Im Bistum Basel

Missbrauch: So viele Meldungen erreichten Bischof Gmür

Bischof Felix Gmür spricht von einem «unermesslichen Leid». (Bild: Archiv: zentralplus)

Das Bistum Basel hat während der Amtszeit von Bischof Felix Gmür 183 Meldungen von mutmasslichen sexuellen Übergriffen erhalten. Im Umgang mit einem Missbrauchsfall erhielt Gmür nun eine Mahnung aus Rom.

Die Missbrauchs-Studie der Universität Zürich schlug hohe Wellen. Im letzten September veröffentlichten Historikerinnen Zahlen dazu, wie oft es in der römisch-katholischen Kirche in der Schweiz zu Missbrauch gekommen ist. 1002 Fälle konnten sie belegen – das ist aber nur «die Spitze des Eisbergs» (zentralplus berichtete).

Bistum Basel: 92 Meldungen seit Veröffentlichung der Missbrauchs-Studie

Das Bistum Basel, zu dem auch die Kantone Luzern und Zug gehören, teilte am Dienstag mit, wie viele Meldungen zu sexuellen Übergriffen seit der Amtszeit von Bischof Felix Gmür beim Bistum eingegangen sind. Während der 13-jährigen Amtszeit von Gmür sind insgesamt 183 Meldungen von mutmasslichen sexuellen Übergriffen eingegangen (Stand Ende Februar). Davon entfielen etwa die Hälfte (92 Meldungen) auf die Zeit nach Veröffentlichung der Pilotstudie – so viele, wie zuvor in mehr als 12 Jahren.

Grossmehrheitlich würden sich die gemeldeten Fälle auf einen Tatzeitpunkt im letzten Jahrhundert beziehen. Von den 92 Meldungen, die seit Veröffentlichung der Missbrauchsstudie seit dem 12. September eingegangen sind, betreffen 58 Meldungen mutmassliche sexuelle Handlungen mit Kindern. Zwei Meldungen davon beziehen sich laut heutigem Kenntnisstand auf einen Vorfall im 21. Jahrhundert.

Gemäss Angaben des Bistums Basel würden neue Meldungen teilweise auch Nachfragen zu einem bereits früher gemeldeten Vorfall. Als Meldung gelte jede Kontaktaufnahme, die einen mutmasslichen sexuellen Übergriff betrifft oder in welcher ein solcher Verdacht mitgeteilt wird. Wie es weiter heisst, würden Pfarreien oder Kirchgemeinden kontaktiert werden, sofern sie involviert seien.

Bischof Gmür erhält Mahnung aus Rom

Ebenfalls gibt das Bistum Basel am Dienstag bekannt, dass Bischof Gmür im Umgang mit einem Missbrauchsfall eine Mahnung aus Rom erhielt.

Was ist passiert? Gmür, der 1966 in Luzern geboren wurde, stand im vergangenen Sommer in der Kritik. Wie der «Beobachter» im August publik machte, missbrauchte ein Priester über mehrere Jahre hinweg eine Minderjährige. Gmür soll ihn gedeckt haben. Er hat kirchliche Voruntersuchungen gegen den Priester eingestellt. Zudem soll er es damals unterlassen haben, alle Unterlagen nach Rom zu schicken, wie es im Kirchenrecht Vorschrift ist. Gmür zeigte sich gegenüber dem «Beobachter» erst uneinsichtig. Später räumte er zwei Fehler ein.

Tagebücher weitergegeben

Gmür liess daraufhin den Fall in Rom prüfen. Das Dikasterium für die Bischöfe stellte in seinem Brief vom 16. Februar 2024 zwei Verfahrensfehler fest, wie das Bistum nun mitteilt. Bischof Felix Gmür habe zwar den Ortsordinarius des Beschuldigten pflichtgemäss über den angezeigten Fall informiert. Allerdings sei es nicht ratsam gewesen, die gesamte Dokumentation an diesen weiterzugeben. Gemäss «Beobachter» handelt es sich dabei um Tagebücher des mutmasslichen Opfers. Wegen der Dokumentation habe der angeschuldigte Priester nun Kenntnis der aktuellen Telefonnummer und E-Mail-Adresse des mutmasslichen Opfers.

Gmür hätte vorsichtig sein müssen, damit diese nicht in den Besitz des Beschuldigten gelangten, heisst es nun. Zweitens sei die späte Benachrichtigung des Dikasteriums für die Glaubenslehre über die Anschuldigungen gegenüber dem Priester als formales Versäumnis beurteilt worden, nicht aber als den Versuch einer Vertuschung, wie die gesamte Chronologie der Angelegenheit gut belegen würde.

Gmür habe Priester nicht vertuschen wollen, so das Dikasterium

Das Dikasterium rüffelte Gmür deswegen. Es sprach eine Mahnung aus «wegen mangelnder Vorsicht im ersten und wegen Unachtsamkeit im zweiten Punkt». Gleichzeitig habe es aber auch keine Anhaltspunkte, dass Gmür den Fall absichtlich habe vertuschen wollen oder dem mutmasslichen Opfer zu wenig Respekt entgegenbringe.

Gmür selbst sagt dazu gemäss Medienmitteilung des Bistums Basel: «Ich setze alles daran, dass sich Verfahrensfehler, die insbesondere den Betroffenen zusätzlichen Schaden zufügen, durch die heute geltenden Verfahrensbestimmungen und die standardisierten, unabhängigen Bearbeitungen der Meldungen nicht wiederholen.»

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