Planung des Durchgangsbahnhofs betroffen

Sensationsfund im Seebecken: Luzern ist 2400 Jahre älter als angenommen

Forschungsteam Paläoökologie der Universität Bern auf dem schwimmenden Ponton zur Entnahme von Schlagbohrkernen. (Bild: Universität Bern)

Bei Untersuchung im Luzerner Seebecken haben Forschende Reste einer jungsteinzeitlichen Pfahlbausiedlung gefunden. Der Fund wird voraussichtlich den Bau des Durchgangsbahnhofs beeinflussen.

Die Stadt Luzern ist um 2400 Jahre älter, als bisher angenommen und geht somit auf das Jahr 3400 v. Chr zurück. «Wir können mit den jetzigen, neuen Erkenntnissen eindeutig belegen, dass die Geschichte Luzerns mit einer jungsteinzeitlichen Pfahlbausiedlung beginnt. Das ist wirklich eine Sensation – und bedeutet, dass schon vor 5400 Jahren Menschen im Gebiet der heutigen Stadt siedelten!», lässt sich Kantonsarchäologe Jürg Manser dazu zitieren.

Zutage gebracht hat das eine archäologische Untersuchung im Luzerner Seebecken. Sie fand im Rahmen des Vorprojektes für den Durchgangsbahnhof Luzern (DBL) im Herbst 2021 statt. Man wollte erforschen, ob auch im Bereich des geplanten Seetunnels mit archäologischen Befunden zu rechnen ist.

Denn bereits vor drei Jahren hatten Experten im Luzerner Seebecken erstmals Reste einer bronzezeitlichen Pfahlbausiedlung entdeckt – allerdings aus der Zeit um 1000 v. Chr. Also deutlich jünger.

Im Luzerner Seebecken liegen die Reste jungsteinzeitlicher Dörfer

Bei den neusten Untersuchungen stiessen sie Forscher 1,5 Meter unter dem Seegrund auf eine dunkle Schicht mit hohem organischem Anteil und Holzkohle. Sie fanden ausserdem für diese Zeit typische Keramikfragmente und verbrannte Getreidekörner. Mit einem Sonargerät konnten sie zudem Pfahlstellungen und Geräte aus Feuerstein feststellen.

Gelb: Perimeter Seetunnel –Orange Sterne: bronzezeitliche Fundstellen, entdeckt 2020 –Roter Kreis: 2022/23 neu entdeckte jungsteinzeitliche Siedlungsstelle. (Bild: Geoinformation Kanton Luzern / Kantonsarchäologie Luzern)

Das spricht dafür, dass im Luzerner Seebecken die Reste eines oder mehrerer jungsteinzeitlicher Dörfer liegen, schreibt der Kanton jetzt in einer Mitteilung. Die Entdeckungen belegen auch, dass der Seewasserspiegel in früheren Jahrtausenden deutlich tiefer lag als heute und sich der See erst seit dem Mittelalter so präsentierte, wie wir ihn heute kennen.

Der Bau des Durchgangsbahnhofs wird durch den Fund beeinflusst

Nach den ersten Untersuchungen sei klar, dass vor Baubeginn des Durchgangsbahnhofs archäologische Rettungsgrabungen im Luzerner Seebecken erforderlich sind, schreibt der Kanton weiter. Die Entdeckung werde somit den Bau des geplanten Seetunnels beeinflussen. Verzögerungen soll es aber keine geben.

In den kommenden Jahren kommen weitere Herausforderungen auf die Forschenden zu. Die bisherigen Untersuchungen haben beispielsweise auch im nördlichen Teil des künftigen Seetunnels Hinweise auf archäologische Befunde ergeben. Es ist nicht auszuschliessen, dass hier nebst den ur- und frühgeschichtlichen weitere Epochen wie etwa die römische Zeit belegt sein könnten.

Erst wenn die weiteren Untersuchungsergebnisse vorliegen, können die Befunde priorisiert, die Grabungsdauer bestimmt und die Grabungskosten berechnet werden. Die finanziellen Verpflichtungen werden dann Gegenstand weiterer Abklärungen zwischen dem Kanton und der SBB bilden, informiert der Kanton.

Bei der Erforschung des Seebeckens kann sich Luzern auf grosse Expertise verlassen. Im Auftrag der beiden betroffenen Departemente BUWD und BKD war 2021-2022 ein Team von international renommierten, in Unterwasserarchäologie spezialisierten Wissenschaftlerinnen an den archäologischen Voruntersuchungen beteiligt. So etwa von der Stadt Zürich und den Universitäten Bern, Basel und Kopenhagen.

