Bundesplatz Luzern

Amtsgeheimnisverletzung bei der Vergabe des Café Fédéral?

So visualisiert das Initiativkomitee ihr Projekt am Bundesplatz. (Bild: Website / cafe-federal.ch)

Aus dem Servicegebäude auf dem Bundesplatz soll ein Bistro entstehen. Doch die Vergabepraxis stösst auf Kritik. Womöglich kam es gar zu einer Amtsgeheimnisverletzung.

Der Bundesplatz soll in den kommenden Jahren aufgewertet werden. Wo heute ein denkmalgeschütztes Servicegebäude mit öffentlichem WC steht, planen Initianten rund um den Architekten Iwan Bühler seit mittlerweile über zehn Jahren das «Café Fédéral» (zentralplus berichtete). Das Bistro soll in Kombination mit einer kleinen Parkanlage zu einem neuen Treffpunkt in der Stadt werden.

Der Tenor für das Projekt ist durchaus positiv: Sowohl die Stadt als auch eine Mehrheit der Parteien befürworten das Projekt. Kritik äusserte aber die SP: Sie stellte das Vorgehen der Stadt Luzern infrage und reichte einen Vorstoss im Grossen Stadtrat ein. Kritikpunkt: Die Stadt Luzern hat das Projekt nicht wie sonst üblich öffentlich ausgeschrieben.

Vergabe weist Mängel auf

Eine Subkommission der Geschäftsprüfungskommission (GPK) des Grossen Stadtrats führte in der Folge eine Untersuchung durch. Und diese kommt zum Schluss: Die Vergabe weist Mängel auf. Dies geht aus einer am Mittwoch publizierten Mitteilung hervor.

Einerseits kritisiert die GPK, dass der Stadtrat bereits im Jahr 2012 den Initianten zusicherte, dass diese das Projekt bearbeiten können – ohne Ausschreibung. Der Stadtrat begründete die ausgelassene Ausschreibung mit dem Vertrauensschutz: «Weil der Stadtrat damals eine Zusicherung abgab und die Initianten im Vertrauen darauf während Jahren das Projekt weiter bearbeiteten, kann nicht plötzlich davon abgewichen werden», erklärte sich der Stadtrat bereits im Oktober 2022.

Das lässt die GPK so nicht stehen. Im Jahr 2011 sei eine Änderung der Vergabepraxis für Projekte auf öffentlichem Grund absehbar gewesen. Diese gesetzlichen Änderungen erfordern, dass heute Projekte auf öffentlichem Grund vermehrt öffentlich ausgeschrieben werden müssen.

Aber nicht nur das: Gab es überhaupt eine Zusicherung des Stadtrats an die Initianten? Laut der GPK ist dies nicht sicher. Die Aktenlage sei dünn, im Jahr 2012 habe der Stadtrat keinen formellen Beschluss gefällt. Aber auch wenn es einen solchen gab: «Aus Sicht der Subkommission erfolgte die Zusicherung nicht vorbehaltlos, sondern unter bestimmten Bedingungen, welche sich zudem verändert haben.»

GPK vermutet Amtsgeheimnisverletzung

Beim wohl schwersten Vorwurf geht es um eine mutmassliche Amtsgeheimnisverletzung im Zuge der Vergabe. Der Grund: In einem Schreiben der Initianten vom April 2019 bezogen sich diese auf eine Protokollnotiz einer Stadtratssitzung aus dem Jahr 2012. Laut GPK problematisch: «Externe Dritte haben damit auf nicht dokumentierte Weise verwaltungsinterne Informationen erhalten, bevor diese ihnen aktenkundig übermittelt wurden», heisst es in der Mitteilung der GPK.

Im Untersuchungsbericht empfiehlt die GPK als Oberaufsicht über den Stadtrat diverse Änderungen. Etwa solle der Stadtrat die Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen sicherstellen und für mehr Transparenz sorgen. Die GPK betont auch die Bedeutung der Geheimhaltungspflicht. Mitarbeitende sollen stärker für die Geheimhaltungspflicht sensibilisiert werden. Zudem empfiehlt sie, rechtliche Schritte bei Verletzungen der Geheimhaltungspflicht zu prüfen.

Laut Stadtrat ist Amtsgeheimnisverletzung nicht bewiesen

Zum Vorwurf einer Amtsgeheimnisverletzung schreibt der Stadtrat, dass die Äusserung der Initianten im April 2019 nicht zwingend auf eine Amtsgeheimnisverletzung zurückzuführen sei. «Der Stadtrat nimmt Hinweise auf Amtsgeheimnisverletzungen ernst und prüft einzelfallweise, ob Anzeige erstattet werden soll; verschiedentlich wurde dies auch schon getan.»

Die Empfehlungen der GPK, etwa Sensibilisierungsmassnahmen, nimmt der Stadtrat entgegen. Erste Schritte habe der er bereits unternommen, schreibt er in der Mitteilung.

Verwendete Quellen
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9 Kommentare
  • Profilfoto von Rudolf Schweizer
    Rudolf Schweizer, 16.06.2023, 07:43 Uhr

    Das WC Häuschen so sein lassen wie es ist und den Park mit einem Rosengarten versehen.

