SVP droht Rauswurf aus Krienser Gemeinderat

Ist er der «Totengräber der Konkordanz»?

CVP-Kandidat Franco Faé in seinem Krienser Geschäft für Rasenmäher und Motorgeräte. (Bild: zVg)

Franco Faé gegen Martin Zellweger. CVP gegen SVP. Polit-Profi gegen Polit-Neuling. Diesen Sonntag entscheidet sich, ob die SVP ihren Sitz im Gemeinderat verteidigen kann. zentral+ nimmt zuerst Faé in den verbalen Schwitzkasten – und erfährt einiges über Totengräber, zerstörte Wahlplakate, mögliche Blamagen und tiefen Schlaf.

Diesen Sonntag entscheidet das Krienser Stimmvolk im zweiten Wahlgang, wer als fünfter Mann in den Gemeinderat gewählt wird. Es treten an: Franco Faé (57) seitens CVP und Martin Zellweger (53) für die SVP.

Im ersten Wahlgang versuchte die SVP ihr Glück noch mit Einwohnerrat Patrick Koch. Doch das ging schief. Mit 1621 Stimmen lag Koch zwar nur knapp hinter Simon Konrad (FDP, 1707 Stimmen), aber weit abgeschlagen hinter Franco Faé (CVP, 3176 Stimmen), der das absolute Mehr nur knapp verfehlte. Das war für die SVP eine Klatsche, hätte sie doch aufgrund ihres Wähleranteils und des Konkordanzgedankens Anspruch auf den Sitz des in die Regierung wegbeförderten SVP-Mannes Paul Winiker. In der Folge wechselte die SVP ihren Kandidaten aus und setzt nun auf den Polit-Neuling Zellweger.

zentral+ nahm sich die beiden Kandidaten nochmals zur Brust. Als Erstes konnten wir mit dem Krienser CVP-Präsidenten Franco Faé sprechen.

zentral+: Franco Faé, am Sonntag entscheiden die Krienser, ob Sie oder Martin Zellweger in den Gemeinderat gewählt werden. Langsam nervös?

Franco Faé: (lacht) Nein, überhaupt nicht.

zentral+: Sicher? Wie wichtig ist Ihnen die Wahl?

Faé: Ich habe keinen Grund, nervös zu sein. Aber wichtig ist mir die Sache natürlich schon.

zentral+: Wie stark haben Sie in den letzten Wochen Wahlkampf betrieben?

Faé: Ich habe zwar viel Arbeit in meiner Firma, habe aber auch an diversen Standaktionen teilgenommen. Zudem mussten wir ein paar Wahlplakate, die zerstört wurden, wieder aufstellen. Wir machen deswegen aber keinen Aufruhr und verschicken Medienmitteilungen, wie das andere getan haben … soll offenbar gute Werbung sein!

zentral+: Träumen Sie manchmal vom Wahlkampf?

Faé: Nein, ich schlafe sehr gut.

zentral+: Sie können auch gut schlafen und trotzdem vom Wahlkampf träumen?

Faé: (lacht) Klar mache ich mir auch Gedanken, was ab nächster Woche sein wird, etwa, ob es etwas zu organisieren geben wird. Wobei ich noch gar nicht weiss, wann ich bei einer allfälligen Wahl mein Amt antreten könnte. Möglicherweise schon per 1. November. Das sind wir noch am Abklären.

War der lachende Dritte des 1. Wahlgangs: Franco Faé, CVP-Parteipräsident und Gemeinderatskandidat.

War der lachende Dritte des 1. Wahlgangs: Franco Faé, CVP-Parteipräsident und Gemeinderatskandidat.

(Bild: bra)

zentral+: Würden Sie bei einer Wahl Geschäftsführer Ihrer Rasenmäher-Firma bleiben?

Faé: In der Firma haben wir das intern schon vorbesprochen. Ich würde sicher während einer Übergangsfrist noch gewisse Funktionen im Geschäft ausüben. Das Gemeinderatsamt umfasst momentan wohl so ein 60- bis 70-Prozent-Pensum. Die Geschäftsübergabe ist bereits seit letztem Jahr in Vorbereitung und wird in absehbarer Zeit abgeschlossen. Zudem ist auch mein Bruder in der Firma tätig.

zentral+: Wie sind die Reaktionen Ihrer Kunden? Gibt’s auch kritische Voten, weil Sie den SVP-Sitz attackieren?

