Kurde wird des Landes verwiesen

Junger Mann raubte Luzerner Imbiss aus – um seiner Freundin was zu bieten

Mit einem Sackmesser bedrohte der Mann den Wirt, um ihm fast 2000 Franken abzunehmen. (Bild: Karolina Grabowska, Pixabay)

Ein heute 30-jähriger Kurde hat im März 2019 einen Imbiss in Willisau überfallen. Den Wirt bedrohte er mit einem Sackmesser. Mit der Beute wollte er seiner Verlobten ein Geschenk machen – doch nun rückt die Hochzeit in weite Ferne.

Welche Geschichten stecken hinter den Schlagzeilen, die uns jeden Tag erreichen? Viele Polizeimeldungen hören wir einmal, um sie dann gleich wieder zu vergessen. Aber was waren die Hintergründe einer Tat? Und wie ging es danach weiter?

Meist gehen diese Fragen im Alltag verloren. So auch bei der Meldung «Imbisslokal überfallen – doch der Täter kam nur bis Menznau» (zentralplus berichtete). Damals berichteten Medien aus der ganzen Schweiz über den Fall. Polizeihund Dodge erwischte den Täter, schrieben sie. Danach geriet der Fall in Vergessenheit.

Leugnen war zwecklos – Täter versuchte es gar nicht erst

Ein Urteil des Kriminalgerichts Luzern zeigt nun, wie es zu der Tat kam. Der Täter – ein damals 28-jähriger Kurde – war in jener Nacht extra mit dem Zug nach Willisau gereist, um genau dieses Restaurant auszurauben. Via Seiteneingang ging er in den Keller, wo der Betreiber gerade dabei war, Ketchup und Mayonnaise heraufzuholen.

Plötzlich sprang der Mann aus seinem Versteck hervor und drückte dem Wirt ein Sackmesser gegen die Brust. Das Opfer trug zu dem Zeitpunkt fast 2000 Franken auf sich. Der Räuber schnappte sich das Geld und machte sich zu Fuss auf den Heimweg.

Der Polizeihund nahm sogleich die Fährte auf, so dass der Mann in Menznau festgenommen werden konnte. Die Beute und das Sackmesser hatte er noch dabei. Leugnen war zwecklos – und er versuchte es auch gar nicht erst. Umgehend legte er ein Geständnis ab.

Er wollte auch mal etwas Geld heimbringen

Als Motiv gab der Kurde seine schlechte finanzielle Situation und seine Arbeitslosigkeit an. Er war 2015 illegal in die Schweiz eingereist. Hier lernte er seine Freundin kennen, die 2018 ein Gesuch um Familiennachzug stellte – zwecks Vorbereitung zu einer Heirat. Seither wurde der Mann in der Schweiz geduldet.

Zeitweise war er auf dem Bau als Handlanger angestellt. Zur Tatzeit allerdings hatte er diesen Job verloren. Das Paar lebte von der IV-Rente, welche die Frau bezog. Sie habe auch zu wenig Geld, sagte der Mann im Ermittlungsverfahren. Er habe auch gerne einmal zwanzig Franken nach Hause nehmen wollen, deshalb habe er die Tat begangen.

Der Plan ging schief. Heute ist an eine Hochzeit nicht mehr zu denken. Der Mann wurde vom Kriminalgericht zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 14 Monaten verurteilt. Weil er einen Raub begangen hat, kommt es darüber hinaus zu einem Landesverweis von zehn Jahren.

Gemüseverkäufer, Schmuggler, Räuber

«Er beging die Tat vorsätzlich sowie aus rein finanziellen und egoistischen Gründen», heisst es in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft, die den Landesverweis beantragt hatte. Sein Vorgehen sei «äusserst rücksichtslos» gewesen. Die Tat habe psychische Auswirkungen auf das Opfer gehabt – insbesondere durch den Verlust des subjektiven Sicherheitsgefühls.

Der Mann war 1990 in Gerde Chal, dem kurdischen Teil des Iraks, zur Welt gekommen. Eine seiner vier Schwestern ist wegen Saddam Hussein bei einem Chemieangriff im Krieg gegen die Kurden gestorben.

Nach sechs Jahren Schule habe er arbeiten gehen müssen, erzählte der Mann den Ermittlerinnen. Auf dem Markt habe er Gemüse verkauft, aus Holz habe er Gegenstände wie Griffe für Werkzeuge hergestellt und auf dem Bau habe er als Hilfsarbeiter gearbeitet. Am liebsten wäre er Fischer geworden. Doch daraus wurde nichts. Stattdessen arbeitete er später mit seinem Vater als Schmuggler. Sie brachten Waren in den Iran.

Kein Härtefall

Der Mann gab im Strafverfahren an, er wolle seine Freundin heiraten und wie alle anderen hier in der Schweiz leben. Er könne nicht in sein Heimatland zurückkehren. Er habe damals in Kurdistan mit einem Politiker in hoher Position ein Problem gehabt.

Staatsanwaltschaft und Kriminalgericht kamen jedoch zum Schluss, dass kein Härtefall vorliegt. Welche Überlegungen dazu führen, geht aus der Anklageschrift nicht hervor – und das Gericht äussert sich ebenfalls nicht dazu. Da es sich um ein abgekürztes Verfahren handelte, verweist der Einzelrichter lediglich auf die Ausführungen der Staatsanwaltschaft. Das Urteil ist rechtskräftig.

Polizeihund Dodge fasste den Räuber kurz nach der Tat. (zvg) (Bild: Luzerner Polizei)
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