Jetzt ist das Urteil da

Muttermord von Meierskappel: Tochter schuldig

Das Luzerner Krminalgericht spricht eine 48-jährige Schweizerin des Mordes schuldig. (Bild: Symbolbild Adobe Stock)

Das Luzerner Kriminalgericht spricht eine 48-jährige Schweizerin des Mordes schuldig. Sie hat im April 2020 ihre Mutter in Meierskappel umgebracht. Dafür soll die Frau lebenslang hinter Gitter.

«Dann habe ich meine Mutter zurückgestossen, sie hat gestossen, ich habe gestossen. Es war ganz, ganz viel Blut. Ich wollte Hilfe holen, ich bin ganz sicher. Ich musste die Blutung stillen, irgendwann habe ich ein Kissen gefunden, ich wollte es ihr unter den Kopf schieben. Sie hat mich so beschimpft, sie hat nicht aufgehört, sie hat einfach nicht aufgehört.»

Der 20. Dezember 2023, Mittwoch vor Weihnachten. Es ist kurz vor Mittag, als im grossen Saal des Luzerner Kriminalgerichts aus einer zierlichen, dunkelhaarigen Frau in Rollkragenpulli und Blazer herausbricht, was entweder eine ehrliche oder eine taktische Gefühlsregung ist. Vor einem vollen Gerichtssaal, unter den Augen etlicher Pressevertreter und unter Tränen gibt die 48-Jährige zu, was ihr die Luzerner Staatsanwaltschaft vorgeworfen hat: Dass sie im April 2020 ihre Mutter getötet hat (zentralplus berichtete).

Gericht erkennt auf Mord

Der Ankläger forderte in dem mit Spannung erwarteten Prozess (zentralplus berichtete) eine lebenslängliche Gefängnisstrafe wegen Mordes, der Verteidiger der Hauptangeklagten plädierte auf Totschlag. Seine Mandantin, so der Verteidiger, habe nicht skrupellos gehandelt. Vielmehr habe sie sich in einem psychischen Ausnahmezustand befunden, sei unter Medikamenteneinfluss gestanden und reagiere aufgrund einer Persönlichkeitsstörung rigide, wenn sie sich über längere Zeit ungerecht behandelt fühle. Die Tat könne nur als Totschlag qualifiziert werden, der aber nicht angeklagt sei. Deshalb, schlussfolgerte der Verteidiger an diesem Mittwoch vor Weihnachten, müsse seine Mandantin freigesprochen werden.

Fast fünf Wochen später wird bekannt: Die Argumentation des Verteidigers ging ins Leere. Das Luzerner Kriminalgericht verurteilt die Schweizerin zu einer lebenslangen Freihheitsstrafe. Wegen Mordes, versuchten Mordes und weiterer, untergeordneter Delikte. Zudem muss die Frau eine ambulante Therapie machen. Das Urteil, das erst im Dispositiv und noch ohne Begründung vorliegt, stammt vom 5. Januar und ist seit heute öffentlich.

Der Fall wird an die nächste Instanz gehen

Ebenso klar ist: Der Fall ist nicht abgeschlossen, sowohl die 48-jährige Schweizerin als auch ihre Nebenbeschuldigte, die das Gericht unter anderem wegen Begünstigung zu einer bedingten Freiheitsstrafe verurteilt hat, haben Berufung eingelegt. Der Muttermord von Meierskappel bleibt also ein mutmasslicher Muttermord, als Nächstes wird sich das Luzerner Kantonsgericht des Falles annehmen.

«Ich bin ein Monster geworden. Aber ich wollte nicht, dass das passiert, ich wollte meinem Mami nicht wehtun.»

Beschuldigte vor Gericht

So dürfte in einem erneuten Prozess die Frage aufgeworfen werden, was an einem Frühlingsabend 2020 in einer Villa in Meierskappel geschehen ist. Wie die Staatsanwaltschaft in ihrer Anklage schreibt, soll die Tochter ihre reiche Mutter aus Rache ermordet haben, weil diese nicht mehr das Leben der 48-Jährigen finanzieren wollte und sie nach einem gescheiterten Giftmordversuch enterbt hatte.

Staatsanwalt: Brutale und skrupellose Tat

Daher habe die Tochter ihre Mutter im April 2020 aufgesucht, sei durch ein Fenster ins Haus eingestiegen, als diese die Tür nicht öffnen wollte. Im Gang sei der Streit eskaliert, die Tochter habe den Kopf der Mutter mehrmals auf einen Treppenabsatz geschlagen, sie gewürgt und mit einem Kissen erstickt. Die Tochter, so der Staatsanwalt vor Gericht, habe ihre Tat «besonders brutal» und damit besonders verwerflich ausgeführt, weshalb ein Mord vorliege.

Derweil schilderte der Verteidiger vor Gericht ein Mutter-Tochter-Verhältnis, wie es zerrütteter kaum sein könnte. «Mutter und Tochter liebten und hassten einander», so der Anwalt. Die Mutter habe ihre Tochter die ganze Kindheit über sozial isoliert und sie von sich abhängig gemacht. Die Mutter habe ihrer Tochter alles gegeben, was diese wollte, sie dafür aber manipuliert und mit Liebesentzug bestraft. Die Tochter habe in einem goldenen Käfig gelebt und sei bis ins Erwachsenenalter von ihrer Mutter abhängig gewesen.

Anwalt: Tochter konnte Mutter gar nicht bewusst töten

«Das imponiert stark und begründet ausgeprägte Vereinsamungsängste», so der Anwalt. Mit Blick auf diese
Ausgangslage sei es «nicht realistisch», dass die Tochter ihre Mutter habe töten wollen. Die Tochter sei «gar nicht in der Lage» gewesen, eine solche Motivation zu entwickeln.»

Im Kern sagte der Verteidiger also, die Tochter habe nicht bewusst gehandelt, als es zur Tötung kam. Das korrelierte mit den Aussagen der 48-jährigen. Zum Gericht sagte diese: «Ich bin ein Monster geworden. Aber ich wollte nicht, dass das passiert, ich wollte meinem Mami nicht wehtun.»

Verwendete Quellen
  • Urteil 2O6 22 153 + 154 des Luzerner Kriminalgerichts
  • Besuch der Verhandlung vom 20. Dezember 2023
  • Schriftliche Anfrage an die Medienstelle der Luzerner Gerichte
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