Das süsse Reich an der Pfistergasse
«Schokolade macht glücklich.» Diesen Eindruck erweckt die gebürtige Thurgauerin Susanne Moser. Kunststück: Sie führt an der Pfistergasse 15 einen Schoggiladen. Bereits vor acht Uhr morgens kommen die ersten Kunden.
Sie wollte sich verändern. Wegen der Liebe zog es sie im Jahr 1975 nach Emmenbrücke, wo sie eine Stelle in einer Bank annahm. 1982 änderte sich ihr Berufsleben. Über Bekannte wurde ihr ein Schoggiladen an der Pfistergasse in Luzern angeboten, der bereits seit 1948 bestand. «Es war Liebe auf den ersten Blick», erinnert sie sich. Die Ambiance und natürlich die Schokolade zogen sie an.
Morgens um 7 Uhr zum Kaffee
Und seither verkauft sie dort Pralinés und Geschenkdosen voll von süssen Kostbarkeiten. Susanne Moser ist aber mehr als nur eine Verkäuferin. Sie ist eine wichtige Bezugsperson für das Quartier. Im kleinen Laden entstehen Gespräche. So ist etwa zu vernehmen, dass der Tochter einer Kundin das Bein operiert wurde oder wohin die nächste Reise führt. Der Kontakt unter den Geschäftsleuten in der Pfistergasse ist sehr eng. Gerne trifft man sich auch mal um 07.00 Uhr zum Kaffee, bevor die Ladentüren geöffnet werden.
«Anders als alle andern» sein, das möchte «Au cachet», welches sich auf der Visitenkarte «la maison du chocolat» nennt. Auf persönliche Beratung wird grossen Wert gelegt. Und wer einkauft, bekommt gratis ein Praliné, «das ist meine Werbung». Kein Wunder, dass der Laden viele Stammkunden zählt.
Fünf Lieferanten bringen die Pralinés, die jede Woche frisch angeliefert werden. Im Sommer gehören auch die Touristen zu den Kunden, im Winter Besucherinnen und Besucher des nahen Weihnachtsmarkts auf dem Franziskanerplatz.
Keine Betriebsferien
Schokolade ist die Leidenschaft der Ladenbesitzerin. Das muss auch so sein, denn reich wird sie mit ihrem Geschäft nicht. Aber es ist der Lebensinhalt von Susanne Moser, die bereits im Pensionsalter steckt. «Ich lebe bescheiden», sagt sie. «In den Ferien war ich letztmals im Jahr 1992. Ich befasse mich mit fremden Ländern, ohne selber dorthin zu reisen.» Davon profitieren die Kunden, denn es gibt keine Betriebsferien.
Die Coronapandemie hat auch die Pfistergasse erreicht. Nur eine Person darf den Laden betreten. Eine schlaflose Nacht hatte die Geschäftsinhaberin vor dem Lockdown. Das Lager war vor Ostern mit Schoggihasen gefüllt. Was sollte sie damit tun? Dem Lieferanten zurückgeben? Beim Kanton jedoch erfuhr sie die gute Nachricht: Da sie Lebensmittel anbot, war sie nicht verpflichtet, zu schliessen.
Ebenso wie der Whiskyladen und der Kiosk in der Gasse. Aber trotzdem: Sie rechnet dieses Jahr mit einem Umsatzrückgang von 10 bis 15 Prozent, hauptsächlich wegen der Touristen, die im Sommer ausgeblieben sind.
Post nach Japan
Der kleine Laden in der Luzerner Klein-Altstadt hat Beziehungen in die weite Welt. So verschickt Susanne Moser Geschenkpakete bis nach China und Südafrika. Von einem Kunden aus Japan hat sie die Adresse in seiner Landessprache erhalten und auf die Sendung geklebt. Und dazu die gleiche Anschrift in deutscher Sprache geschrieben. Damit sowohl die Postboten in der Schweiz und Japan das Paket richtig spedieren konnten.
Kein Wunder, dass Susanne Moser nicht ans Aufhören denkt: «Ich arbeite in meinem Schoggiladen so lange wie ich kann.»