Regionalverkehr am Anschlag

Stadtbahn Zug: Es wird noch enger, bevor es besser wird

Die Zuger Stadtbahn ist seit 2004 im Einsatz. (Bild: SBB)

Das S-Bahn-System des Kantons Zug ist ein Opfer seines eigenen Erfolgs. Die Nachfrage ist derart gestiegen, dass die Züge zu Spitzenzeiten komplett überlastet sind. Ist es Zeit für mehr Linien und Doppelstockzüge?

Bis zu 150 Meter lang sind die S-Bahn-Züge der Zuger Stadtbahn. Rund 660 Personen können darin transportiert werden. Während der Stosszeiten wird es nicht selten eng – sehr eng sogar.

Angesichts des fortschreitenden Bevölkerungswachstums in Zug dürfte sich die Situation künftig weiter verschärfen. Claus Soltermann (GLP) und Heinz Achermann (CVP) wollen vom Regierungsrat deshalb wissen, ob er eine Weiterentwicklung der Stadtbahn in Betracht zieht. Die Regierung winkt grösstenteils ab, zeigt aber kleinere Möglichkeiten auf.

Rotkreuz boomt, der ÖV bekommt es zu spüren

Mit Rotkreuz werden schon seit einiger Zeit Begriffe wie  «Entwicklungsschwerpunkt», «Hotspot» oder «Boom-Region» verbunden. Es ist unumstritten, dass in Rotkreuz einiges geht – nicht erst seit der Eröffnung des Informatik-Departements der Hochschule Luzern letztes Jahr.

Die Entwicklung schlägt sich im ÖV nieder: Mit dem  Fahrplanwechsel im kommenden Dezember werden zwei neue Buslinien ab Rotkreuz verkehren und die Buslinie 53 (Küssnacht am Rigi–Rotkreuz) wird zur Hauptverkehrszeit im 15-Minutentakt geführt (zentralplus berichtete).

Während auf der Strasse also mehr realisierbar ist, gibt es auf der Schiene kaum Möglichkeiten für einen Ausbau des Angebots: Weder bei den zur Verfügung stehenden Trassen noch bei den Fahrzeugen besteht grösserer Spielraum, heisst es in der Antwort der Zuger Regierung auf die Anfrage der beiden Parlamentarier.

Auch Doppelstöcker wären überlastet

Angesichts der Überlastung der S-Bahnen wollen Soltermann und Achermann wissen, wie sich der Kanton für den Einsatz von Doppelstockzügen stark machen könnte. Das bringt ohnehin nichts, antwortet die Regierung. Sie verweist auf eine Studie der SBB, wonach vom Einsatz von doppelstöckigen Fahrzeugen auf der S1 abzuraten sei.

Das Ein- und Aussteigen dauert bei Doppelstöckern länger. Um den Fahrplan einzuhalten, müssten daher Haltestellen gestrichen werden. Zudem würden die doppelstöckigen Züge praktisch gleich viel Platz bieten wie die sogenannten FLIRT-Züge, die derzeit im Einsatz stehen.

Die SBB sehen zurzeit keine Möglichkeit, kurzfristig doppelstöckiges Rollmaterial aus dem eigenen Bestand für die Stadtbahn Zug herauszulösen. Neue Züge zu bestellen mache wenig Sinn, da dies mit «langwierigen Beschaffungsverfahren» verbunden wäre. Demnach würde es acht bis zehn Jahre dauern, bis sie ausgeliefert würden.

Alles hängt vom Ausbauschritt 2035 ab

Für die Regierung steht fest, dass kurzfristig praktisch gar nichts auszurichten ist: «Ein Befreiungsschlag ist mit dem Bahnausbauschritt 2035 in Sicht, mit dem die Stadtbahn markant entlastet werden kann. Bis zu diesem Zeitpunkt werden sogenannte Überlasten bei einzelnen Zügen der S1 kaum zu vermeiden sein.»

Heisst: Solange der Zimmerberg Basistunnel und der Durchgangsbahnhof Luzern nicht Realität sind, kann kaum etwas verbessert werden. Und selbst der «Befreiungsschlag» hat einen hohen Preis: Aufgrund der Bauarbeiten muss ab 2026/2027 «mit Kapazitätseinschränkungen infolge Langsamfahrstellen, Gleissperrungen und Aushubtransporten» gerechnet werden. 

Fahren bald Sonderbusse für Schülerinnen?

Die Zuger Regierung sagt es ganz unverblümt: Starke Auslastungen auf kurzen Distanzen sind auch «in anderen städtischen Räumen üblich und zumutbar». Dennoch führt sie Ideen ins Feld, wie die Situation auf dem Netz der Stadtbahn unabhängig von der Schiene verbessert werden könnte.

Konkret geht es darum, dass Verkehrsspitzen «geglättet» werden. Dabei spiele der «Schülerverkehr» eine zentrale Rolle. Mit dem letzten Fahrplanwechsel wurden, dank einer «gezielten Anpassung der Unterrichtszeiten», stark belastete Kurse im Bahn- und Busangebot entlastet. Diesen Ansatz will die Regierung weiterverfolgen.

Es sei vorstellbar, dass zu gewissen Zeiten die überfüllten Züge durch den Einsatz von Direktbussen für «bestimmte Kundengruppen» entlastet würden. Schüler wären eine solche Kundengruppe. Es ist möglich, dass sie per Bus direkt zur Schule statt zur Stadtbahn gebracht werden.

Punktuelle Extrazüge möglich

Aber zurück zu Rotkreuz: Gemäss der Regierung besteht die Möglichkeit, dass «punktuell» Entlastungszüge zwischen Zug und Rotkreuz verkehren könnten. «Damit könnten kritische Kurse der S1 gezielt entlastet werden.»

Da ein solches Angebot aber ausserhalb des Systems läge, müsste es bei jedem Fahrplan neu geprüft werden. Die SBB klären derzeit ab, ob und wie ein geeignetes Fahrzeug bereitgestellt werden könnte.

Auswirkungen von Corona beobachten

Bringen diese Ideen die gewünschte Entlastung? «Ich werde die Antworten der Regierung zunächst noch weiter analysieren müssen», sagt Kantonsrat Claus Soltermann auf Anfrage. «Im Prinzip bin ich aber offen dafür, mittelfristig die genannten Entlastungsmöglichkeiten mittels weiterer Vorstösse voranzutreiben.»

Tatsache sei aber, dass die Corona-Pandemie das Verhalten der Bevölkerung im ÖV verändert habe – zumindest kurzfristig. «Man wird beobachten müssen, wie sich die Auslastung des ÖV nun entwickelt – eine deutliche Zunahme ist aber jetzt schon wieder spürbar.»  

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