 AG – und dort wird quasi wortwörtlich der Gas- und damit der Geldhahn für Russland auf- respektive zugedreht.

Denn: Mehrheitsaktionärin des Konzerns dahinter, die Nord Stream AG, ist die Gazprom. Deren Mehrheitsaktionär ist wiederum der russische Staat (zentralplus berichtete). Das Gasunternehmen gerät damit ins Visier westlicher Staaten. So hat beispielsweise der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz als Sanktion für Russlands Anerkennung der separatistischen Gebiete der Ukraine die Bewilligung für die Gasleitung Nord Stream 2 gestoppt, wie die «NZZ» berichtet.

Die Schweiz zeigt sich hingegen zurückhaltend. Zwar bezeichnet das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten das Vorgehen Russlands als «schamlose Verletzung internationalen Rechts» und fordert Russland auf, diese Tat rückgängig zu machen. Sanktionen, wie beispielsweise den Stopp des Nord-Stream-2-Projekts anzufordern, seien aber vorerst nicht geplant (zentralplus berichtete).

Zuger Grüne fordern Haltung gegenüber Nord Stream 2

Auch die Zuger Regierung folgt diesem Kurs. Gegenüber der «SonntagsZeitung» beteuert Volkswirtschaftsdirektorin Silvia Thalmann-Gut: «Grundsätzlich ist der Bund für aussenpolitische Fragen zuständig. Diese Aufgabenteilung respektiert der Regierungsrat.» Dass die Firma Nord Stream 2 AG potenziell in einen gefährlichen geopolitischen Konflikt involviert sei, sei für den Kanton kein Thema.

Für diese «Laissez-Faire»-Haltung der Zuger Regierung hagelt es Kritik von der Alternativen – die Grünen. In einer Interpellation fordert die Fraktion vom Kanton Zug eine klare Haltung zum Projekt Nord Stream 2. Und was es brauchen würde, damit die Verwicklungen des Konzerns in den Konflikt für Zug zum Thema wird.

Das ist den Grünen jedoch nicht genug. Die Jungen Grünen und die Grünen der Schweiz haben zu einer Protestaktion vor dem Firmensitz von Nord Stream 2 aufgerufen (zentralplus berichtete). «Wir wollten ein Zeichen setzen für Frieden, Menschenrechte und Demokratie. Wir zeigen, dass uns bewusst ist, dass die Schweiz und besonders Zug eine Mitverantwortung tragen», erklärt Julia Küng, Co-Präsidentin der Jungen Grünen Schweiz. Aus ihrer Sicht stehe die Schweiz und auch Zug in der Pflicht, die Firma Nord Stream 2 nicht länger zu dulden.

Franz Grüter: «Sanktionen sind kein probates Mittel»

Anders beurteilt jedoch der Luzerner SVP-Nationalrat Franz Grüter die Lage. Der Präsident der Aussenpolitischen Kommission räumt zwar ein, dass die Lage sehr angespannt ist: «Wladimir Putin will mit aller Kraft und Konsequenz die Ukraine davon abhalten, einem westlichen Bündnis (NATO/EU) beizutreten.» Davon lasse er sich vermutlich kaum abbringen, wie er meint. Gegenüber dem «Blick» sagt Grüter, dass Russland von der Nato und den USA die Garantie erhalten müsste, dass die Ukraine kein Nato-Mitglied wird.

Statt Sanktionen zu erlassen, sollte die Schweiz jedoch viel eher an ihrer diplomatischen Tradition festhalten «und als neutraler Kleinstaat versuchen, gute Dienste anzubieten.» Die Forderung der Grünen nach Sanktionen beurteilt er kritisch: «Sanktionen sind kein probates Mittel, treffen oft die Zivilbevölkerung und dürften insbesondere im Bereich der Energieversorgung auch Konsequenzen für den Westen haben.» Zudem sei Russland gewohnt mit Sanktionen umzugehen – deshalb dürften sie auch kaum eine Abkehr von Russlands derzeitigem Handeln bewirken.

Den Hebel gerade bei der Nord Stream 2 Pipeline anzusetzen, sieht Grüter kritisch: «Eine Blockade von Nordstream oder Gazprom würde vermutlich der westlichen Energieversorgung massiv mehr Schaden zufügen als dem russischen Staat.»

Wie es aussieht, schliesst der Bund allfällige Sanktionen jedoch nicht komplett aus. Der Bundesrat teilte am Mittwochabend mit, dass er derzeit die Reaktionen der Nachbarländer beobachte: «Der Bundesrat will vermeiden, dass die Schweiz als Umgehungsplattform für die von der EU erlassenen Sanktionen benutzt werden kann.»

Verwendete Quellen
  • Artikel der «NZZ»
  • Twitter-Profil des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten
  • Artikel der «SonntagsZeitung» (hinter Paywall)
  • Medienmitteilung des Bundesrats zum Ukraine-Konflikt
  • Artikel des «Blick»
  • Interpellation der Alternative – Die Grünen Zug
  • Schriftlicher Austausch mit Julia Küng, Co-Präsidentin Junge Grüne Schweiz
  • Schriftlicher Austausch mit Franz Grüter, SVP-Nationalrat und Präsident der Aussenpolitischen Kommission
  • Medienberichte von zentralplus
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