Und plötzlich steht die (Sport-)Welt still
Gibt es einen Meister? Wer soll auf-, wer absteigen? Winzige Details, unwichtig im Vergleich zu den Dimensionen der Krise, die ein noch viel winzigeres Virus ausgelöst hat. Die Nottwiler Handball-Nationalspielerin Sabrina Amrein erlebt erst ein überraschendes Saisonende und gelangt dann zur Erkenntnis: Sport ist Luxus.
Es hat sich schleichend angebahnt. Anfangs haben wir nur aus der Ferne zugeschaut und uns auf einem anderen Kontinent relativ sicher gefühlt. Dann wurden die ersten Fälle in Europa bekannt und die Hygienemassnahmen wurden propagiert. Ganz ehrlich, wir haben das Virus und das «Social-Distancing» öfters mal belächelt. Wieso sollten wir uns auch die Hände vor dem Training nicht mehr geben dürfen, wenn wir uns doch danach auf dem Feld noch viel näherkamen …
Saisonhöhepunkt abgesagt
Das Veranstaltungsverbot des Bundes hat uns erstmals persönlich betroffen, damit verbunden wurde nämlich der Cup-Final in Bern abgesagt. Gut, damit sollte unser bisheriger Saisonhöhepunkt zwar auf unbestimmte Zeit verschoben werden, aber sonst sollte uns diese Massnahme nicht betreffen. 1'000 Zuschauer erreichten wir nämlich (knapp, wirklich sehr knapp) bei keinem Spiel.
Für die Trainingseinheiten in unserer Heimhalle, der Sporthalle des Schweizer Paraplegiker Zentrums, mussten wir von nun an ein Personalblatt ausfüllen und eine Anwesenheitsliste führen.
Geisterspiele
Etwas später wurde der Zutritt zu allen Spielen für Externe gestrichen, soll heissen: Meisterschaftsspiele ohne Zuschauer. Spiele, die sich wie Trainingsspiele anfühlten, bei denen aber die letzten entscheidenden Punkte im Titelkampf vergeben werden sollten. Wortwörtlich die letzten Punkte, denn wie ein Paukenschlag erreichte uns am letzten Freitag die Nachricht: «Handball-Meisterschaft per sofort abgebrochen.»
Zugegeben, man hätte es kommen sehen sollen. Aber als meine Teamkollegin mir am Nachmittag vor der Bekanntgabe schrieb: «Was meinsch, wird üsi Meisterschaft au abgseid?», antwortete ich ganz naiv: «Gueti Frog. Aber nei, dänkes ned». Zu meiner Verteidigung, ich bin nicht auf Social Media und nachdem die Uni am Abend vorher bis Ende Semester auf die virtuelle Schiene verlegt worden war, hatte ich auch ganz anderes im Kopf, als die Sportnews der Schweiz zu checken.
Sonst hätte ich hoffentlich gesehen, dass nicht nur Eishockey, sondern mittlerweile auch viele weitere Sportarten auf die sich zuspitzende Situation reagiert und die Meisterschaft beendet haben. Für mich kam der Entschluss also doch etwas überraschend.
Saisonabbruch
Aber egal, ob überraschend oder nicht, schlussendlich geht es allen Sportlern nach dieser Nachricht wahrscheinlich gleich. Erstmal ist da eine grosse Leere. Nicht nur physisch (Was soll man jetzt mit all der freien Zeit anfangen?), sondern vor allem im Kopf. Vor wenigen Stunden habe ich mir noch Gedanken zum letzten Spiel gemacht und mir überlegt, wie ich die Athletikeinheiten nächste Woche einplanen sollte, jetzt, da ich nicht mehr zur Uni musste.
Und plötzlich ist da nichts mehr. All die Energie, die wir seit letztem Sommer in unseren Sport investiert haben, war umsonst. Es war fertig, einfach so. Kein letztes Spiel, kein Saisonabschluss.
«Zämehebe»
Das winzig kleine Covid-19 hat es geschafft, uns das zu nehmen, was gerade jetzt für viele sehr wichtig wäre, sei es zur Erholung, Ablenkung oder einfach, um all die angestaute Angst und Ungewissheit loszuwerden.
Was bleibt, ist die Erkenntnis, dass Sport Luxus ist, die Hoffnung, dass wir uns diesen Luxus schon bald wieder leisten können, und der Vorsatz, die vielen alltäglichen Dinge, auf die wir jetzt verzichten müssen, in Zukunft mehr zu schätzen.
Simone Kaech-Röösli, 26.03.2020, 13:19 Uhr Liebi Säbi!
Einmal mehr ein echtes Lesevergnügen, trotz «schwerem» Thema!
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