Verwendete Quellen
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9 Kommentare
  • Profilfoto von Fritz Meyer
    Fritz Meyer, 27.09.2023, 16:59 Uhr

    Das sind doch sensationell tolle Neuigkeiten. Jetzt lernen wir von unseren Vorfahren aus der Jungsteinzeit, dank diesem Fund, dass es auch noch andere Werte und Wege gibt.

    Eine tolle Gelegenheit um für alle ohne Gesichtsverlust aus diesem Projekt auszusteigen. Die Stadt Luzern will und braucht keinen Tiefbahnhof im Herzen der Stadt. Das wussten anscheinend schon die Pfahlbauer. Danke.

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    • Profilfoto von Markus Rotzbeutel
      Markus Rotzbeutel, 28.09.2023, 06:06 Uhr

      Och nee, die Auswirkungen sind leider nicht auf den Bahnhof beschränkt – die Autobahnvergrösserung wird eben auch tangiert. Mega Traurig. Müssten wir leider auch absagen.

      Und wo kommt die Ausstellung zu diesem Thema wohl hin? Der Bahnhofparking ist an einem geeigneten Ort, den können wir direkt zum Museum umnutzen. Den Parking braucht oder möchte ja sowieso Niemand.

      Bleibt nur noch das Thema: Ausgrabungslogistik – die Gräber brauchen wohl trockenes Land um ihre Gerätschaften zu lagern. Dieses können wir nur schaffen in dem wir die Achse Schwanenplatz-Luzernerhof zum Privatverkehr schliessen, womit sich zwei Fahrspuren erübrigen.

      Endlich sind alle Problemlis gelöst ❤️.

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  • Profilfoto von Markus «Wolfi» Rotzbeutel
    Markus «Wolfi» Rotzbeutel, 27.09.2023, 16:09 Uhr

    Älter als gedacht, und doch jünger als der Wolf.

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  • Profilfoto von Hampi R.
    Hampi R., 27.09.2023, 10:27 Uhr

    Ich hätte den Haptbahnhof nach Emmen verlegt und so würden einige Milliarden gespart. Die aufgezeigten Kosten reichen bei weitem nicht – eigentlich auch nichts Neues. Nun, die Akteure spielen ja nicht mit ihrem Geld sondern mit fremden Geld (Volksvermögen).

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    • Profilfoto von Leodegar
      Leodegar, 27.09.2023, 10:37 Uhr

      Aufgrund der europäischen staatspolitischen Entscheidungen der letzten drei, vier Jahre, wird die taumelnde Wirtschaftsleistung und damit fehlendes Steuersubstrat solche Milliardenprojekte ohnehin verunmöglichen. Und das ist noch das kleinste Problem. Nur will man dies aktuell noch nicht wahrhaben und ignoriert es bis auf Weiteres.

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    • Profilfoto von Markus Rotzbeutel
      Markus Rotzbeutel, 27.09.2023, 16:08 Uhr

      Kleines Problem: die Menschen möchten oder müssen nach Luzern, nicht nach Emmen. Grossbahnhof Emmen bringt nüt, es müssen weiterhin gleich viele Sitzplätze in die Stadt angeboten werden, und schon sind wir zurück beim alten Kapazitätsproblem.

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  • Profilfoto von Gruesse vom Einhorn Schlachthaus
    Gruesse vom Einhorn Schlachthaus, 27.09.2023, 09:49 Uhr

    Und man hat ebenfalls herausgefunden: Damals herrschte in Luzern ein matriarchalisch orientierter Stadtadel.

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  • Profilfoto von Sigi Blum
    Sigi Blum, 27.09.2023, 09:02 Uhr

    Und Zack hat der Bund ein Argument mehr, auf den Bau des dringend notwendigen Tiefbahnhofs zu verzichten oder den Baustart auf den St. Nimmerleinstag zu verschieben. Man kann sich auch selbst aus dem Rennen nehmen…..Archäologische Funde in Ehren, aber das darf nun wirklich kein Grund sein für jahrelange Verzögerungen….

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    • Profilfoto von Benno F.
      Benno F., 27.09.2023, 12:53 Uhr

      Weshalb soll der Durchgangsbahnhof so dringend notwendig sein? Weil es Ihnen die Politiker vorkauen?

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