Schon sieben Gemeinden boykottieren

Luzern zahlt dieses Jahr über eine Million Franken an den Bischof

Die römisch-katholische Landeskirche hat sich an die Luzerner Kirchgemeinden gewandt. (Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Bereits sieben Luzerner Kirchgemeinden haben angekündigt, ihre Zahlungen an den Basler Bischof einzustellen. Die Landeskirche ruft zu einem geordneten Vorgehen auf – zeigt aber Verständnis.

Sie wolle eine Welle lostreten, sagte die Kirchenratspräsidentin von Adligenswil vor einigen Tagen zu zentralplus (zentralplus berichtete). Nach den neuesten Erkenntnissen über Missbrauch in der katholischen Kirche der Schweiz brauche es einen Kulturwandel. Daher werde ihre Kirchgemeinde die Zahlungen an den Bischof einstellen und auf ein Sperrkonto umleiten.

Einige Tage nach dieser Bekanntgabe schliessen sich weitere Kirchgemeinden dem Boykott an. Der Pastoralraum Region Willisau, bestehend aus den Kirchgemeinden Geiss, Gettnau, Hergiswil, Menzberg, Menznau und Willisau, teilt mit, die Zahlungen ebenfalls einzustellen (zentralplus berichtete). Im Pastoralraum sind rund 10'000 Katholiken zuhause.

Ausserdem schliessen sich die Gemeinden den Forderungen von Adligenswil an. Unabhängige Untersuchungen, eine unabhängige Meldestelle, keine Aktenvernichtung und Öffnung der Archive des Papstbotschafters in der Schweiz: Bis diese Forderungen nicht erfüllt sind, soll das Geld auf den Sperrkonten bleiben. Die Kirchgemeinden rufen schweizweit dazu auf, es ihnen gleichzutun.

Kirchenregierung wendet sich an Luzerner Gemeinden

Anfang dieser Woche beschäftigte sich der Synodalrat des Kanton Luzern mit dem aufkommenden Boykott. Der Synodalrat ist die Exekutive der römisch-katholischen Landeskirche, also quasi seine Regierung. Mit einem Empfehlungsschreiben, das zentralplus exklusiv vorliegt, wandte sich der Rat am Dienstagabend an die Kirchgemeinden.

Die Pfarrkirche St. Martin in Adligenswil: Hier nahm der Boykott seinen Anfang. (Bild: Katholische Kirchgemeinde Adligenswil)

«Unmut und Druck in den Kirchgemeinden sind gewaltig, sehr viele Kirchenaustritte sind Tatsache», schreibt der Synodalrat. Er habe Kenntnis von der Entscheidung der Kirchgemeinde Adligenswil. Gleichzeitig zeigt er sich empfänglich. «Der Synodalrat respektiert die Gemeindeautonomie und hat Verständnis für die Massnahme des Kirchenrates Adligenswil.»

Dem Rat ist zum Zeitpunkt des Schreibens noch nicht bewusst, dass sich auch der Pastoralraum Region Willisau dem Boykott anschliessen wird. Er verweist aber auf die «Abläufe innerhalb der Landeskirche bei der Festlegung der Beiträge an das Bistum Basel.» Bedeutet: Er wünscht sich ein koordiniertes Vorgehen.

Zahlung an den Bischof legt das Kirchenparlament fest

Die Beiträge der katholischen Landeskirche Luzern an den Bischof werden jedes Jahr von der Synode festgelegt. Die Synode ist das 100-köpfige Kirchenparlament. Faktisch bestimmen seine Mitglieder damit auch über die Beiträge der Kirchgemeinden an die Landeskirche.

Im Jahr 2023 fliessen insgesamt 1'143'000 Franken aus Luzern an das Bistum Basel. Davon 867'000 Franken als Bistumsbeitrag und 276'000 Franken via Regionalleitung St. Viktor, zu der neben Luzern auch die Kantone Zug, Schaffhausen und Thurgau gehören. Insgesamt entspricht die Summe einem Prozent der eingenommen Kirchensteuer.

«Die Kirchgemeinden haben die Möglichkeit, über ihre Vertretungen in der Synode Einfluss auf die Beiträge an das Bistum zu nehmen.»

Edi Wigger, Synodalverwalter Luzern

Am 8. November wird die Synode sich erneut treffen und die Beiträge für 2024 bestimmen. Wie Synodalverwalter Edi Wigger auf Anfrage mitteilt, werden die Beiträge wohl leicht tiefer sein als im Vorjahr. Dabei könnten auch die einzelnen Gemeinden mitreden, ergänzt er: «Die Kirchgemeinden haben die Möglichkeit, über ihre Vertretungen in der Synode Einfluss auf die Beiträge an das Bistum zu nehmen.»

