Luzerner Kiffer testen seltsames Cannabis

Ein ganz legaler Joint

Einen Joint aus Gras pur drehen und paffen. Das ist neuerdings ganz legal. Und fährt nicht ein. (Bilder: web)

Das Produkt CPure besteht aus 100 Prozent Schweizer Hanf. Rauchen darf man es trotzdem: Das Gras ist aus THC-armen Hanfsorten gemacht, kommt ohne Tabak aus, und es hat keine berauschende Wirkung. Wozu soll man das Zeugs dann rauchen? zentralplus hat den Test gemacht.

Als Marihuana oder Gras bezeichnet man die getrockneten Blüten der weiblichen Hanfpflanze. An Drüsenhaaren auf diesen Blüten sitzt das «Harz» der Pflanze, mit oft hoher Konzentration von Tetrahydrocannabinol (THC). Dieses wirkt sich beim Kiffen berauschend aus. Und genau das fehlt beim neuen Hanfprodukt. 

Wir haben es trotzdem probiert und dazu zwei Kiffer eingeladen: den 49-jährigen Roberto und die 34-jährige Andrea, die in Wirklichkeit anders heissen. Beide konsumieren seit Jahrzehnten regelmässig Hanf und Hasch – so die geläufigen Namen für das Rauschkraut.

«Ich kiffe, seit ich 17 Jahre alt bin», sagt Roberto. Mal sei es häufiger, mal seltener. «Phasenweise rauche ich täglich und deftig. Dann wieder ein paar Wochen nichts.» Andrea kifft gern hin und wieder zur Entspannung. «Am liebsten Gras aus meinem eigenen Garten.» Beide bezeichnen sich als Genusskiffer ohne Suchtproblematik. Ebenfalls am Testjoint zieht die Autorin und Zigarettenraucherin, die mit Kiffen nichts am Hut hat.

Das sind die Testutensilien: CPure Schweizer Hanf, Golden-Wraps-Papierli, Aschenbecher und Zündhölzli.

Das sind die Testutensilien: CPure Schweizer Hanf, Golden-Wraps-Papierli, Aschenbecher und Zündhölzli.

Ein teurer Spass

Jetzt sitzen wir versammelt am Küchentisch, vor uns die Packung CPure und Rauchzubehör wie Papierli und Streichhölzer. «Mir ist zwar schleierhaft, warum ich Gras rauchen soll, das keine Rauschwirkung hat. Aber schauen wir mal», sagt Roberto und nimmt die Packung unter die Lupe.

«Dieses Zeug ist ja sozusagen nur ein Haufen Heu. Und ein teurer dazu.»
Roberto und Andrea, Testkiffer CPure

24 Franken kostet so ein Teil. «Enorm teuer!», sind sich die Kiffer einig. Zwar würde richtiges Gras in gleicher Menge etwa 100 Franken kosten. «Aber davon spürt man ja auch was. Dieses Zeug ist ja sozusagen nur ein Haufen Heu. Und ein teurer dazu», lachen die Tester. Das Gras wird auf den Tisch geschüttet. «Gut sieht es aus, die Blüten sind dicht und satt», urteilen beide und schnuppern dran.

«Es riecht nach Gras. Allerdings nach solchem, das zu lange gelagert ist und schon etwas modert», meint Andrea und Roberto rümpft die Nase. «Also ich weiss nicht … es könnte genauso gut auch Katzenminze sein», sagt er. Was die versierten Kiffernasen bemängeln, empfindet die Autorin anders: «Für mich riecht das ganz eindeutig nach Gras!»

Das THC-freie Gras ist dicht und mühsam zum Auseinanderdröseln.

Das THC-freie Gras ist dicht und mühsam zum Auseinanderdröseln.