Faé: Keine einzige negative Reaktion von Kunden, im Gegenteil. Zwar musste ich vonseiten der SVP hören, ich sei der «Totengräber der Konkordanz». Meine Meinung dazu ist: Die SVP hätte einen Kandidaten bringen müssen, der dem Anforderungsprofil gemäss VLG (Verband Luzerner Gemeinden) und der CVP entspricht. Das war mit Patrick Koch nicht der Fall. Und ich habe im 1. Wahlgang ein sehr gutes Resultat erzielt, ich habe ja nur ganz knapp das absolute Mehr nicht erreicht. Deshalb haben viele gesagt, es wäre gegenüber meinen Wählern ein Affront, wenn ich nicht mehr antreten würde. Das sieht auch meine Partei so.

zentral+: Das hoffen wir doch. Würden Sie gewählt, hätte die CVP zwei und die SVP keinen Sitz mehr im Gemeinderat. Dies, obwohl die beiden Parteien etwa gleich viel Wähleranteil haben. Und Sie hätten gar kein schlechtes Gewissen?

«Falls ich gewählt würde, sollte man die Konkordanz bei einer nächsten Vakanz im Gemeinderat wieder herstellen.»

Faé: Nein, ganz sicher nicht. So oder so gilt es den Entscheid der Stimmberechtigten zu akzeptieren. Falls ich gewählt würde, bin ich mir bewusst, dass man die politische Konkordanz bei einer nächsten Vakanz im Gemeinderat wieder herstellen sollte. Wobei man die Konkordanz immer dreht und wendet, wie es einzelnen Parteien gerade passt. In Kriens hätte eine wirkliche politische Konkordanz aber andere Folgen: Die SVP wäre wohl im Gemeinderat, aber gemäss Wähleranteilen vielleicht nicht unbedingt die Grünen.

zentral+: Das werden die nicht gerne hören. Was kriegt der Wähler eigentlich, wenn er Sie wählt?

Faé: (überlegt) Ich bringe sicher sehr viel Erfahrung mit, mit 14 Jahren als Gemeinderat in Rain. Der Wähler bekommt zudem jemanden, der sich den Aufgaben in Kenntnis der Sache in Kriens annimmt, ein Teamplayer sowie ein zuverlässiger und verlässlicher Partner ist. Darum auch mein Wahl-Slogan: Mit Stil, Erfahrung und Weitsicht.

zentral+: Klingt zumindest schon mal gut. Welches sind Ihre grössten Schwächen?

«Für das Amt des Sozialvorstehers hätte ich mich wohl nicht zur Verfügung gestellt.»

Faé: (überlegt lange) Ich kann bei Anfragen kaum Nein sagen. Wenn ich helfen kann, helfe ich … (überlegt weiter) Nun ja, ich hätte jetzt nicht unbedingt Sozialvorsteher werden wollen. Für dieses Amt hätte ich mich wohl nicht zur Verfügung gestellt. Aber ob das eine Schwäche ist?

zentral+: Die Unlust aufs Sozialdepartement wäre zumindest für viele nachvollziehbar. Würden Sie gewählt, würden Sie aber Finanzchef der Gemeinde Kriens mit 27’000 Einwohnern. Dann hätten Sie mit einem Budget von gut 170 Millionen Franken zu tun. In Rain waren Sie zwar auch Finanz- und Schulverwalter. Aber in Rain leben etwa 2500 Personen, das Budget beträgt um die 12 Millionen. Das ist eine andere Schuhgrösse, oder?

Faé: Das ist so, das ist ein anderer Rucksack, und davor habe ich sicher den notwendigen Respekt. Aber ich kann sicher von mir sagen, dass ich meine Arbeit als Finanzverwalter in Rain gut gemacht habe. Ich war zuverlässig und habe, so glaube ich, keine einzige Gemeinderatssitzung in 14 Jahren verpasst.

Franco Faé vor dem Krienser Gemeindehaus nach seinem guten Abschneiden beim ersten Wahlgang.

Franco Faé vor dem Krienser Gemeindehaus nach seinem guten Abschneiden beim ersten Wahlgang.