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    LD, 14.06.2023, 09:30 Uhr

    Eigentlich viel Lärm um wenig, denn wer will da einkehren und verweilen inmitten dieses abartigen Lärms? Und spielende Kinder inmitten eines Verkehrsknotenpunktes mit Lastwagen und ÖV-Bussen? Ein Albtraum. Mit der neuen Überbauung, die irgendwann steht, nimmt der Verkehr noch zu. Die ganze schöne Idee kommt so daher, als würde das Häuschen in einem grossen Park stehen.
    Ich empfehle einen Reflexionspunkt über die audiovisuellen olfaktorischen Auswirkungen von Lärm und Gestank. Ein langfristiges Foschungsprojekt der Universität, das weite Kreise interessieren würde.

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    Lodi, 11.06.2023, 17:45 Uhr

    Projekte die jahrelang, jahrzehntelang auf sich warten lassen
    – Bahnhofstraße
    – Inseli
    – Häuschen am Bundesplatz
    – Überbauung beim Bundesplatz
    – usw, usw

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    Hegard, 08.06.2023, 10:38 Uhr

    10 Jähriges Theater um eine ehemalige Tramm Endstation,darum verstehe ich den ausgegrabener Nahmen Federal schon nicht, «TRAMMLI» würde als Erinnerung besser Passen.Zudem würde ich mich in einem Kreisverkehr sicher nicht erholen und ein Abgas Yankee bin ich auch nicht! WC auffrischen (hat es sowiso zuwenig) ein Take Away Kiosk und fertig

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    • Profilfoto von Marie-Françoise Arouet
      Marie-Françoise Arouet, 08.06.2023, 12:14 Uhr

      Schaun Sie, Hegard, da gibt es doch ein paar Ungenauigkeiten. Das Häuschen war nie eine Tram-Endstation. Sie verwechseln das mit Emmenbrücke. Am Bundesplatz steht eine WC-Anlage, die in Vergangenheit und Gegenwart diversen weiteren Zwecken diente. Da es eben auf dem Bundesplatz steht, weiss der Kenner von Landessprachen, dass der „Nahmen“ (sic!) sich wohl von der Bezeichnung des Platzes herleitet, was keine grosse Ausgrabung nötig macht. Es ist aber erfreulich zu hören, dass Sie kein „Abgas Yankee“ sind. Da bleibt doch Hoffung, dass Sie vielleicht zu den Abgasjunkies gehören, die nach Ihrer Vision dereinst den sicher hochgradig rentablen Take Away Kiosk frequentieren werden.

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    Silvio Bonzanigo, 08.06.2023, 07:37 Uhr

    Stadtrat Adrian Borgula ist leider im Laufe seiner Amtszeit immer dünnhäutiger, rechthaberischer und selbstgefälliger geworden. So liess er sich im Regionaljournal vernehmen, dass er eine Ausschreibung auch heute nicht für nötig erachte, weil er selbst (!) den Eindruck habe, darauf würde sich ohnehin niemand melden. Weil das nur etwas für nicht kommerziell Interessierte sei, die ein Flair für Stadentwicklung haben. Also soll man das Projekt dieser Oase mitten in Lärm und Qualm ruhig B+B überlassen.

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    Herbert Zumstein, 08.06.2023, 06:56 Uhr

    Immer, wenn private Initiativen die Stadt beleben möchten, steht die SP auf die Bremse. Schade. Für städtische Beamte, welche sich mit Vorprojekten zu Zwischennutzungen verwirklichen dürfen, ist aber fast jedes Mittel recht.

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    Marie-Françoise Arouet, 07.06.2023, 13:49 Uhr

    Ach, das „Café Prostata“! Es sieht ja so aus, als ob das tatsächlich kommt. Der Mann mit Hut auf dem Bänkli in der Visualisierung schaut auch schon ganz gespannt in den Stossverkehr auf dem Bundesplatz. Da Architekt, Wirt, Lobby und wohl auch Baufirma und Menukarte seit Jahren feststehen, kann nicht mehr viel schiefgehen. Was erlauben Geschäftsprüfungskommission hier herumzumotzen? Das ist Gastronomie im staatlichen Top-Down-Verfahren mit grünendem Off-Label-Nutzen.

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  • Profilfoto von Apparatschik Tombola
    Apparatschik Tombola, 07.06.2023, 13:13 Uhr

    Mich überrascht diese Klüngelei, diese Vetternwirtschaft und des Weiteren mit Sicherheit auch Begünstigung und Ämtervergabe in der Stadt Luzern nicht die Bohne! Klientelismus. Man kennt und schätzt sich, hat sich gegenseitig im Sack, ist lecker auf Lebzeiten verklebt und verfilzt, die Pensionen und Aufträge fliessen. Schützt seine Einflusssphären gegenseitig hermetisch und wirksam gegen etwaige exogene Einmischung ab. Eine übergeordnete Anweisung der Judikative stört da nur und kann, nein muss, getrost wider Treu und Glauben ignoriert werden. Schliesslich hat man den Willen zur Macht. Klassische Selbstermächtigung einer Exekutive, welche die Bodenhaftung immer mehr verliert. Immerhin berichten die Medien darüber. Noch ist also nicht ganz aller Tage Abend.

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