Um die Rente aufzubessern

Luzerner Seniorin vertickte 12 Kilogramm Marihuana

In der französischen Krimikomödie «Paulette» von Jérôme Enrico steigt ebenfalls eine Oma in den Drogenhandel ein. (Bild: Screenshot)

Eine 68-Jährige hat über einen Zeitraum von fünf Jahren gedealt. Zuerst mit Gras, dann mit LSD und Ecstasy und schliesslich mit Kokain. Fast 1000 Franken im Monat brachte ihr dieser Nebenverdienst ein – bis sie geschnappt wurde.

Die Frau lebt von einer AHV-Rente von monatlich 1086 Franken. Als Mutter dreier Kinder war sie lange Zeit Hausfrau, später arbeitete sie als Serviceangestellte und Mitarbeiterin bei der Post. Pensionskassengelder oder sonstiges Vermögen hat sie nicht.

Die engen finanziellen Verhältnisse dürften ein Grund sein, weshalb die damals 63-Jährige ins Drogenbusiness einstieg. 2014 tat sie sich mit einem holländischen Lieferanten zusammen, der sie zu einem Einkaufspreis von 8 Franken pro Gramm mit Marihuana versorgte. Sie verkaufte es jeweils zu einem Grammpreis von 12.50 Franken weiter.

Die gebürtige Bernerin packte das Gras jeweils selber in Säcklein mit 4 oder 8 Gramm ab. Über einen Zeitraum von fünf Jahren vertickte sie mindestens 12 Kilogramm Marihuana – und erzielte damit einen Gewinn von mindestens 54'000 Franken. Der Zustupf zur Rente betrug demnach rund 900 Franken pro Monat.

Sukzessive weitete sie das Sortiment aus

Anfang letzten Jahres weitete die Seniorin ihr Tätigkeitsgebiet aus – und nahm LSD und Ecstasy ins Sortiment auf. Sie bezog von ihrem Geschäftspartner 220 Pillen, zunächst zu einem Einkaufspreis von 10, später für 5 Franken. Über fünf Monate verkaufte sie 133 Ecstasy-Pillen und 28 Stück LSD für jeweils 15 Franken. Damit machte sie rund 800 Franken Gewinn.

«Sie schien ihre Taten aufrichtig zu bereuen.»

Staatsanwältin

Kurz vor ihrer Verhaftung im Juni 2019 weitete die Rentnerin ihren Drogenhandel schliesslich auf Kokain aus. Den Stoff bekam sie von zwei neuen Lieferanten, für 60 bzw. 80 Franken pro Gramm. Damit belieferte sie vier bis fünf Kunden in der Stadt Luzern und verlangte von ihnen 100 Franken pro Gramm.

Innerhalb von vier Wochen erwirtschaftete sie so einen Gewinn von rund 630 Franken. Allerdings war das auch ihre letzte Tat. Denn die Polizei kam ihr auf die Spur. Die Frau legte umgehend ein Geständnis ab. «Sie zeigte sich insgesamt einsichtig und schien ihre Taten aufrichtig zu bereuen», ist in der Anklageschrift zu lesen.

Geständnis ermöglicht «Deal» mit der Staatsanwaltschaft

Weil ihr Geständnis das Strafverfahren erheblich erleichterte, wurde der Fall in einem abgekürzten Verfahren behandelt. Dabei einigen sich Staatsanwaltschaft und Verteidigung auf eine angemessene Strafe – und legen dem Gericht ihren Urteilsvorschlag zur Genehmigung vor.

Die Frau hat sich vorher noch nie etwas zuschulden kommen lassen. «Es handelt sich folglich um eine Ersttäterin und es ist davon auszugehen, dass sie aus dem vorliegenden Strafverfahren ihre Lehre gezogen und aus ihren Fehlern gelernt hat», schreibt die Staatsanwältin darin.

Eine letzte Warnung

Der ausgehandelte Vorschlag sah daher folgendermassen aus: Ein Schuldspruch wegen mehrfachen teils schweren Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz und eine Verurteilung zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 16 Monaten. Heisst: Der Vollzug der Strafe wird aufgeschoben. Die Seniorin muss nur ins Gefängnis, wenn sie innerhalb von zwei Jahren rückfällig wird.

