«Der Gemeinderat betreibt taktische Spielereien»
Dem Rischer Gemeinderat weht ein rauer Wind entgegen. Die kritischen Stimmen aus der Bevölkerung gegen das geplante Grossprojekt Binzmühle nehmen zu – und mit ihnen die Vorwürfe gegen die Gemeindevertreter.
«Ich habe grundsätzlich nichts gegen das Grossprojekt Binzmühle. Aber mit dieser Erschliessung funktioniert das einfach nicht», sagt Kurt Dönni. Seit bald 50 Jahren wohnt der 64-Jährige an der Binzmühlestrasse in Risch. Ausserdem ist er seit 2002 aktives Mitglied im Rischer Bürgerrat. Nun macht er sich Sorgen um «sein» Quartier. Das geplante Bauprojekt Binzmühle würde dieses nämlich nachhaltig verändern (siehe Box unten). Deshalb hat Dönni zusammen mit Nachbarn Einsprache dagegen erhoben.
Die neuen Wohnungen, die auf dem Gehöft entstehen sollen, das geplante Wohnheim sowie die angedachte Überbauung sollen allesamt über die Binzmühlestrasse erschlossen werden. «Die Zufahrtsstrasse ist dafür nicht geeignet», meint Dönni. Seine Worte äussert er mit tiefer Gelassenheit. Aber das Unverständnis gegenüber dem Rischer Gemeinderat ist nicht zu überhören. «Seitens der Gemeinde behauptet man, das ginge problemlos. Dabei funktioniert es bereits heute nur mit Einschränkungen.»
Der Bauer am Walky Talky
Wie zu Illustrationszwecken bestellt, fährt just in diesem Moment ein Bauer auf seinem Traktor das Strässchen hoch. «Die haben immer ein Funkgerät dabei, um sich mit entgegenkommenden Fahrzeugen absprechen zu können», erklärt Dönni, während er dem vorbeifahrenden Bauern zum Gruss zuwinkt. «Die Fahrzeuge können sich auf dieser schmalen Strasse nicht kreuzen. Der Mehrverkehr, den die neuen Wohneinheiten mit sich brächten, würde die Situation arg verschärfen.»
Dönni und weitere Einsprecher sorgen sich nicht nur über den Mehrverkehr an sich, sondern machen auch sicherheitsspezifische Bedenken geltend: «Direkt an der Strasse liegt der Kindergarten Binzmühle. Und auch sonst befinden sich hier viele spielende Kinder, die gerade bei schönem Wetter mit Rollerskates und Fahrrädern unterwegs sind.» Der Kindergarten würde im Zuge des Bauprojekts zwar um einige Meter verschoben, aber das im Quartier gelegene Naturschutzgebiet wird wohl auch künftig von Fussgängern und Velofahrern besucht.
«Wenn ich eine solche Überbauung planen würde, dann würde mir das mit dieser Zufahrtsstrasse sicher nicht bewilligt werden.»
Kurt Dönni, Anwohner Binzmühlestrasse in Risch
Taktische Geplänkel
Nichtsdestotrotz versuche der Rischer Gemeinderat mit allen Mitteln, das Grossprojekt zu realisieren. Für Dönni ist klar: «Wenn ich eine solche Überbauung planen würde, dann würde mir das mit dieser Zufahrtsstrasse sicher nicht bewilligt werden.»
Der Gemeinderat startete indessen eine Charme-Offensive: Die geplante Wohnzone auf dem Landwirtschaftsland wurde massiv zurückgestuft. Die Baufläche betrug ursprünglich 12’500 Quadratmeter, nun sind es noch 6500 Quadratmeter. Anstatt 60, sollen nun 30 Wohnungen entstehen. Auch die geplanten Bauten selbst fallen nun kleiner als gedacht aus. Diese Redimensionierung soll die Anwohner offenbar milde stimmen.
Der Gemeinderat betreibe taktische Spielereien, so der Vorwurf der Einwender. Der jüngste Streich aus dem Rischer Gemeindehaus: Über das Gesamtprojekt Binzmühle wird nun doch nicht an der Gemeindeversammlung, sondern an der Urne befunden. Um die Gemeindeversammlung nicht zu überladen, so die Begründung (zentralplus berichtete).
Für die Einsprecher ist jedoch klar: «Unsere Chancen, dass das Projekt gebodigt wird, wären an der Gemeindeversammlung deutlich besser, als wenn darüber an der Urne abgestimmt wird. Wir Anwohner hätten an der Versammlung im Gemeindehaus die Möglichkeit, unsere Vorbehalte direkt einzubringen. Eine Urnenabstimmung ist viel unpersönlicher.»
Ab in den Urlaub
Schützenhilfe bekommen Anwohner der Binzmühlestrasse von den Grünen Risch-Rotkreuz. Schon früh hat sich die Partei gegen das Grossprojekt Binzmühle ausgesprochen – wenn auch aus anderen Beweggründen als die direkten Anwohner (zentralplus berichtete). Von ihr stammt denn auch eine der insgesamt fünf Einwendungen, die im Zuge der öffentlichen Auflage gegen das Projekt eingegangen sind. «Hier wurde extrem geschludert», sagt Parteipräsident Heinz Widmer auf Anfrage. Seine Kritik: Die Vorlage sei veraltet, unverständlich und fehlerhaft.
Bei der Einwohnergemeinde selbst äussert man sich sehr verhalten zur Sache. Der Rischer Bauchef Ruedi Knüsel bestätigt zwar, dass insgesamt fünf Einwendungen getätigt wurden. Mehr dazu sagen möchte er jedoch partout nicht: «Die Eingaben werden nun bearbeitet. Wegen diversen Ferienabwesenheiten werden die Beschlüsse zum weiteren Vorgehen erst nach den Sommerferien gefasst.»
Abwarten lautet also die Devise. Dem hat sich auch Kurt Dönni verschrieben. Man werde sich über die Sommermonate gedulden, sagt er. Danach wolle er weiter für seine Sache kämpfen und versuchen, die Rischer Bevölkerung in dieser Sache auf seine Seite zu ziehen.
Das Grossprojekt in Kürze |
Das Binzmühlegehöft in Risch ist in desolatem Zustand und muss dringend saniert werden. Kostenpunkt: 10 Millionen Franken. Die sanierten Räume beziehungsweise Wohnungen, die dann in den Altbauten des Hofes entstehen sollen, sind für die Vermietung auf dem freien Markt vorgesehen. Ausserdem soll im Hofareal für 3,7 Millionen Franken ein Neubau realisiert werden, den die Gemeinde der Zuger Stiftung Phönix als Wohnheim langfristig vermieten möchte. Um das Ganze finanzieren zu können, beabsichtigt der Rischer Gemeinderat, ein Landstück von rund 6500 Quadratmetern Grösse in eine Wohnzone umzuzonen. Ursprünglich betrugt diese Fläche 12’500 Quadratmeter. Der Rischer Gemeinderat hat die Vorlagen für das Gesamtprojekt Binzmühle verabschiedet. Vom 10. Juni bis 11. Juli 2016 lagen die entsprechenden Papiere öffentlich auf. Die Urnenabstimmung ist auf den 27. November 2016 angesetzt. |
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