Weshalb es die Beratungen auch in Zug braucht

Mit diesen Fragen treibt sich eine Zuger Budgetberaterin um

Wie man seine Finanzen in Griff kriegt, weiss Budgetberaterin Beatrice Ligthart. (Symbolbild: Adobestock)

In der Bibliothek Zug führt das Fachzentrum eff-zett neu «Budgetberatungen to go» durch. So soll die Hemmung sinken, über Geld und die eigenen Ausgaben zu sprechen. Wir haben Budgetberaterin Beatrice Ligthart gefragt, wo die Zuger am meisten Geld verprassen – und wie wir einfacher sparen können.

Wir arbeiten. Monat für Monat erhalten wir unseren Lohn. Dennoch ist am Ende des Geldes noch so viel Monat übrig, wird oft geklagt. Und wir fragen uns: Wie ist unser Geld draufgegangen?

Beatrice Ligthart ist Budgetberaterin am eff-zett das Fachzentrum in Zug. Aus ihrem Berufsalltag kennt sie dieses «Phänomen» nur zu gut. «Viele sagen mir: ‹Ich habe in der Schule nie gelernt, wie ich mit Geld umgehen muss.›»

Die meisten kommen – irgendwie – mit ihrem Geld aus. Bis ein Schicksalsschlag sie aus der Bahn wirft. Ein Unfall, eine Krankheit, die Kündigung und die drauffolgende Arbeitslosigkeit. Das Geld fliesst nicht mehr in gleicher Höhe – doch die Miete für die Wohnung muss bezahlt werden. Die Krankenkasse, Steuern, und, und, und …

1. Was und wieso?

«Wenn es ums eigene Geld geht, schämen sich viele», sagt Ligthart. Um diese Hemmschwelle zu senken, bietet das eff-zett das Fachzentrum jeweils einmal im Monat in der Bibliothek Zug kostenlose Budgetberatungen an (siehe Box). Leute sollen spontan vorbeikommen und ihre Fragen stellen.

Du hast Fragen zu deinem Budget?

Die nächsten «Budget-to-go-Beratungen» finden an den Mittwochnachmittagen vom 20. November und 18. Dezember statt.

Zeit: jeweils von 14 bis 16 Uhr. Ort: Bibliothek Zug an der St.-Oswalds-Gasse 21. Die Beratungen sind kostenlos, es braucht dazu keine Voranmeldung.

2. Wer kommt?

Das Angebot werde rege genutzt. Auch im reichen Zug. Von Menschen aus allen sozialen Schichten und in allen Altersklassen.

Budgetberatungen seien bei Menschen gefragt, die in befristeten Arbeitsverhältnissen sind oder Teilzeit arbeiten – oder Lohneinbussen infolge einer Krankheit oder Arbeitslosigkeit haben. «Es kommen Menschen zu mir, die zu viel zum Sterben und zu wenig zum Leben haben. Aber auch Akademiker, Lernende, Rentnerinnen und junge Paare kommen zu den Budgetberatungen», so Ligthart.

Es sei keine Frage des Bildungsnachweises, ob jemand Probleme mit seinen Ausgaben habe: «Es sind nicht nur Leute, die knapp am Existenzminimum leben. Oftmals sind es Lebenssituationen, die sich ändern – und so muss das Budget neu kalkuliert werden.» Das kann der Schritt von der Lehre in die Berufswelt sein, die erste eigene Wohnung mit dem Partner oder dass ein Paar Kinder erwartet.

3. Welche Themen kommen zur Sprache?

Die besprochenen Themen seien vielschichtig, sagt Ligthart. Es kommen Fragen auf, wie man sein Eigenheim finanzieren kann. Oder wie viel Geld man bei einem anstehenden Auslandaufenthalt auf der Seite haben muss, um seine Lebensunterhaltskosten zu decken. Oder wie viel eine junge Erwachsene, die Weiterbildungen absolvieren möchte, vorsparen muss, damit die Überbrückung bis zu den allenfalls gesprochenen Stipendien reicht.

Fragen werden geklärt, wie sich zum Beispiel das Budget im Konkubinat aufteilt. Wenn beide in der Partnerschaft gleich viel verdienen und sich gleich viel um den Haushalt sorgen, ist das einfacher. «Bei grossen Lohndifferenzen, wenn jemand beispielsweise 10’000 und der andere 3’000 Franken verdient, wäre es nicht fair, die gemeinsamen Kosten zu halbieren», sagt Ligthart. Da gelte es eine einvernehmliche Lösung zu finden, die fair für alle Beteiligten sei.

4. Weshalb verschulden sich so viele?

Wie der «Zugerbieter» vergangenes Jahr berichtete, hat sich in den letzten 30 Jahren die Anzahl der ausgesprochenen Zahlungsbefehle im Kanton Zug mehr als verdoppelt. 1990 waren es noch 10’999 Zahlungsbefehle, 2017 bereits 28’207. Besonders die Jungen sind gefährdet, in die Schuldenfalle zu tappen.

Statistiken zeigen, dass bei den 25-Jährigen jeder Vierte verschuldet ist. Das spürt auch Ligthart. «Der höchste Peak liegt bei 21 Jahren – wenn die jungen Erwachsenen aus der Lehre kommen, mehr verdienen und sich prompt Wohnung, Auto und anderes leisten wollen. Sie vergessen, monatlich Rückstellungen für Steuern, Versicherungen und Elektrizität zu machen und sind schliesslich total überfordert, wenn die Rechnung ins Haus flattert.»

