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Replik zu Nationalrat Franz Grüter

Ukraine-Krieg: «Doch, wir müssen klar Stellung beziehen»

Ein klares Pro-Ukraine-Statement kürzlich vor der alten Hauptpost in Zug (Bild: wia)

Der Politblog von SVP-Nationalrat Franz Grüter zum Ukraine-Krieg (zentralplus berichtete) führte zu zahlreichen Reaktionen. Stellvertretend publizieren wir die Replik des Luzerner Alt Grossstadtratspräsidenten Albert Schwarzenbach.

Die Bilder aus der Ukraine machen betroffen. Russland hat einen Krieg gegen sein Nachbarland angezettelt, der zu Tausenden von Opfern in der Zivilbevölkerung führt. Immer mehr Leute sprechen von Kriegsverbrechen.

Eine Replik

Das geht auch die Schweiz etwas an. Denn wir sind eine Demokratie. Unsere humanitären Grundwerte werden mit diesem Krieg infrage gestellt. Da dürfen wir nicht schweigen, da müssen wir Position beziehen. Und den Aggressor benennen. Es darf doch nicht sein, dass wir tatenlos zuschauen, wie ganze Städte in Schutt und Asche versinken.

Neutralität hat Grenzen

Die Schweiz hat sich nach einigem Zögern den Sanktionen der EU angeschlossen und damit als Teil einer internationalen Gemeinschaft ein Zeichen gesetzt. Dies belegt, dass die Neutralität Grenzen hat. Und unser Land zum leidgeprüften ukrainischen Volk steht. Wer mit den Betroffenen in Kontakt ist, erlebt tagtäglich, wie grausam der Krieg ist.

Wie könnte er beendet werden? Wir wissen es nicht. Weil mit Wladimir Putin auf der einen Seite eine Person steht, die ohne Rücksicht auf Verluste einen Krieg gewinnen will. Eine Person, die Verhandlungen als taktisches Kalkül und nicht als Lösung versteht. Ein Diktator, der jedes freie Wort in seinem Land mit Bussen oder gar Gefängnis bestraft. Da gibt es nicht viel zu vermitteln, wie Türken und Israeli bereits erfahren durften.

Hohelied auf die Neutralität

Das müsste eigentlich auch SVP-Nationalrat Franz Grüter begreifen. Er singt ununterbrochen das Hohelied auf die Neutralität, kritisiert die Sanktionen und behauptet, der Bundesrat sei unter grossem Druck eingebrochen. Der gleiche Franz Grüter hat zu Kriegsbeginn empfohlen, dass die Ukraine auf einen Nato-Beitritt verzichten solle. Also etwas verwerfen solle, was in ihrer Verfassung als strategisches Ziel festgeschrieben ist und einst im Parlament mit 334 von 450 Stimmen verabschiedet worden ist.

Ein erstaunliches Statement von einem Politiker, der als Präsident der Aussenpolitischen Kommission eigentlich neutral sein sollte. Wie würden wir reagieren, wenn ein anderes Land verlangen würde, wir sollten wichtige Teile unserer Gesetze ändern, um einen Krieg zu verhindern? Zumindest die SVP würde auf unsere Unabhängigkeit und unsere Selbstbestimmung pochen.

Falsch verstandene Neutralität

Vermitteln kann nur, wer von beiden Seiten akzeptiert wird. Was würden die Ukrainer beispielsweise zu einer Verhandlungsdelegation mit Franz Grüter sagen, der einst im «Blick» als «bester Freund der Russen» bezeichnet worden ist?

So erfolgreich war denn unsere Vermittlungstätigkeit auch nicht. Der damalige Bundesrat Didier Burkhalter hat zwar im Namen der OSZE 2014 einen Frieden gefördert. Aber geblieben sind die völkerrechtswidrige Besetzung der Krim und die von russischen Truppen eroberten Teile des Donbass unter dem Mäntelchen von angeblichen Separatisten. Was letztlich zum jetzigen Krieg geführt hat.

Verstösse gegen das Völkerrecht

Die Schweiz hat ebenfalls in Georgien vermittelt. Geblieben ist, dass Abchasien und Südossetien unter russischer Herrschaft verbleiben. Notabene Gebiete, die völkerrechtlich zu Georgien gehören. Der Präsident von Südossetien möchte sein Gebiet sogar, ähnlich wie die sogenannten Volksrepubliken Donezk und Lugansk, Russland anschliessen. Die Schweiz konnte und kann das nicht verhindern. Dass Transnistrien auf dem Staatsgebiet von Moldawien seit Jahren von den Russen kontrolliert wird, sei auch noch angefügt.

