Nachwuchstalent beim Europafinale «Bocuse d'Or»

Luzerner Profikoch: «Auf Dauer ist das nicht gesund»

«Momentan lebe ich für diesen Wettbewerb», sagte Mario Garcia (27) in einem Interview mit zentralplus.

(Bild: ida)

Ehrgeizig und mit Drang zur Perfektion. Beruflich mag es der Koch extravagant, privat möglichst simpel vom Tankstellenshop. Der Krienser Mario Garcia vertritt die Schweiz beim hochkarätigen Kochwettbewerb «Bocuse d’Or». Auch wenn er den Adrenalin-Kick braucht, zieht er bald einen Schlussstrich.

«Es ist ein schmaler Grat, auf dem man sich als Koch bewegt», sagt Mario Garcia. Er läuft in der Küche in seinem eigenen Kochstudio in Horw umher, schnitzt hier etwas, mixt da etwas, erkundigt sich bei seinem Commis – seinem Assistenten – Martin Amstutz, ob sie in der Zeit und im Plan liegen. Ob Garcia gestresst ist? Der 27-Jährige winkt ab.

«Ich brauche den Adrenalin-Kick. Ich messe mich gerne mit anderen», erklärt er. Ende Januar hat er in Genf bereits die Schweizer Ausscheidung des renommiertesten Kochwettbewerbs der Welt, des «Bocuse d’Or», gewonnen (zentralplus berichtete). Damals hat er sich als jüngster Teilnehmer gegen vier Kandidaten durchgesetzt.

Seit vier Monaten laufen die Vorbereitungen für das Europafinale am 11. und 12. Juni in Turin auf Hochtouren. Dort wird unter den 20 Teilnehmenden ausgekocht, wer am Weltfinale in Lyon im Jahr 2019 antreten darf. Und das bedeutet dem Krienser momentan alles.

24 Stunden am Tag

«Momentan lebe ich für diesen Kochwettbewerb», erklärt Mario Garcia, während er sich mit viel Sorgfalt um die Dekoration der Teller kümmert. Sein Arbeitsalltag ist lang und intensiv. Morgens steht der zweifache Junioren-Kochweltmeister um sieben Uhr in seinem Kochstudio «cre/ate» in Horw. Ein Wortspiel von essen und kreieren, das bereits erkennen lässt, dass Kochen für ihn eine Kunst ist.

«Momentan lebe ich für diesen Kochwettbewerb.»

Mario Garcia, Teilnehmer am «Bocuse d’Or»

Was Garcia an seinem grossen Tag am «Bocuse d’Or» kochen wird, kann er noch nicht ganz verraten – denn die Konkurrenz hat ein wachsames Auge. In der Vorspeise finden sich die Pflichtprodukte Castelmagno-Käse und Eier – zusätzlich verwendet er Estragon, Kartoffeln, Zwiebeln und Lauch. Im Hauptgang enthalten sind die Pflichtprodukte Rindsfilet, Kalbsmilke und Risottoreis. Diese verfeinert er mit Trüffeln, Rettich, Buchweizen, Zwiebeln, Raps, Morcheln und Äpfeln. Am Vortag des Wettkampfes wird zusätzlich ein weiteres Pflichtprodukt für die Vorspeise bekanntgegeben. Insgesamt hat er am «Bocuse d’Or» fünf Stunden und 35 Minuten Zeit, alles zuzubereiten.

Über den «Bocuse d'Or»

Der «Bocuse d'Or» wurde 1987 vom französischen Starkoch Paul Bocuse (1926–2018) begründet. Schon damals war der Chef mit drei Michelin-Sternen ausgezeichnet. Der «Bocuse d'Or» gilt als der prestigeträchtigste Kochwettbewerb der Welt und als wichtigster für Profiköche. Ziel ist es dabei, die besten Jungköche der Welt zu ermitteln.

Momentan hat Garcia seine Kochschule, in der er verschiedenste Kochkurse zu schweizerischer Küche, Gourmetessen und vietnamesischem Streetfood anbietet, auf Eis gelegt. Nun tüftelt er bis spät abends an seinen Rezepten, präzisiert diese laufend und kocht, um sich gegen seine Mitstreiter durchsetzen zu können.

Wenn er abends dem Kochherd den Rücken zuwendet, drehen sich seine Gedanken weiter rund um den Wettkampf. Und das macht auch nicht Halt, wenn Garcia in sein Auto steigt. Denn dann habe er seine Ruhe und werde am besten inspiriert.

Wetteifern um jedes Ziel

Zufrieden ist Mario Garcia nur dann mit sich selbst, wenn der Drang nach Perfektion möglichst vollkommen ist: «Ich bin sicherlich ein Perfektionist – manchmal vielleicht fast zu fest», sagt Garcia über sich selbst. In seinen Augen müsse man jedoch auch überehrgeizig sein, sofern man an der Spitze mitkochen wolle. Mit ihm zu arbeiten, sei nicht immer ein Zuckerschlecken. Garcia gibt Anweisungen und er, Martin Amstutz oder Coach Rasmus Springbrunn weibeln in der Küche umher. 

«Dann bin ich wütend auf mich selbst, weil ich weiss, dass ich etwas nicht perfekt gemacht habe.»

Mario Garcia

Bei Misserfolgen reagiere er dementsprechend emotional. «Dann bin ich wütend auf mich selbst, weil ich weiss, dass ich etwas nicht perfekt gemacht habe.»

Mario Garcia (rechts) mit seinem Coach Rasmus Springbrunn (links) und seinem Commis Martin Amstutz.

Mario Garcia (rechts) mit seinem Coach Rasmus Springbrunn (links) und seinem Commis Martin Amstutz.

(Bild: ida)

Sandwiches aus dem Tankstellenshop

Viel Freizeit bleibt Mario Garcia momentan nicht. Doch das gehört zum Berufsbild eines Kochs dazu. Schon früh hat er realisiert, dass man als Koch auch Opfer bringen muss – denn während seine Freunde in der Lehre in den Feierabend gingen, fing der Arbeitstag bei Garcia erst richtig an.

Fehlt ihm nicht etwas? «Fehlen ist das falsche Wort», so Garcia. «Wenn es etwas gibt, das mir fehlt, dann ist es der Sieg am ‹Bocuse d’Or›», sagt er. Doch so ehrgeizig und erfolgsorientiert der Krienser auch scheinen mag, möchte er dennoch bald einen Schlussstrich ziehen und sich nicht mehr an Wettbewerben messen.

«Meine Küche zu Hause ist ziemlich unberührt.»

Mario Garcia

Schon letztes Jahr, als er gerade auf Reisen war, sei er an diesem Punkt angelangt. Denn Wettbewerbe kosten Kraft und rauben einem Schlaf. «Auf Dauer ist das nicht gesund. Irgendwann einmal musst du dir sagen: ‹Jetzt ist gut, jetzt hast du dein Bestmögliches erreicht.›», so Garcia.

Beruflich mag es Garcia gerne extravagant. Etwas vom Speziellsten, das er bis jetzt zubereitet hat, sei ein Seeigel gewesen. Privat bevorzugt er eine schlichte und schnelle Kulinarik. Sein Lieblingsessen sei – typisch schweizerisch – Raclette. «Meine Küche zu Hause ist ziemlich unberührt», gibt Garcia lachend zu. Er sei ein Stammkunde in Tankstellenshops, ernähre sich oftmals von Fertigsalaten und -sandwiches.

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