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Hochverrat

Als der ehemalige Entlebucher Landeshauptmann enthauptet wurde

Bild aus der Chronik des Luzerner Schilling 1513 (fol. 127v/258): Peter Amstalden tafelt mit seinen Genossen unter der Dorflinde von Schüpfheim, während vorne ein Schreiber aus der Stadt Luzern Zeugenaussagen zur Verschwörung notiert. (Bild: Diebold-Schilling-Chronik, creative commons)

Im Mai 1477 schliesst Luzern das Burgrecht in Absprache mit Zürich, Bern, Solothurn und Freiburg ab. Die Reaktionen der Länderorte lassen nicht lange auf sich warten. Schon bald wird ein Komplott geschmiedet, das in einem Überfall auf die Stadt Luzern gipfeln soll.

Es ist der 24. August 1478: Der Landeshauptmann des Entlebuchs, Peter Amstalden, wird festgenommen und abgeführt. Ihm wird Hochverrat vorgeworfen. Der Luzerner Staatsapparat wirft ihm die Aufwiegelung der umliegenden Vogteien ebenso wie einen geplanten Anschlag auf die Stadt selbst vor.

Im darauffolgenden, zwölfwöchigen Prozess muss sich Amstalden mehreren Verhören unterziehen. In diesen gesteht er seine Schuld zu einem gewissen Grad, macht die Justiz jedoch auch auf zwei Mitstreiter aufmerksam.

Das Burgrecht von 1477

Um die Vorkommnisse um Peter Amstalden, die als der «Amstaldenhandel» in die Geschichte eingingen, besser zu verstehen, muss die politische Lage der Zeit präsentiert werden.

Zentral für das Verständnis ist das Burgrecht von 1477. In diesem Vertrag schliessen die Städte Luzern, Zürich, Bern, Solothurn und Freiburg ein Bündnis, das eine gegenseitige Garantie der Rechte ihrer Bürger gewährleistet.

Das Burgrecht wird als direkte Antwort auf den «Saubannerzug» von 1477 verstanden, bei dem Innerschweizer Söldner nach Genf ziehen, um ihren erhofften Anteil der Burgunderbeute sicherzustellen. Die Lage lässt sich nur durch intensive Verhandlungen von Gesandten der Städteorte beruhigen.

Um der wild gewordenen Söldnerbande Einhalt zu gebieten, entschliessen sich die Städte zum Bündnis. Es soll nicht der Eindruck entstehen, dass in der Eidgenossenschaft Milizen über der Politik stehen. So wird 1477 das ewige Burgrecht zwischen den fünf Städten geschlossen. Wohl auch, um sich selbst gegen die Länderorte abzusichern.

Obwaldner opponieren gegen Bündnis

In den Urkantonen stösst das Burgrecht auf Empörung. Besonders in Obwalden wird gegen das Bündnis opponiert. Sie sehen die politische Organisation der Eidgenossenschaft in Gefahr und fürchten eine zunehmende Verfestigung der Luzerner Territorialherrschaft.

Hier kommt der Amstaldenhandel ins Spiel. Wie eingangs erwähnt, berichtet Amstalden bei einem Verhör von zwei Komplizen. Hierbei handelt es sich um zwei Obwaldner, Hans Künegger und Heinrich Bürgler. Im Jahr 1478 hat Bürgler das Amt als Obwaldner Landammann inne. In dieser Funktion sind seine Hauptaufgaben die Rechtsprechung sowie die Leitung der Landsgemeinde.

Künegger bekleidet verschiedene Funktionen, ist unter anderem als Vertreter der Gemeinde Giswil und später als Ratsherr von Obwalden aufgeführt.

Sie beide gehören der ländlichen Oberschicht von Grundbesitzern an, die ebenfalls politischen Einfluss verüben.