Kein Harz und keine Samen

Roberto macht sich daran, die Blüten auseinanderzurupfen, damit sie zum Joint gedreht werden können. Tabak wird nicht beigemischt. Was sofort auffällt: Es hat kein einziges Sämli dabei, wie das zum Teil bei schlecht gemachtem Eigenanbau der Fall ist. «Und das Harz fehlt. Es klebt nichts an den Fingern, das ist ungewohnt», sagt Roberto.

«Das Auseinanderdröseln der Blüte könnte eine moderne Beschäftigungstherapie für Ex-Kiffer sein.»
Roberto, Testkiffer

Trotzdem findet er es mühsam, das Gras zu präparieren: Die Blüten sind extrem dicht und fest. «Das Auseinanderdröseln der Blüte könnte eine moderne Beschäftigungstherapie für Ex-Kiffer sein.» Geschafft ist es dann doch, das Gras wird aufs Papierli gestreut und eingerollt. Andrea greift zum Zündholz und gibt Feuer, Roberto nimmt den ersten Zug. Er inhaliert tief, die Rauchwolke ist entsprechend gross. «Zieht gut, das Teil», sagt er und reicht den Joint zu Andrea weiter.

Weit und breit kein Flash

Nach ein paar Probezügen ihr Fazit: «Der Rauch kratzt nicht im Hals, das ist wegen des fehlenden Harzes», sagt sie und gibt dem Produkt dafür einen Pluspunkt. Geschmacklich tönt es anders. «Schmeckt wie uraltes Gammelgras.» Roberto wiegelt ab, findet es auch geschmacklich ganz angenehm.

«Das ist noch absurder als vegane Würstchen essen und dazu ein alkoholfreies Bier trinken.»
Christine Weber, Raucherin und Nichtkifferin

Allerdings fehlt ihm nebst dem THC noch etwas anderes: der Tabak. «Als Raucher und Kiffer bin ich einfach der komplett falsche Konsument für so etwas!» Noch schlimmer trifft es die Raucherin und Nichtkifferin. «Das ist noch absurder als vegane Würstchen essen und dazu ein alkoholfreies Bier trinken», findet die Autorin. Es werden drei Joints geraucht, dann wird auf die Wirkung gewartet. Vergebens.

Das Handling ist angenehm: lässt sich gut drehen und brennt zügig an.

Das Handling ist angenehm: lässt sich gut drehen und brennt zügig an.

(Bild: web)

Das Feuer brennt, es ist warm und spät und die Tester schläfrig. «Ein Flash ruft dieses Gras definitiv nicht hervor», sagt Andrea. Auch Roberto, der nicht nur ein Kiffer, sondern auch Vielredner ist, fühlt sich auf eine bestimmte Art sediert. «Ich fühle so eine Art Zungenlähmung», sagt er und buchstabiert dann doch  «anästhetisierte» fehlerfrei. «Falls die sedierende Beruhigung etwas mit dem CPure zu tun hat, könnte ich genauso gut Baldrian nehmen», sagt er.

«Nach drei Joints mit THC-Gras würden wir jetzt unter dem Tisch liegen.»
Testgruppe CPure-Hanfprodukt

Die Einzige am Tisch, die sich leicht aufgeputscht fühlt, ist die nicht kiffende Autorin. «Möglich, dass es sich dabei um eine Art Placeboeffekt handelt», meint Roberto. Klar ist für alle: «Nach drei Joints mit richtigem Gras würden wir jetzt unter dem Tisch liegen.» Und davon ist man weit entfernt.

Überflüssiges Produkt, schwammige Zielgruppe

Fazit von der Kifferrunde, die weder gekifft noch geraucht hat an diesem Abend: Ein eher überflüssiges Produkt mit sehr schwammiger Zielgruppe. «Wenn ich rauche – egal ob Tabak oder Gras –, dann will ich etwas davon merken. Sonst kann ich es gleich sein lassen», sagt Andrea und Roberto ergänzt: «Drogen konsumiere ich, weil ich den Rausch suche. Gibt es den nicht, gibt es auch keinen Grund, sowas zu rauchen.»

