Schlägerei vor Club in Zug

Erst fliegen Fäuste, dann hagelts Strafbefehle

Vor einem Zuger Nachtclub wurde 2021 ein Mann zusammengetreten. (Bild: Adobe Stock)

Drei Männer, schwer betrunken; der falsche Satz, zu oft wiederholt: Die Staatsanwaltschaft Zug büsst zwei Bulgaren mit mehreren Tausend Franken, die einen Partygänger vor einem Nachtlokal zusammengeschlagen hatten. Aber auch das Opfer kommt nicht ungestraft davon.

Wo man Gott nicht überall findet. In Synagogen, Kirchen, Moscheen. Auf einer Pilgerreise vielleicht, in einem Sonnenaufgang. Oder: Um 7 Uhr morgens, an einem Imbissstand.

So geschehen im November 2021 vor einem Nachtclub in Zug. Und nachzulesen in zwei Strafbefehlen der Zuger Staatsanwaltschaft. Diese verurteilt zwei Männer aus Bulgarien zu bedingten Geldstrafen von je 90 Tagessätzen und zu 1’175 und 2’250 Franken Busse. Und zwar wegen sogenannten Raufhandels; also, weil sie an einer gewalttätigen Auseinandersetzung teilgenommen hatten, bei dem sie die Verletzung oder den Tod eines Beteiligten in Kauf nahmen.

Auf das Wortgefecht folgt der Faustkampf

Dabei war die Sache schon so gut wie gegessen, die Nacht dem Tag gewichen, als es zur Schlägerei kam. Kurz nach 7 Uhr am 7. November 2021 trifft Luan Ramaj* vor dem Club auf die zwei Männer, einer damals 31, der andere 32 Jahre alt. «Allahu akbar», ruft Ramaj den beiden Bulgaren zu. Nicht einmal, nicht zweimal, «drei bis vier Mal» habe er gerufen, was im Islam so viel bedeutet wie «Gott ist gross».

Gross aber ist er offenbar nicht für die zwei Männer, die dort am Imbiss stehen. Laut dem Strafbefehl kommt es zu einem «kurzen Wortwechsel» zwischen Ramaj und den Bulgaren. Dann fliegen die Fäuste. Einer schlägt Ramaj ins Gesicht, dieser schlägt zurück. Der zweite Bulgare eilt zu Hilfe, zusammen prügeln sie auf Ramaj ein, bis dieser zu Boden geht. Dort treten die Bulgaren ihr Opfer zusammen, «auf nicht mehr genau bestimmbare Weise» steht im Strafbefehl, sicher aber gegen den Oberkörper.

«Als Folge der Einwirkung», schreiben die Strafverfolger, erlitt Ramaj «eine leichte Gehirnerschütterung und Rötungen im Gesicht.» Zudem trägt er eine Prellung der Halswirbelsäule sowie des Oberkörpers davon.

Schläger hatten wohl über 2 Promille Alkohol im Blut

Im anschliessenden Strafverfahren, das sich bis Mai 2023 hinziehen sollte, stellt sich heraus, was die frühmorgendliche Stunde angedeutet hat: Die drei Männer waren schwer betrunken. Zwischen 1,31 bis 2,23 Promille Alkohol haben die Bulgaren im Blut. Bei Luan Ramaj gehen die Strafverfolger von einem Alkoholpegel zwischen 1,64 bis 2,27 Promille aus.

Deshalb attestiert ihnen die Staatsanwaltschaft eine leicht verminderte Schuldfähigkeit. Das bedeutet: Sie werden weniger hart bestraft, als wenn sie nüchtern gewesen wären. Ein Gericht, oder in diesem Fall eine Staatsanwaltschaft, kann das tun, wenn ein Täter zur Tatzeit nicht oder nur teilweise fähig ist, das Unrecht einzusehen, das er mit seiner Tat begehen wird.

Bulgaren akzeptieren Strafbefehl, nicht aber das Opfer

Das aber heisst nicht, man kann machen, was man will, solange man sich zuvor nur anständig betrinkt. Die Strafmilderung gibt es nur unter der Bedingung: Ein Täter darf zum Zeitpunkt, in dem er sich betrinkt, nicht wissen oder voraussehen können, dass er eine Straftat begehen wird. Diese sogenannte «actio libera in causa» hat die Staatsanwaltschaft verneint und eine verminderte Schuldfähigkeit als gegeben betrachtet.

Die Strafbefehle gegen die beiden Bulgaren sind rechtskräftig. Dabei handelt es sich um Urteilsvorschläge der Staatsanwaltschaft, gegen die sich Betroffene wehren und Einsprache erheben können. Dann käme der Fall vor Gericht.

Genau das passiert im Fall von Luan Ramaj, der zwar am meisten abbekommen haben dürfte, laut den Strafverfolgern aber auch zugeschlagen hat. Deshalb kassierte er ebenfalls einen Strafbefehl. Wie eine Nachfrage bei den Zuger Strafverfolgungsbehörden zeigt, hat er diesen aber angefochten. Nun wird sich das Zuger Strafgericht dem Fall annehmen müssen.

*Name geändert

Verwendete Quellen
  • Strafbefehle 1A 2021 1782 und 1784 der Zuger Staatsanwaltschaft
  • Art. 19 des Schweizerischen Strafgesetzbuchs
  • Schriftliche Anfrage bei den Zuger Strafverfolgungsbehörden
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3 Kommentare
  • Profilfoto von Baldo
    Baldo, 18.07.2023, 10:20 Uhr

    Verstehe ich nicht ganz, darf er sich nicht wehren wenn er geschlagen wird?

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  • Profilfoto von Roli Greter
    Roli Greter, 18.07.2023, 08:50 Uhr

    Strafminderung weil man betrunken ist und keine unbedingte Strafe? Genau mein Humor.

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    • Profilfoto von Jerome Halter
      Jerome Halter, 18.07.2023, 13:56 Uhr

      Ist halt nicht zu schnell gefahren… Finde den Fehler!

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