Luzerner Paar greift zu verbotenen Medikamenten

Illegaler Schwangerschaftsabbruch: Ehemann vor Gericht

Illegale Medikamente führten zum Abbruch. (Bild: Flickr: Marco Verch)

Ein Mann muss sich am Freitag vor dem Luzerner Kriminalgericht wegen illegalem Schwangerschaftsabbruch verantworten. Weil sie auf der schwarzen Liste der Krankenkasse waren, sollen sie zu verbotenen Medikamenten gegriffen haben.

Angeklagt ist ein Mann mit Wurzeln im Kosovo, wohnhaft im Kanton Luzern. Zusammen mit seiner Partnerin hat er vier Kinder. Laut Anklageschrift der Luzerner Staatsanwaltschaft realisierten die beiden Ende 2021, dass die Frau wieder schwanger war – ungeplant.

Da sie noch kein weiteres Kind wollten, entschieden sich die Ehegatten für einen Schwangerschaftsabbruch und erkundigten sich bei der Frauenklinik Luzern nach einem Termin.

800 Franken in bar für Arzttermin

Wie es in der Anklageschrift heisst, solle ihnen dort aber gesagt worden sein, dass sie für einen Termin 800 Franken in bar zahlen müssten, weil die Ehegatten noch Schulden bei ihrer Krankenkasse hätten. Dieses Geld hätten die beiden aber nicht aufbringen können. Laut Staatsanwaltschaft hatten der Bauarbeiter und seine nicht arbeitende Frau bereits vielerorts Schulden und lebten in bescheidenen Verhältnissen.

Die beiden sollen sich also entschieden haben, abzuwarten. Bei einem Urlaub in Kosovo soll der Angeklagte schliesslich von einem Bekannten vom Medikament Cytotec erfahren haben. Dieses wird hauptsächlich für die Behandlung von Magengeschwüren eingesetzt, kann aber auch zu einem Schwangerschaftsabbruch führen. In anderen Ländern wird das Präparat denn auch dafür eingesetzt. In der Schweiz ist es zu diesem Zweck aber nicht zugelassen.

Fötus stirbt nach der dritten Tablette

Der Kosovar soll, in Absprache mit seiner Frau, dennoch eine Packung des Medikaments nach Hause mitgebracht haben. Seine Frau nahm laut Anklageschrift schliesslich im Zeitraum von fünf Tagen drei der Tabletten ein. Einen Arzt hätten die beiden nicht konsultiert. Am fünften Tag nach der Einnahme der ersten Tablette sei es schliesslich zu starken Unterleibsblutungen bei der Frau gekommen, und der Fötus sei gestorben. Die Schwangere sei schliesslich in die Frauenklinik Luzern eingeliefert und dort notoperiert worden.

Zu diesem Zeitpunkt war die Schwangerschaft laut Anklageschrift zwischen 16 und 20 Wochen fortgeschritten. In der Schweiz ist ein Schwangerschaftsabbruch bis in die 12. Woche erlaubt.

Angeklagter bereut und kann Strafmilderung geltend machen

Nun muss sich der Ehemann vor dem Luzerner Kriminalgericht verantworten, weil er seiner Frau die verbotenen Medikamente mitgebracht haben soll. Er habe deren Gesundheit sowie das Leben des ungeborenen Kindes bewusst aufs Spiel gesetzt, schreibt die Staatsanwaltschaft. Bestraft wird das mit bis zu fünf Jahren Gefängnis. Die Staatsanwaltschaft beantragt aber lediglich acht Monate Freiheitsstrafe.

Es kämen verschiedene strafmildernde Umstände zum Tragen. So habe der Kosovar seine Frau nicht zur Einnahme der Medikamente und zum Schwangerschaftsabbruch gedrängt. Ausserdem bereue er seine Tat. Leicht strafmildernd sei zudem, dass der Mann geglaubt haben soll, dass der Schwangerschaftsabbruch aufgrund der noch frühen Schwangerschaft erlaubt sei. Die Staatsanwaltschaft beantragt weiter, dass die Freiheitsstrafe aufzuschieben sei bei einer Probezeit von zwei Jahren. Von einem Landesverweis will die Staatsanwaltschaft absehen. Der Kosovar lebe seit vielen Jahren in der Schweiz, sei gut eingegliedert und müsse zudem noch Schulden abzahlen.

Es gilt die Unschuldsvermutung.

Verwendete Quellen
  • Anklageschrift der Luzerner Staatsanwaltschaft
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3 Kommentare
  • Profilfoto von Roli Greter
    Roli Greter, 25.03.2024, 06:48 Uhr

    Beide wollten das Kind nicht, verurteilt wurde jedoch lediglich der Mann. Diese Logik muss man nicht verstehen.

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  • Profilfoto von Lie
    Lie, 24.03.2024, 07:22 Uhr

    Also ich kann seine Gründe nachvollziehen. Er hatte das Geld nicht für einen wichtigen medizinischen Eingriff und ihm wurde nicht geholfen. Und ich bin nun wirklich niemand der sich dafür einsetzt dass Leute die zu viele Kinder haben oder nicht arbeiten alles bezahlt bekommen aber in so einem Fall bin selbst ich dafür

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  • Profilfoto von Jouette
    Jouette, 22.03.2024, 08:18 Uhr

    Soweit sind wir schon. Schlicht unvorstellbar der Druck für das Paar. Was dann so eine
    Notoperation kostet, wissen wir alle. Das Spital war in der Pflicht und hätte vorher handeln müssen.

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