5. Wo geben wir zu viel Geld aus?

Klar: Jeder geht anders mit seinem Geld um. Doch gerade in Freizeit und Kleidung werde nicht selten «sehr viel Geld» investiert. Oftmals sei man sich dessen auch gar nicht bewusst. Und gerade der Online-Handel könne verheerend sein. «Man braucht heute nicht mehr das Geld im Sack, um im Internet etwas zu sich nach Hause zu bestellen», so Ligthart. Rechnungen können oft erst später bezahlt oder gar mit Ratenzahlungen abgestottert werden.

Auch die Wohnung sei je nach Einkommen nicht selten zu teuer. Der Dachverband Budgetberatung Schweiz rät, dass die Miete nicht mehr als einen Viertel des Einkommens verschlingen soll. «Für unsere Zugerinnen und Zuger wird das aber knapp», sagt Ligthart. «Ich rate, dass die Wohnungsmiete nicht mehr als einen Drittel des Einkommens ausmachen soll.»

6. Wie haben wir unsere Finanzen besser im Griff?

Das Ziel der Budgetberatungen sei es, Leute dazu zu befähigen, mit ihrem eigenen Geld zu wirtschaften.

Um sparen zu können, muss man erst wissen, wie viel Geld man überhaupt zur Verfügung hat – und was wir damit alles bezahlen müssen. Für die Budgetberatungen wird deshalb eine Budgetvorlage ausgefüllt. Sowohl Fixkosten als auch Ausgaben für Freizeit, Essen, Medien-Abos oder den Besuch beim Coiffeur werden hier aufgelistet.

Und bereits da zeigen sich die ersten Probleme: «Die einen schaffen es locker selbst, all ihre Ausgaben niederzuschreiben. Andere kommen mit zwei Taschen voller Unterlagen zu mir, weil sie damit völlig überfordert sind», erzählt Lightart.

2020 ist mit den Budgetberatungen Schluss

Da der Kanton Zug die Subventionen für die Fachstelle ab Januar 2020 aus Spargründen einstellt, führt die Frauenzentrale Zug die Budgetberatung mit eigenem Geld weiter. Allerdings nur noch «in einem stark reduzierten Pensum» und das bis Ende September 2020.

«Danach ist Schluss, sofern nicht noch ein Wunder geschieht», sagt Ligthart. Und die Folgen seien fatal: «Die volkswirtschaftlichen Konsequenzen werden längerfristig deutlich: Unbezahlte Steuern, unbezahlte Krankenkassenprämien und Schulden sind nur einige davon. Zusätzlich erfahren diese Menschen eine Stigmatisierung, welche zu Scham und allenfalls zu sozialer Isolation führt.»

Für variable Kosten wie Taschengeld, Freizeit und Kleidung wird in der Budgetvorlage ein Betrag definiert, der für persönliche Ausgaben im Budget liegt. Und dann gilt es: Milchbüechli-Rechnung führen.

Einfach geht das heute auch durch eine Budget-App (für Google Play- und iOS-Nutzer). Jedes Mal, wenn man das Portemonnaie zückt, schreibt man den ausgegebenen Betrag auf. Die App zeigt, wie viel Geld jemand bei seinem Einkommen maximal für Kleidung ausgeben darf – und wie viel er in diesem Monat bereits ausgegeben hat.

7. Wie können wir sparen?

Und was hat die Expertin für Spartipps auf Lager? Gerade für die Steuerrechnung empfiehlt sie, den berechneten Beitrag auf den Monat runterzubrechen und diesen Betrag an die Steuerverwaltung zu überweisen. So kann das Geld erst gar nicht zweckentfremdet werden. «Nur den 13. Monatslohn für die Steuern einzuplanen, ist heikel und oft trügerisch», sagt Ligthart. Oftmals flattern gerade Ende Jahr unvorhergesehene Rechnungen ins Haus.

Wenn man den Beitrag auf ein Sparkonto überweist, sei die Gefahr da, für Ferien und persönliche Ausgaben Geld abzuzweigen.

Hilfreich sei auch, täglich einen bestimmten Betrag für Essen von seinem Konto abzuheben. Mit dem Batzen muss man durch den Tag kommen.

8. Welchen Einfluss hat das Budget auf die Beziehung?

Das Budget im Griff zu haben, ist nicht nur für sich selbst gut, sondern auch für die Partnerschaft. Auch schon seien Paare zur Budgetberatung gekommen, die besser in der Paarberatung aufgehoben wären.

«Zu mir kamen auch schon junge Paare, die keine Ahnung hatten, wie viel der Partner oder die Partnerin verdient», sagt Ligthart. Oder Paare, bei denen die Hausarbeit nicht aufgeteilt wird, obwohl beide gleich viel arbeiten und gleich viel Zeit für den Haushalt hätten. «Da stelle ich mir jeweils die Frage: Ist der Aufhänger für den Konflikt eine Frage des Budgets oder der Beziehung?»

Budgetberaterin Beatrice Ligthart. (Bild: zvg)
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