(Bild: bra)

zentral+: Welches sind die grössten Herausforderungen für Kriens und wie wollen Sie diese angehen?

Faé: Am wichtigsten sind ganz sicher die Finanzen. Kriens sollte vorderhand keine neuen Investitionen beschliessen, bevor die geplanten abgeschlossen sind. Wir müssen Ausgaben und Einnahmen langfristig in Einklang bringen. Wenn das Wachstum wie in der Finanzplanung, z.B. im neuen Zentrum Kriens, stattfindet, sollten wir auf dem richtigen Weg sein. Aber es braucht Disziplin aller Departemente.

zentral+: Wir drücken die Daumen. Wie stehen Sie zur Forderung von Regierungsrat Guido Graf, dass der Bund Asylgesuche von Menschen aus Eritrea künftig restriktiver beurteilen soll?

Faé: (zögert keine Sekunde) Da stehe ich voll und ganz dahinter.

zentral+: Warum?

Faé: Weil man sich da aufgrund der Ausgangslage wirklich Gedanken machen muss, wer als Wirtschaftsflüchtling hierherkommt und wer wirklich an Leib und Leben verfolgt ist. Letzteren muss natürlich geholfen werden.  

zentral+: Kriens hat 2011 Nein gesagt zu Gemeindefusionen – wie haben Sie dazumals abgestimmt und wie stehen Sie heute dazu?

Faé: Ich bin kein Freund von Fusionen, aber ich setze mich ein für eine enge Zusammenarbeit unter den Gemeinden. Gestimmt habe ich damals entsprechend mit Nein. Denn bei einer Fusion gehen aus meiner Sicht viele Werte einer Gemeinde verloren, welche nicht durch kleine finanzielle Vorteile ersetzt werden können.

«Ich glaube nicht, dass Lothar Sidler im Frühling für mich über die Klinge springen muss.»

zentral+: Das sah der damalige Gemeinderat anders, der war dafür. Aber lassen Sie uns jetzt in die Zukunft blicken: Nächstes Jahr finden im Frühling Gesamterneuerungswahlen statt. Dann dürfte es für die CVP schwer werden, beide Sitze im Gemeinderat zu halten. Theoretisch wäre es deshalb möglich, dass der nur mässig beliebte CVP-Gemeinderat Lothar Sidler wegen Ihnen abgewählt würde, oder?

Faé: Wir haben uns alle Szenarien überlegt. Aber ich bin überzeugt, dass Lothar Sidler, der übrigens ein Quereinsteiger war, nun auf gutem Weg ist. Er macht gute Arbeit, und ich glaube nicht, dass er im Frühling für mich über die Klinge springen muss. Wer gute Arbeit leistet, wird wieder gewählt. Das haben wir zuletzt diesen Frühling bei Regierungsrat Marcel Schwerzmann gesehen.

zentral+: Wenn Sie Recht haben mit Lothar Sidler, könnte es sein, dass Sie dafür nächsten Frühling nicht wiedergewählt werden. Das wäre etwas peinlich, oder?

Faé: Das hab ich mir schon auch überlegt. Aber es muss den Wählern ja auch bewusst sein, dass ich nur ein paar Monate Einarbeitungszeit habe und in dieser kurzen Zeit kaum wegweisende Resultate erzielen kann. Das werden die Stimmbürger in dieser kurzen Zeit auch kaum erwarten. Ich gehe deshalb kaum von einer Abwahl aus.

zentral+: Letzte Frage: Sie sind 57 Jahre alt, …

Faé: … oje, das hat mir jetzt gerade noch gefehlt… (lacht) …

zentral+: … haben Sie noch genügend Pfupf für das anspruchsvolle Gemeinderatsamt?

Faé: (sehr entschlossen) Absolut, ich bin voll motiviert, diese echte Herausforderung anzupacken. Ich habe innerhalb der CVP ein ganz tolles Team hinter mir, das mich unterstützt.

zentral+: Aber nach zwei Amtsperioden wäre 2024 für Sie mit 65 Jahren Schluss, oder? Genügen gut acht Jahre im Gemeinderat?

Faé: Es stimmt, ich könnte längstens zwei Amtsperioden machen, das ist realistisch. Aber acht Jahre sind eine gute Zeit, um etwas in Kriens zu bewegen.

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