Fall Romer: Zuger Politiker geht es zu langsam

Gericht fühlt sich bedrängt – und beisst zurück

Ivo Romer während seiner Stadtratszeit 2010.

(Bild: Keystone / Sigi Tischler)

Der Prozess im Fall Ivo Romer ist zwar beendet, die Urteilsverkündung kommt jedoch nicht vor Ende Jahr. Der Zuger CVP-Kantonsrat Kurt Balmer wirft dem Gericht deshalb vor, zu langsam zu arbeiten. Dieses empört sich über die Einmischung der Politik – und erwartet stattdessen ein Lob.

Anfang Juli 2016 ging der Prozess gegen den früheren Zuger FDP-Stadtrat Ivo Romer zu Ende (zentralplus berichtete). Das Urteil wird allerdings nicht vor Ende Jahr vorliegen. So lange will CVP-Kantonsrat und Rechtsanwalt Kurt Balmer nicht warten. «Geht das nicht etwas schneller?», wollte dieser mittels einer Kleinen Anfrage wissen. «Es ist absolut unüblich und auffällig, dass es von der Verhandlung bis zum Urteilsspruch so lange dauert», sagt Balmer auf Anfrage von zentralplus.

Seit 25 Jahren ist der CVP-Kantonsrat bereits als Rechtsanwalt tätig. Aus seiner Warte ist klar: «Der Urteilsspruch im Fall Ivo Romer kann nicht so lange dauern. Für die Urteilsbegründung können sie sich alle Zeit der Welt nehmen. Aber eine Urteilsverkündung erst sechs Monate nach den Gerichtsverhandlungen zu kommunizieren, erscheint mir äusserst fragwürdig.»

Witwe um Millionen erleichtert

Dem früheren Stadtrat Ivo Romer wird vorgeworfen, als Vermögensverwalter einer wohlhabenden Witwe mehrere Millionen Franken abgezweigt zu haben. Die Staatsanwaltschaft beantragte beim Prozess vor dem Zuger Strafgericht eine Freiheitsstrafe von 6 Jahren und 10 Monaten wegen Veruntreuung, ungetreuer Geschäftsbesorgung, Betrug, Urkundenfälschung und Geldwäscherei.

Der Verteidiger verlangt einen vollumfänglichen Freispruch. Sein Mandant habe immer nur im Auftrag der alten Dame gehandelt.

Ein Grund, dem Gericht zu gratulieren

Am Dienstag hat nun das Obergericht des Kantons Zug nach Rücksprache mit dem Strafgericht Stellung zu Balmers Anfrage bezogen. Die Antwort dürfte dem Anwalt überhaupt nicht gefallen, denn sie fällt deutlich aus. Das Gericht schreibt, der Anfrager habe ein falsches Verständnis von richterlicher Unabhängigkeit. Übergriffe der Aufsichtsbehörden – also in diesem Fall des Kantonsrats – sowie Eingriffe in den Verfahrensablauf seien nicht angebracht. «Jede Einmischung in ein hängiges Gerichtsverfahren kann das Gericht beeinflussen oder gar unter Druck setzen. Das ist heikel, wird doch damit die richterliche Unabhängigkeit tangiert», sagt Felix Ulrich, Präsident des Obergerichts Kanton Zug.

«Der Vorwurf des Anfragers, wonach es in der Regel schneller gehe, trifft jedenfalls für umfangreiche Fälle nicht zu», konstatiert Ulrich. Die Anklageschrift sei 300 Seiten lang. Nur schon daran sehe man, dass es sich um ein sehr umfangreiches Verfahren handle. «Bei Fällen solch komplexer Art wäre es unseriös, wenn das Gericht unmittelbar nach der Parteiversammlung das Urteil verkünden würde. Die Vorgehensweise des Strafgerichts ist bei diesem Fall absolut üblich», fügt der Richter an.

«Es wäre ein Anlass, das Strafgericht zu loben.»

Felix Ulrich, Präsident Obergericht Kanton Zug

Die Richterinnen und Richter sowie die Mitarbeitenden der Zuger Justiz seien bestrebt, hochstehende Urteile zu fällen. Dies setze eine seriöse Auseinandersetzung mit dem Stoff voraus. Beim Fall Ivo Romer sei eine Bearbeitung «innert effektiv kurzer Zeit», wie es Balmer wünschte, schlicht nicht möglich. «Die vorgesehene Erledigungsdauer liegt für einen Fall, der so umfangreich ist, absolut im Rahmen beziehungsweise ist sogar eher kurz. Das ist sicher kein Fall für ein Einschreiten der Oberaufsichtsbehörde. Vielmehr zeigt sich, dass das Strafgericht schnell und effizient arbeitet. Es wäre also ein Anlass, das Strafgericht zu loben», meint Ulrich.

Aufsichtssituation unbefriedigend

«Ich bin über die Antwort des Obergerichts überhaupt nicht erfreut», so Balmers Reaktion. «Man ist gar nicht auf meine Fragen eingegangen und unterstellt mir, ich wolle die richterliche Unabhängigkeit torpedieren.» Dies, obwohl Balmer in seiner Anfrage deutlich betont, dass er die Gewaltenteilung natürlich respektiere und sich nicht in einen Gerichtsfall einmischen wolle. «Ich habe kein Mandat am Fall Ivo Romer. Einzig aus Interesse eines normalen Bürgers bin ich mit meiner Anfrage ans Gericht getreten.»

Das Parlament habe überdies auch eine Aufsichtsfunktion, fügt er an. «Die Aufsichtssituation im Kanton Zug ist nicht optimal gelöst. Es ist problematisch, wenn Aufsicht und Berufung ein und dieselbe Instanz sind.» Da gäbe es Handlungsbedarf.

Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


0 Kommentare
    Apple Store IconGoogle Play Store Icon