Unterwegs an der Luzerner Waffensammlerbörse

Vergoldete Kalaschnikows, Pistolen und Murmelisalbi

Amerikanische Revolver: Für Raritäten greifen Sammler tief in die Taschen. (Bild: Raphael Zemp)

Trotz Waffen hüben und drüben – alle freuen sich über die «friedliche Stimmung», selbst die Polizei. In einem anderen Bereich verortet letztere aber ein hartnäckiges Problem. Auf Streifzug durch die traditionsreichste Waffenmesse der Deutschschweiz.

«Gibt es ein Leben nach dem Tod? Brich ein und find es heraus!» Diese «Drohung» mit Augenzwinkern verfehlt ihre abschreckende Wirkung gründlich. Denn vor wenigen Minuten erst hat die 48. Ausgabe der Luzerner Waffensammlerbörse ihre Tore geöffnet, an diesem Samstagmorgen. Und doch drängen sich bereits die Besucher – auch vor diesem Stand, trotz Plakat. Und auch vor den meisten anderen Ständen der gut 90 Aussteller steht man sich gegenseitig auf die Füsse.  

Es lockt ein breites Angebot. Wie wäre es mit Murmelisalbe oder Walliser Trockenfleisch? Oder darf es ein Fuchsschwanzanhänger sein? Ebenfalls im Angebot sind alte Militärmäntel und -mützen, Nachtsichtgeräte oder Outdoorbekleidung. Das Hauptaugenmerk aber liegt ganz klar auf – der Namen des Anlasses verrät es: Waffen. Japanische Kampfschwerter, doppelschneidige Äxte, Messer, Bögen und Armbrüste, aber auch Feuerwaffen aller Grössen und Ausführungen aus den unterschiedlichsten Epochen – alles findet man an der Waffensammlerbörse.

Der frühe Sammler findet das Rarste

Oder sehr vieles zumindest. Denn ganz alles gibt es für Besucher, die erst am Wochenende auf die Allmend pilgern, nicht mehr zu sehen. Kurt Koller nämlich weiss: Wer auf besonders rare Sammlerstücke aus ist, der hat die Messehalle 4 bereits am Freitag ins Visier genommen. Der Stadtluzerner Waffensammler ist seit gut 30 Jahren im Geschäft und lässt sich als langjähriger Stammkunde natürlich auch diesjährige Ausgabe «seiner» Heimmesse nicht entgehen.

Ein amerikanisches Revolvergewehr für schlappe 21’000 Franken.

«Ganz zufrieden» ist er mit dem bisherigen Messestart. Auch wenn sein absolutes Prunkstück noch auf einen Abnehmer wartet. Kein Wunder: Der Kreis jener, die bereit sind, 21’000 Franken zu bezahlen für ein amerikanisches Revolvergewehr der Marke Smith & Wesson aus dem 19. Jahrhundert, dürfte ziemlich überschaubar sein. Die Kundschaft für Rares gibt es aber durchaus noch, auch wenn insbesondere das jüngere Messepublikum vermehrt mit modernen Waffen liebäugelt.

Der 3000-Franken-Shoppingtrip in die Zentralschweiz

Tatsächlich sieht man denn auch viele Aussteller moderner Waffen sowie viele jugendliche Gesichter im mehrheitlich männlichen Publikum. Einer davon ist Pascal, ein gepiercter Mittzwanziger mit Vollbart, der zusammen mit sieben Freunden extra aus dem Oberwallis angereist ist. Weder seinen vollen Namen will er abgedruckt noch sein Gesicht abgelichtet haben (Waffenaussteller und -besucher sind meist äusserst fotoscheu), ansonsten aber gibt er bereitwillig Auskunft.

Wie wäre es mit einer vergoldeten AK-47 für 4000 Franken? Stand Samstagmittag: noch zu haben.

3000 Stutz ist das Budget, das er sich für seinen ersten Messebesuch gesetzt hat. Sein Gegenstand der Begierde: eine Pistole des Typs SIG 210. «Und wer weiss, vielleicht liegt ja noch was anderes drin?» Denn wer von den Behörden erst einen Waffenerwerbsschein ausgestellt bekommen hat (Kostenpunkt 50 Franken), der darf damit gleich drei Waffen kaufen. «Reicht das an Auskunft?», fragt er und mischt sich wieder unters dichte Messepublikum.