Nachdem am 23. Mai 1477 das Burgrecht geschlossen wird, beginnt eine Phase der innenpolitischen Anspannung. Die Länderorte lehnen das Bündnis ab. Der Bundesbrief von 1332 autorisiert die drei inneren Orte Uri, Schwyz und Unterwalden, gegen den Beitritt Luzerns Einsprache zu erheben. Als nach der Tagsatzung im Juli 1478 jedoch noch immer keine Einigung in Sicht ist, beginnt sich eine Verschwörung zu bilden.

Überfall auf die Stadt Luzern geplant

Amstalden behauptet im Zuge seiner Vernehmung, dass Bürgler und Künegger zuerst auf ihn zugekommen seien. Sie spannen Amstalden wohl aufgrund seines Einflusses im Entlebuch ein. Als Hauptmann der Entlebucher in den Burgunderkriegen geniesst er hohes Ansehen. Ausserdem verbinden Bürgler und Amstalden familiäre Bande. Sie sind Cousins.

In Folge unterbreiten sie Amstalden ihr Vorhaben. Demnach planen sie einen Überfall auf die Stadt Luzern. Sollte er mithilfe der Entlebucher am Überfall teilnehmen, winkt ihm als Belohnung das Ammansamt im Entlebuch. Amstalden geht davon aus, dass er das Amt als selbstständigen Ort regieren wird.

Insgeheim wollen Bürgler und Künegger mit ihrem Komplott jedoch den Anschluss des Entlebuchs an Obwalden erwirken.

Sie legen das Angriffsdatum auf den 2. Oktober fest. Im Falle einer Zerschlagung ihres Staatsstreichs sichern sie Amstalden Exil in Obwalden zu.

Der Hochverratsprozess

Noch Monate vor dem geplanten Überfall wird Amstalden verhaftet. Das Komplott ist aufgeflogen.

Vor Gericht gesteht er den Versuch, die Luzerner Vogteien gegen den Schluss des Bürgerrechts aufgewiegelt zu haben. Ebenso bestätigt er das geplante Anschlagsdatum. Auch seine Mitverschwörer belastet er. So sagt er aus, dass Bürgler den Entlebuchern bei einer Unterstützung des Überfalls zur Unabhängigkeit verhelfen wollte.

Wäre ihre Hilfe jedoch ausgeblieben, wären sie zu einem Überfall aufs Entlebuch übergegangen. Amstalden sieht sich also als Opfer einer Erpressung.

Er wirft den beiden Obwaldnern vor, die Federführung am Komplott vorgenommen zu haben. Dennoch sieht er seine eigene Schuld ein und gibt zu, «selber seinen Tod verschuldet zu haben».

Die beiden belasteten Obwaldner werden daraufhin sowohl als Zeugen als auch als Angeklagte vorgeladen. Der Prozess gegen Amstalden wird zwölf Wochen aufgeschoben, um Bürgler und Künegger die Möglichkeiten zu geben, vor Gericht zu erscheinen.

Sie erscheinen jedoch nicht und überlassen ihren einstigen Verbündeten Amstalden seinem Schicksal.

Zur Vierteilung verurteilt

Am 14. November 1478 kommt das Gericht zum Urteilsschluss. Amstalden wird für schuldig befunden. Aufgrund der Schwere seiner Delikte wird er zum Tode per Vierteilung verurteilt. Auf Bitten seiner Verwandten wird er jedoch schliesslich enthauptet.

Während Amstalden für seine Rolle in der Verschwörung mit dem Kopf hinhalten muss, kommen Bürgler und Künegger heil davon. Noch Jahre nach dem Vorfall wird die Schuldfrage hitzig diskutiert. Die einzige Folge für die beiden Obwaldner besteht darin, dass sie Luzern nie wieder betreten dürfen. Niemand kann für ihren Schutz garantieren.

Verwendete Quellen
  • C. Döbeli, Der Zug vom Thorechten Leben, Liz. Basel, 1992
  • E. Walder, Das Stanser Verkommnis, 1994
  • L. Carlen, Die Landsgemeinden in der Schweiz , 1976, 16-18
  • D. Suter-Schmid, Koller-, Mötteli- und Amstaldenhandel. Juris Druck, 1974
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