In Luzern wird CPure unter anderem im «Hubbly Bubbly-Shop» und im «Mind Blowers» zum Kaufen angeboten. Dort zeigt man sich relativ zufrieden mit dem Absatz des Hanfproduktes. «Es läuft recht gut. Die Leute sind neugierig und viele wollen es probieren», sagt Sebastian Holler, Geschäftsleiter der beiden Shops. Ob dieser Trend anhalte, werde sich zeigen.

«Unter den Käufern gibt es auch solche, die den THC-armen Hanf zur Beruhigung oder Schmerzlinderung brauchen.»
Sebastian Holler, Geschäftsleiter Hubbly Bubbly-Shop

Zu den Kunden würden nebst den Neugierigen auch Kiffer zählen, die nicht rauchen und einen Tabakersatz brauchen. «Unter den Käufern gibt es auch solche, die den THC-armen Hanf zur Beruhigung oder Schmerzlinderung brauchen», sagt Holler.

Hat das Produkt «CPure» im Angebot: der Hubbly Bubbly-Shop an der Gibraltarstrasse.

Hat das Produkt «CPure» im Angebot: der Hubbly Bubbly-Shop an der Gibraltarstrasse.

(Bild: web)

Legal und dennoch nicht ratsam

Gekauft und konsumiert werden darf das THC-arme Hanfprodukt CPure ab 18 Jahren ganz legal. Trotzdem ist davon abzuraten, einen solchen Joint ganz gemütlich in der Öffentlichkeit zu rauchen. «Die Polizei macht keinen Unterschied zum ganz normalen Hanf», sagt Simon Kopp, Mediensprecher Luzerner Polizei. Und weil das CPure genauso riecht wie Kiffer-Hanf, kann es auch nicht unterschieden werden.

100 Prozent Schweizer Gras

Seit August 2016 ist das Produkt «CPure» in der Schweiz legal für den Verkauf zugelassen. Das Tabakersatzprodukt besteht zu 100 Prozent aus Schweizer Hanf. Der Anteil Tetrahydrocannabinol (THC) liegt unter einem Prozent und hat keine psychische Wirkung. Zum Vergleich: Üblicherweise hat Cannabis einen THC-Gehalt von bis zu 20 Prozent. Das Bundesamt für Gesundheit hat das Produkt geprüft und offiziell erlaubt.

  • Kosten: 24 Franken (10 Gramm)
  • Wird beim Drogentest nicht angezeigt
  • Erzeugt keinen Rauschzustand
  • Enthält weder Nikotin noch künstliche Stoffe
  • Kann legal gekauft und geraucht werden (ab 18 Jahren)

«Wer damit erwischt wird, durchläuft darum das genau gleiche Prozedere wie alle anderen auch», so Kopp. Will heissen: Der Hanf wird beschlagnahmt und es gibt eine Strafanzeige. Gegen diese kann zwar Einsprache erhoben werden, dann wird das Kraut auf seinen THC-Wert analysiert.

«Kosten fallen durch die Verfahren für den Konsumenten aber auch dann an.» Bei der Luzerner Polizei hat man jedoch noch nie mit einem solchen Fall zu tun gehabt. «Das war noch kein einziges Mal ein Thema», sagt Kopp.

Keiner der Tester hat Verwendung dafür

Dass sich das ändern wird, ist eher unwahrscheinlich. Die Testkiffer Roberto und Andrea werden jedenfalls nicht auf dieses Kraut umsteigen.

Nach der fröhlichen Runde will auch niemand das restliche Hanf mit heimnehmen. «Keine Verwendung», heisst es von allen dreien und Roberto reisst noch einen Witz: «Die sinnvollste Verwendung dafür wäre doch, es auf der Gasse als richtigen Hanf mit dem entsprechenden Preis zu verklickern.»


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