Umstrittene Initiative

Bundesplatz: Zuerst das Verkehrs-, jetzt das Politchaos

Das Servicegebäude am Bundesplatz soll ein Café werden. Doch ob eine Umnutzung formal korrekt abgelaufen ist, daran gibt es Zweifel. (Bild: ewi)

Der Bundesplatz in Luzern soll hübscher werden. Darüber sind sich alle einig. Doch über das Wie ist eine hitzige Diskussion ausgebrochen. SVP und SP kämpfen dabei für einmal Seite an Seite.

Der Bundesplatz gehört wohl zu den berühmt-berüchtigtsten Ecken der Stadt Luzern. Die Verkehrssituation ist seit Jahren prekär. An kaum einem anderen Ort im Kanton Luzern passieren so viele Verkehrsunfälle wie hier. Und wenn auf der Allmend FCL-Spiele stattfinden, wird der Kreisel regelmässig Schauplatz von wüsten Auseinandersetzungen zwischen den Fussballfans und der Polizei.

Vor diesem Hintergrund mutet die Idee, den Bundesplatz aufzuwerten, zwar berechtigt, aber ebenso kühn an. Ein siebenköpfiges Initiativkomitee hat sich dennoch an die Idee gewagt und 2021 die Initiative mit dem sperrigen Namen «Für den Erhalt des Servicegebäudes und der Lindenbäume am Bundesplatz» lanciert. Die kleine Verkehrsinsel beim Bundesplatz soll zu einem öffentlichen Platz werden und im Servicegebäude ein neues Café entstehen (zentralplus berichtete).

Das Initiativkomitee stösst auf das Projekt an: Markus Schulthess, Adrian Schmid, Julia Schwöbel, Iwan Bühler, Toni Bucher, Birgit Aufterbeck und Rosie Bitterli (von links nach rechts). (Bild: bic)

Die Idee vermochte viele Luzernerinnen zu überzeugen und die benötigten Unterschriften waren rasch beisammen. Und auch im Stadthaus und im Parlament stiess die Idee auf Anklang. Nach Prüfung des Anliegens empfahlen sowohl der Stadtrat als auch das Stadtparlament 2022 die Initiative zur Annahme (zentralplus berichtete). Doch an dieser Stelle wird die Geschichte fast so unübersichtlich wie das Verkehrsgeschehen auf dem Bundesplatz.

Komitee zieht Initiative plötzlich zurück

Erst kritisierte die SP die Vergabepraxis der Stadt für das Café, das am Bundesplatz entstehen sollte. Das Café hätte öffentlich ausgeschrieben werden sollen. Der Stadtrat aber sah vor, direkt mit den Initianten einen Konzessionsvertrag für die Nutzung des Gebäudes auszuarbeiten.

«Nach dem Rückzug der Initiative findet keine Abstimmung statt und es besteht somit kein Auftrag an den Stadtrat, am Bundesplatz aktiv zu werden.»

Gianluca Pardini, SP-Grossstadtrat

Im Juni dieses Jahres folgte ein Bericht der Geschäftsprüfungskommission (GPK) des Grossen Stadtrats, der bei der Vergabe des Auftrags ebenfalls verschiedene Mängel ausmachte. Demnach soll es im Stadthaus gar zu einer Verletzung des Amtsgeheimnisses gekommen sein. Auch wenn der Bericht der GPK Kritik am Vorgehen des Stadtrats übte, hatte dies für die Bundesplatz-Initiative keine Konsequenzen (zentralplus berichtete).

Um diese Verkehrsinsel am Bundesplatz wird derzeit gestritten. (Bild: ewi)

Konsequenzen hingegen hat eine Mitteilung des Initiativkomitees, die nur wenige Tage später auf den Bericht der GPK folgte. So teilte das Komitee mit, dass es die Initiative zurückzieht. Es begründet diesen Entscheid damit, dass der Stadtrat und das Parlament die Initiative unterstützen und zur Annahme empfehlen. «Eine Volksabstimmung erweist sich damit als unnötig», heisst es folglich in der Medienmitteilung des Komitees.