Doch einige Gemeinden wollen nicht bis November warten – wie die vergangenen Tage gezeigt haben. Auch wenn ihr Anteil an den 1,15 Millionen Franken, die das Bistum aus Luzern erhält, gering ist. Der jährliche Beitrag aus Adligenswil beträgt 12'000 Franken, der aus dem Pastoralraum der Region Willisau 48'000 Franken.

«Es ist den Kirchenräten bewusst, dass die einzelnen Beiträge nicht hoch sind», heisst es dazu in der Mitteilung des Pastoralraums Willisau. In der Gesamtsumme würden sie jedoch relevant. Insbesondere, wenn sich weitere Kirchgemeinden dem Boykott anschliessen.

Verwendete Quellen
  • Schriftlicher Austausch mit Dominik Thali, Fachbereich Kommunikation der katholischen Landeskirche Luzern
  • Medienarchiv zentralplus
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7 Kommentare
  • Profilfoto von Ruedi R
    Ruedi R, 29.09.2023, 00:22 Uhr

    Solidarität ist nun wichtig. Schön, Adligenswil hat hier ein Zeichen gesetzt. Ich hoffe, dass sich möglichst alle (Inner-) Schweizer Pfarrgemeinden solidarisch zeigen.
    Es müssen nun endlich Taten folgen. Das Zölibat muss verschwinden, heute, sofort, nicht erst morgen!!

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    Saskia, 28.09.2023, 13:31 Uhr

    Stoppen. Wie der geplante Geldsegen an die Schweizer Garde in Rom. Für einen säkulären Kanton Luzern.

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      Alain, 28.09.2023, 17:52 Uhr

      Das hat hier nichts mit dem Kanton zu tun.

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      Wöfli, 29.09.2023, 07:20 Uhr

      Das sind kircheninterne Transaktionen, deswegen ist die Forderung eines säkularen Kantons an dieser Stelle am Ziel vorbeigeschossen.

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        Quasimodo, 29.09.2023, 11:58 Uhr

        Das sehe ich jedoch anders….
        Der Kanton macht für die Kirchen das Inkasso der Kirchensteuern. Weshalb juristische Personen (Firmen) ebenfalls Kirchensteuern bezahlen müssen, kann ich nicht nachvollziehen.

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    Jerome Halter, 28.09.2023, 13:22 Uhr

    Ich staune dass die Politik hier so ruhig ist. Ist es denen einfach egal was diese Katholen verbrochen haben? Dass deren Parallelwelt/Justiz dies alles deckt und weiter so gut wie möglich decken wird? Die Katholenkirche sollte als maffiöse Vereinigung eingestuft werden und dem entsprechend gehandelt werden!

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    Loris Fabrizio Mainardi, 28.09.2023, 13:12 Uhr

    Auch einzufordern wäre der Rücktritt von Bischof Gmür: Nachdem er sich über eine «mediale Demontage» beklagte, bläst er zum PR-Gegenangriff. Seine Bekenntnisse gegen Zölibat und für Frauenordination sind indes keineswegs neu und entsprechen seiner notorischen Janusköpfigkeit: Hier der mutige Reformator, in Rom (und Soutane) der linientreue Bischof. Das Schlimmste aber ist sein Mangel an Selbstkritik: Keineswegs hat er nur «zu Beginn» seiner Amtszeit «am meisten Gewicht auf die rechtlich korrekte Durchführung der Verfahren gelegt» und «die betroffenen Personen zu wenig zum Zug» kommen lassen:

    1. In den Fällen Sabo, Riehen und «Nussbaumer» hat er erst auf Druck der Opfer gehandelt – und kirchenrechtliche Meldepflichten verletzt.

    2. Es trifft keineswegs zu, er habe «mit der Zeit einen Perspektivenwechsel vollzogen», liegen doch die neuesten Verfehlungen und Vertuschungen erst wenige Wochen und Monate zurück und beklagte sich das «letzte» Opfer ebengerade über die persönliche Unzugänglichkeit Gmürs.

    3. Gmür belegt mit seinen wiederholten, faktenwidrigen Vertuschungen eigenen Fehlverhaltens (Weitergabe Opferdaten an Täter, fadenscheinige Begründungen für Verzögerungen) Uneinsichtigkeit. In einer ähnlichen Situation hatte der Münchener Erzbischof Marx dem Papst seinen Rücktritt angeboten. Ob Gmür die Einsicht und den Mut findet, zur Abwendung weiteren Schadens für die Kirche dieselbe Konsequenz zu ziehen? Die Landeskirchen wären berufen, in diesem Sinn vorstellig zu werden.

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