Eine Strafe, die das Kriminalgericht Luzern angesichts der Mengen und der Arten der Betäubungsmittel als «gerade noch» angemessen beurteilt. Es genehmigt den Deal zwischen der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung. Die aufgefundene Beute in der Höhe von 12'500 Franken bekommt der Staat.

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6 Kommentare
  • Profilfoto von Elmyr
    Elmyr, 24.07.2020, 18:40 Uhr

    Solange praktisch an jeder Ecke hochprozentiger Alkohol in jeder Menge, praktisch an jeden verkauft wird – und dies für ein paar Franken, ist und bleibt unverständlich, weshalb eine vergleichsweise harmlose Droge wie Cannabis strafrechtlich dermassen verfolgt wird…

    Weit gefährlicher ist es, wenn deshalb unkontrolliert (oft schlechte) Ware weiterhin unter der Hand verkauft werden muss.

    Der Anteil der alkoholbedingten Todesfälle an allen Todesfällen liegt bei den Männern über alle Messjahre stabil bei rund 10%, bei den Frauen hat er von 4 % auf 6 % leicht zugenommen.
    Drei von fünf dieser Todesfälle sind bedingt durch chronisch starken Alkoholkonsum. Alkoholmissbrauch ist ein wesentlicher Risikofaktor bei der Entstehung von nichtübertragbaren Krankheiten.
    Bei jedem achten tödlich oder mit Schwerverletzten ausgehenden Verkehrsunfall in der Schweiz ist Alkohol im Spiel. In den Nächten des Wochenendes ist es sogar jeder zweite Unfall.

    (Quelle BAG)

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  • Profilfoto von Rennaw
    Rennaw, 24.07.2020, 14:12 Uhr

    Hört endlich auf mit der Prohibition und dem kriminalisieren von Kleinen.
    Die Gerichtsbarkeit würde intelligenterweise besser dafür sorgen, dass saubere Ware auf den Markt kommt. Über welche Kanäle, staatliche oder private, sei den Behörden überlassen.
    Bestimmt aber mal die Mafia raus.
    Beste Grüsse
    Rennaw

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  • Profilfoto von weiha
    weiha, 24.07.2020, 13:18 Uhr

    Bitte Frau Berger und ihre schreibenden Kollegen und Kolleginnen sich das jeweilige Wissen zu beschaffen und dies im Sinne der Richtigkeit journalistisch festzuhalten.
    Die erwähnte Frau muss nicht mit der tiefen Rente von Fr. 1086.- leben. Bei uns in der Schweiz haben wir eine Ergänzungsleistung. Und dies kann jeder Mensch, der eine Rente bezieht beantragen. Jährlich haben alle Rentner Anspruch auf ein Einkommen von rund Fr. 32000.- Wenn die Rente nur Fr. 1086.- beträgt erhält er oder sie die Differenz zum Existenzminimum von Fr. 32000 durch die Ausgleichskasse.
    Er muss also nicht dealen.
    Ich halte dies nur darum fest, weil mit der von Ihnen festgehaltenen tiefen AHV Rente schnell eine Haltung entstehen könnte, dass die Frau ja quasi „gezwungen“war mit weichen und harten Drogen zum existenzsichernden Einkommen zu gelangen.

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    • Profilfoto von Lena Berger
      Lena Berger, 24.07.2020, 13:33 Uhr

      Vielen Dank für die Ergänzung. Aus dem Urteil geht klar hervor, dass das Einkommen der Frau ausschliesslich aus der AHV-Rente in der Höhe von 1086 Franken bestanden hat. Im Text steht, dass sie sich dieses mit dem Drogenhandel aufgebessert hat. Aber es ist nirgends die Rede davon, dass sie «quasi gezwungen» war. Selbstverständlich hätte sie Ergänzungsleistungen beantragen können. Nur getan hat sie es offensichtlich nicht.

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  • Profilfoto von bart wakker
    bart wakker, 24.07.2020, 10:43 Uhr

    Legalize it!
    Es gibt genügend Kunden, was soll diese Hetze gegen die Lieferanten?!?

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    • Profilfoto von Lena Berger
      Lena Berger, 24.07.2020, 10:56 Uhr

      Ich verstehe den Kommentar nicht. Inwiefern wird in dem Text gegen die Lieferanten gehetzt?

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