SP und SVP befürchten Stillstand am Bundesplatz

In der turbulenten Geschichte des Bundesplatzes ist das aber noch nicht das letzte Kapitel. Denn Anfang Juli reichten die Fraktionen der SP und der SVP eine dringliche Motion ein, mit der sie den Stadtrat aufforderten, ein Konzept für die Aufwertung des Bundesplatzes zu erarbeiten.

SP-Grossstadtrat Gianluca Pardini begründet auf Anfrage: «Nach dem Rückzug der Initiative findet keine Abstimmung statt und es besteht somit kein Auftrag an den Stadtrat, am Bundesplatz aktiv zu werden.» Es sei nun ein «luftleerer Raum» entstanden, der gefüllt werden muss.

So visualisiert das Initiativkomitee ihr Projekt am Bundesplatz. (Bild: Website / cafe-federal.ch)

Grundsätzlich teilt Pardini das Anliegen der Initianten. Auch er findet, dass der Bundesplatz aufgewertet und die dortigen Lindenbäume erhalten werden sollen. Falls das Servicegebäude jedoch genutzt werden soll, müsse ein entsprechender Auftrag zwingend öffentlich ausgeschrieben werden.

«Auf eine Abstimmung zur Volksinitiative kann deshalb jetzt verzichtet werden.»

Adrian Schmid, Mitglied Initiativkomitee

Warum also die Motion, wenn die Interessen für den Bundesplatz so ähnlich sind? «Es ist nicht Sinn und Zweck einer Initiative, auf die Zustimmung des Parlaments zu warten und dann die Initiative zurückzuziehen – hierfür gibt es Bevölkerungsanträge», findet Pardini. Vom Rückzug sei er deswegen überrascht gewesen. «Sonst könnte man ja bei jeder Initiative so vorgehen, die vom Parlament der Stimmbevölkerung zur Annahme empfohlen wird.» Nun gehe es darum, den Fächer der Möglichkeiten nochmals zu öffnen und ein Projekt zu lancieren – «aber dieses Mal unter klaren Bedingungen».

Komitee ist zuversichtlich

Das Problem an der Sache: Das Initiativkomitee sieht es ganz anders. So erklärt Komiteemitglied Adrian Schmid auf Anfrage von zentralplus: «Stadtrat und Parlament befürworten den Schutz und die Umnutzung des baukulturell bedeutenden Servicegebäudes wie auch den Erhalt der Lindenbäume deutlich. Der Stadtrat hat in seinem Bericht und Antrag geschrieben, dass mit der Gesellschaft Bucher/Bühler deshalb ein Konzessionsvertrag über 20 Jahre mit einer Option auf weitere 20 Jahre abgeschlossen werden soll», so Schmid.

«Auf eine Abstimmung zur Volksinitiative kann deshalb jetzt verzichtet werden. Da der Konzessionsvertrag dem Grossen Stadtrat vorgelegt werden muss, untersteht er auch dem fakultativen Referendum.» Nach der Behandlung der Motion sollen die Konzessionsverhandlungen mit der Stadt Luzern aufgenommen werden.

Schmid, der sich selbst als «Demokratie-Fan» bezeichnet und Stiftungsrat der Schweizer Demokratiestiftung sowie Mitgründer mehrerer Demokratie-Foren ist, betont, dass dieses Vorgehen so korrekt sei. So lässt sich Schmid auf der Website des Komitees zitieren: «Die Schweiz ist weltweit führend mit den Instrumenten der direkten Demokratie. Dank der Volksinitiative Café Fédéral können die Luzerner Stimmberechtigten über eine neue Nutzung dieser baukulturellen Trouvaille der Moderne entscheiden.» Vor diesem Hintergrund mutet der nun erfolgte Rückzug der Initiative zumindest etwas ironisch an.

Die Situation bleibt vorerst chaotisch

Während die einen also zuversichtlich der Eröffnung des Cafés am Bundesplatz entgegenblicken, befürchten andere den Status quo. Ob nun also ein Auftrag für die Stadt Luzern besteht, die Aufwertung des Bundesplatzes anzugehen, kann nur diese selbst beantworten. Gegenüber zentralplus verzichtet sie jedoch darauf. Eine Antwort würde der Stellungnahme zur Bundesplatz-Motion vorgreifen, heisst es auf Anfrage.

Die Situation bleibt darum vorerst – in bester Bundesplatz-Manier – chaotisch.

Verwendete Quellen

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