Wir sind keine Insel. Die Welt ist nicht mehr die gleiche wie vor dem 24. Februar 2022. Wir müssen umdenken. Auch Franz Grüter sollte das tun.

Anmerkung der Redaktion: Wir publizieren im Politblog wöchentlich einen Beitrag aus der Feder von Vertretern verschiedener Parteien. Das Thema wählen die Autoren selbst, zentralplus gibt lediglich vor, dass es aus ihrem politischen Alltagsgeschäft zu stammen hat.

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Dieser Blog soll den Politikerinnen und Politikern aus den Kantonen Zug und Luzern Gelegenheit geben, ihre Sicht der Dinge darzustellen. Es wird wöchentlich Bezug genommen zur aktuellen politischen Landschaft Zentralschweiz. Die Meinung von Bloggern und Gastautoren muss nicht mit jener der Redaktion übereinstimmen.
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5 Kommentare
  • Profilfoto von Beatus
    Beatus, 23.04.2022, 13:25 Uhr

    Offensichtlich ist Herr Grüter ziemlich unbelehrbar. Wie kann man sich nur nach dem Aggressionskrieg Putins und nach den Gräueltaten der russischen Armee in der Ukraine immer noch gegen Sanktionen aussprechen? Wer sich bei Kriegsverbrechen für neutral erklärt, macht sich mitschuldig!

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  • Profilfoto von Tell
    Tell, 23.04.2022, 09:30 Uhr

    Mit der unter der Führung des greisen Scharfmachers Blocher neu entfachten Neutralitätsdiskussion setzt sich die SVP endgültig ins Aus. Zusammen mit Franz Grüter wird er mit wehenden Fahnen untergehen. Gottseidank!

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  • Profilfoto von oliver.heeb
    oliver.heeb, 22.04.2022, 21:05 Uhr

    Lieber Albert.

    Einverstanden mit Deiner Argumentation. Auch ich bin der Ansicht, dass Russland die «roten Linien» sehr deutlich überschritten hat. Neutralität kann auch in Komplizität oder Feigheit umschlagen. Oder: um allfällige schummrige Geschäftsinteressen zu schützen? Im Zusammenhang mit den «Pandora-Papers» wurde bekannt, dass es in Luzern eine ganze Reihe von Strohpersonen im Zusammenhang mit dem Russischen Oligarchen Kerimov gibt. Gemäss Luzerner Zeitung auch ein Präsident der Mitte-Partei einer Luzerner Gemeinde. Es ist mir nicht bekannt, ob sich «Die Mitte» bisher öffentlich zu diesem Fall geäussert bzw. diese Praktiken verurteilt hat?

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    • Profilfoto von Kommentarschreiber
      Kommentarschreiber, 23.04.2022, 10:58 Uhr

      Für Oliver Heeb, Mitglied der SVP und der Einbürgerungskommission der Stadt Luzern, scheint der Blog von Herrn Schwarzenbach und die aktuelle, bedrohliche Situation nicht mehr als nur eine willkommene Gelegenheit zu sein, endlich schmutzige Wäsche waschen zu können und dem politischen Gegner ans Bein zu pinkeln. Herr Heeb befindet sich aber mit seiner Haltung in bester Gesellschaft mit anderen Parteikameraden, wie z.B. die Herren Grüter, Köppel, Glarner, Tännler usw., die sich vor allem durch Ignoranz, Selbstgerechtigkeit und Unverfrorenheit auszeichnen.

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      • Profilfoto von Oliver Heeb
        Oliver Heeb, 23.04.2022, 14:08 Uhr

        Schade, können Sie nicht mit Ihrem vollen Namen hinstehen. Ich sehe Albert Schwarzenbach nicht als politischen Gegner; im Gegenteil. Es gibt in diesem unsäglichen Konflikt verschiedenste Akteure/Mitläufer, die eine fragwürdige Rolle spielen und dunkle Seiten zum Vorschein bringen. Ich finde, dass das, egal welcher Parteifarbe oder sonstiger Zugehörigkeiten, ungeschönt angesprochen werden darf.

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