Messe zieht auch Publikum aus dem Ausland an

Pascal ist kein Einzelfall. Viele andere Besucher der Luzerner Waffensammlerbörse nehmen ebenfalls teils beträchtliche Anfahrtswege in Kauf. In der Messehalle spricht man Züri-, Basler- und St. Gallerdeutsch. Aber auch Italienisch, Französisch und Englisch ist zu hören. Bei den Organisatoren will man weder von einem Rösti- noch von einem Polentagraben etwas wissen. Aus der ganzen Schweiz reist das Publikum an sowie aus dem grenznahen Ausland. Und auch in anderer Hinsicht herrscht grosse Diversität. Büezer, Beamte, Akademiker – alles sei hier anzutreffen, versichert Messeleiter Wolfgang Eberle. Und das erst noch in hoher Zahl. Denn auch heuer werden wieder rund 10’000 Besucher erwartet.

Dieser Erfolg ist sicherlich auch dem geschuldet, was Besucher und Aussteller wahlweise als «friedliche Stimmung», «familiär» oder gar «Chilibi-Feeling» bezeichnen. Auch wenn es an Tötungsinstrumenten nicht mangelt und manch ein Besucher das Messegelände mit einer neu erworbenen Pistole oder einem halbautomatischen Sturmgewehr verlässt: Zu Problemen ist es noch nie gekommen. Das bestätigt auch die Luzerner Polizei.

Wie seit jeher ist die Luzerner Polizei auch dieses Jahr mit einem eigenen Stand an der Waffensammlerbörse präsent. Zum einen, um den Händlern und Ausstellern auf die Hände zu schauen. Zum andern aber auch als Dienstleisterin. Hier findet Rat, wer beim aktuellen Waffengesetz nicht durchblickt. Hier kann aber auch unkompliziert beantragen, wer einen offiziellen Wisch für den Kauf von Waffen benötigt – sofern man im Kanton Luzern wohnhaft ist und schon einmal einen Schein beantragt hat.

Schlagringe und Co. bleiben «eine never ending story»

Etwas mehr als hundert solcher Dokumente würden durchschnittlich pro Messe ausgestellt, sagt Manuela Frey, Leiterin des Fachbereichs Waffen und Sprengstoffe. Dazu kämen weitere 50 Erstgesuche, die aber erst gründlich geprüft werden wollten – und deren Bescheid erst nach der Messe gefällt werde. Diese Zahlen seien konstant geblieben. Insgesamt seien aber auch im Kanton Luzern die Anzahl Waffengesuche wegen des Ukrainekrieges emporgeschnellt und seither auf hohem Niveau verharrt. Negativ habe sich das bisher aber in keiner Art und Weise ausgewirkt, so Frey.

Ein echter Hingucker: Mitglieder eines Reenactment-Vereins «leben» amerikanische Geschichte.

Probleme verortet Frey hingegen beim illegalen Erwerb von Waffen, einer «never ending story». Dabei sind aber nicht etwa Sturmgewehre und Pistolen das Hauptproblem, sondern vielmehr, was sich einige, vor allem junge Leute, übers Internet nach Hause bestellen: Schlagringe, Springmesser, Softairwaffen oder auch Elektroschocker. Wird man dabei erwischt, dann führt das in der Regel zu einer Anzeige, einer Busse von mehreren Hundert Franken sowie einem Strafregistereintrag. Gut 140 solcher Vergehen führt die Luzerner Polizei in ihrer Statistik – allein fürs vergangene Jahr.

Verwendete Quellen
  • Besuch an der Waffensammlerbörse
Themen
Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


1 Kommentar
  • Profilfoto von Marc
    Marc, 24.03.2024, 03:16 Uhr

    Dieser Fetisch für Tötungswerkzeuge ist einfach krank, sorry. Wie kann man sowas sammeln wollen? Da läuft definitiv etwas schief mit solchen Menschen.

    👍3Gefällt mir👏0Applaus🤔1Nachdenklich👎4Daumen runter
Apple Store IconGoogle Play Store Icon