Er transportiert bis zu 150 Kilo Material

Dieser Handwerker ist in Luzern nur mit dem Velo unterwegs

Muss sich nicht um Stau oder Parkplätze kümmern: Maler Sascha Münsch aus Luzern. (Bild: bic)

Sascha Münsch ist ein Handwerker wie viele andere auch. Doch der Umstand, dass er trotz viel Material niemals mit dem Auto, sondern immer mit seinem Transportvelo seine Kundinnen bedient, unterscheidet ihn von anderen seiner Zunft. Auf diese Art zu arbeiten bedeutet für ihn Freiheit – vor allem, weil er sich nie um Stau, Parkplätze oder Fahrverbote kümmern muss.

Bei den Parkplätzen zieht die Stadt Luzern die Schraube an. Die Stimmbürgerinnen haben vor zwei Wochen einen Kompromissvorschlag der Bürgerlichen zum neuen Parkplatz- und Parkkartenreglement angenommen. Somit wird künftig unter anderem das Parkieren auf öffentlichen Parkplätzen teurer sein und die maximale Parkzeit wurde auf 60 Minuten gesenkt. Davon sollen vor allem das Gewerbe und die Handwerker profitieren (zentralplus berichtete).

Während das Thema wie immer, wenn es um den Verkehr geht, im Vorfeld der Abstimmung zu reden gab und einmal mehr die Frage der Erreichbarkeit der Stadt im Zentrum stand, dürfte die Angelegenheit zumindest dem Luzerner Handwerker Sascha Münsch ziemlich gleichgültig gewesen sein. Denn seit sich der Maler vor fünf Jahren selbstständig gemacht hat, ist er ausschliesslich mit seinem selber konstruierten Transportvelo mit Elektromotor unterwegs. Im Winter genauso wie im Sommer.

Ein angefressener Radler

«Die Idee mit dem Velo hatte ich, als ich noch bei meinem ehemaligen Arbeitgeber aus der Region Luzern als Baustellenleiter angestellt war», erzählt Münsch. «Der ehemalige Patron fand die Idee gut, sein Nachfolger wollte sie aber leider nicht nach meinen Vorstellungen weiterverfolgen. Aus diesem und weiteren Gründen habe ich realisiert, dass es für mich in dem Geschäft keine persönliche Entwicklung mehr geben kann.»

Es sei ihm dann rasch klar geworden, dass er einerseits wegen seiner Idee mit dem Velo und andererseits aufgrund seiner besonderen handwerklichen Fähigkeiten und bevorzugten Arbeiten etwas Eigenes machen möchte, erinnert sich Münsch, der sich selber als «Velofreak» bezeichnet.

Grosses Einzugsgebiet

Der gebürtige Emmentaler hat keinen Fahrausweis – und bedient trotzdem von der Stadt Luzern aus mittlerweile regelmässig Kundinnen aus Stans, Meggen, Malters oder Neuenkirch. Auch die ganze Dreilindenstrasse habe er mit Dutzenden Kilo Material schon bezwungen. Wenn er ausserhalb der Region tätig ist, muss sich Münsch entsprechend organisieren. Oft spannt er dafür mit anderen Handwerkern zusammen, die er bei Umbauprojekten gleich miteinbezieht.

Der Maler ist unter anderem dann im ganzen Land unterwegs, wenn er für eine bekannte Fitnesscentergruppe in der ganzen Schweiz die Studios renoviert und die Duschen mit Anti-Grip-Belag ausstattet. In der Region Luzern habe er sich in den letzten Jahren eine immer grössere Stammkundschaft aufgebaut, sagt der 49-Jährige.

Das einzige Velo seiner Art

Das Velo gehört zum Kern von Münschs Geschäftsidee. «Nachdem ich meine GmbH gegründet hatte, entwarf ich als Erstes die Pläne für mein E-Transportvelo und ging damit zu einem grossen Velohändler in der Luzerner Agglo», erzählt er. «Die einzelnen Teile konnte dieser mir zwar beschaffen, zusammenbauen liess ich mein Fahrzeug dann aber von einem befreundeten Ingenieur und Feinmechaniker.» Das Gespann aus Transportvelo und Anhänger sei folglich eine Einzelanfertigung.

«Falls es eine Nachfrage gibt, kann ich mir vorstellen, weitere Velos zu bauen und sie an Interessierte Handwerker zu verkaufen.»

Noch während Sascha Münsch bei seinem ehemaligen Arbeitgeber angestellt war, will er festgestellt haben, dass er mit seinem privaten E-Bike innerhalb der Agglo viel schneller unterwegs ist als seine Kollegen mit dem Auto. «Ich musste auf der Baustelle nicht selten auf den Projektleiter warten – obwohl wir gleichzeitig losgefahren waren. Oft bis zu 15 Minuten», blickt er zurück.

Freie Fahrt überall in der Stadt

Folglich könne er im Gegensatz zu jenen mit Auto ausserdem während 24 Stunden und sieben Tagen in die Altstadt zu Kunden fahren und brauche keine Bewilligung. So hätte ihm eine Polizeipatrouille in der Altstadt bestätigt, dass es bezüglich des Befahrens der Altstadt mit seinem Transportvelo keinerlei Beanstandungen gebe. Das sei für ihn vor allem daher wichtig, weil er so bei den Kunden pünktlich eintrifft und ungestört bei der Arbeit bleiben kann.

Mit seinem Vehikel, mit dem Münsch laut eigenen Aussagen bis zu 150 Kilo Material transportieren kann, könne er ungehindert an jeder Hauswand parkieren. Denn es sei in etwa so breit wie ein Kinderwagen und erfülle folglich alle Normen. «Gemäss geltendem Recht könnte ich sogar bis 18 Meter anhängen. Dies ist in einem jahrzehntealten Fuhrwerkgesetz, wohl noch aus dem vorletzten Jahrhundert, so geregelt», erzählt Münsch mit einem Schmunzeln. Dass er mit seinem Gespann und nicht mit dem Auto und somit ungestört unterwegs sein könne, bedeute für ihn Genuss und ein Stück Freiheit.

Münsch ist sich bewusst, dass es wohl nicht jedermanns Sache ist, als Handwerker mit dem Velo unterwegs zu sein. «Wenn ich aber Kollegen beobachte, die regelmässig im Kreis herumfahren, um einem Parkplatz zu finden, bin ich froh, dass ich mir diesen Stress nicht machen muss. Ich würde wahnsinnig werden, weil mich die dabei verlorene Zeit reuen würde.» Hinzu komme, dass die Stadt mittlerweile schlicht und einfach im Verkehr ersticke.

Expandiert er schon bald nach Zürich oder Basel?

Mit diesen Erfahrungen im Hinterkopf überlegt sich Sascha Münsch derzeit, in weitere Schweizer Städte zu expandieren. Mit seinem Treuhänder arbeite er momentan daran. Münsch ist sich bewusst, dass er dafür ebenso angefressene Radler als Mitarbeiter finden müsste, wie er einer ist. «Ich gehe aber davon aus, dass ich solche finden würde, insbesondere in den Velostädten Zürich und Basel.»

Und Münsch hat noch eine weitere Geschäftsidee im Köcher. «Falls es eine Nachfrage gibt, kann ich mir vorstellen, weitere solche Transportvelos zu bauen und sie an interessierte Handwerker oder andere Berufsleute zu verkaufen.» Diese seien mit Mehraufwand individuell anzupassen. Das sei aber noch Zukunftsmusik.

Sascha Münschs Transportvelo vor seinem Geschäft im Geissensteinquartier.
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