Turbulenter Start

4-Tage-Woche bringt Luzerner Handwerkerfirmen ins Schlingern

Die Mitarbeiter haben mit Verständnis reagiert, als sie wieder fünf Tage antraben mussten. (Bild: zVg)

Sie ist die erste Metallbauerin der Schweiz, die auf die 4-Tage-Woche setzt: Nicole Wittwer, die Besitzerin der Wittwer Metallbau AG und Stahlplan GmbH in Adligenswil. Aber: Noch während der Testphase musste die Inhaberin wieder auf die 5-Tage-Woche umsatteln. Wenn auch nur vorübergehend.

Vier Tage arbeiten, sich am Donnerstagabend bereits ins Wochenende verabschieden – und dafür den Lohn von fünf Tagen kassieren. Wer wünscht sich das nicht?

Auf dieses Modell setzen die beiden Adligenswiler Metallbauunternehmen Wittwer Metallbau AG und Stahlplan GmbH sowie die Pries Metall- und Glasbau AG in Sins. Sie alle gehören Nicole Wittwer und ihrem Mann – und haben in diesem Januar die 4-Tage-Woche eingeführt.

Eigentlich handelt es sich um ein 90-Prozent-Pensum, das an vier Tagen abgearbeitet wird – und das bei gleichem Lohn. Die 41-Stunden-Woche wurde so auf eine 37-Stunden-Woche verkürzt (zentralplus berichtete). Deswegen wurden Abläufe überdacht und angepasst, sodass das Team effizienter arbeiten kann.

Im Mai wollte die Geschäftsleitung analysieren, ob das Modell Zukunft hat. Wie ist der aktuellste Stand?

4-Tage-Woche scheitert wegen Personalausfällen und viel Arbeit

«Eine Umfrage bei den Mitarbeitenden hat den Tenor gezeigt, dass sie die 4-Tage-Woche beibehalten möchten», sagt Nicole Wittwer. Die Unternehmen hatten jedoch in den letzten Wochen mit einigen personellen Ausfällen zu kämpfen. Einige waren coronabedingt. Kommt hinzu: Vier Mitarbeiter fielen für bis zu zehn Wochen aus, weil sie in ihrer Freizeit Unfälle davontrugen. «In einem rund 40-köpfigen Team tut das natürlich enorm weh», so Wittwer.

«Wir hätten uns enorm gewünscht und waren auch zuversichtlich, die 4-Tage-Woche durchzuziehen.»

Nicole Wittwer

Hinzu kam: «Wir haben momentan enorm viele Aufträge, was erfreulich ist – aber in einem reduzierten Team natürlich unmöglich zu bewältigen ist.» Deswegen musste die Geschäftsleitung reagieren. «Wir haben Ende Mai kurzerhand wieder auf die 5-Tage-Woche umgesattelt», sagt Wittwer.

Die Mitarbeiter hätten mit viel Verständnis reagiert. Da sie immer offen kommuniziert hätten und sie sich nach wie vor in einer Pilotphase befinden.

Nicole Wittwer führt mit ihrem Mann drei Metallbauunternehmen.

Die Umsetzung ist nicht einfach

Eine gewisse Ernüchterung zeigt sich bei der Inhaberin schon. «Wir hätten uns enorm gewünscht und waren auch zuversichtlich, die 4-Tage-Woche durchzuziehen.»

«Wir sind ehrlich genug, um zu sagen: Die Umsetzung einer 4-Tage-Woche geht nicht einfach so von der Hand – sonst hätten es wohl bereits andere vor uns schon gewagt.»

Nicole Wittwer

Doch gäbe es gewisse Dinge, die nicht beeinflussbar seien. Neben Personalausfällen sind das die enormen Lieferengpässe, mit denen die Metallbauunternehmen hadern. Auch der Ukraine-Krieg vereinfacht das Ganze nicht: Viel Stahl stammt aus der Ukraine. Hinzu kommen die Preissteigerungen bei den Materialien.

Wittwer zeigt sich selbstkritisch. «Wir sind ehrlich genug, um zu sagen: Die Umsetzung einer 4-Tage-Woche geht nicht einfach so von der Hand.» Und sie fügt an: «Sonst hätten es wohl bereits andere vor uns schon gewagt.» Auch seien noch einige organisatorische Änderungen nötig, um die 4-Tage-Woche zu optimieren.

Der Output muss derselbe sein

Trotz der anfänglichen Turbulenzen: Das Metallbauunternehmen ist von der 4-Tage-Woche überzeugt. Die Geschäftsleitung genauso wie die Mitarbeiterinnen. Und so hält Nicole Wittwer denn auch fest: «Die 5-Tage-Woche haben wir nur vorübergehend wiedereingeführt.» Quasi aus der Not heraus. «Und bis wir wieder den erforderlichen Output erreicht haben.»

Denn das war eines der festgelegten Ziele. «Der Output darf nicht weniger werden.» Das heisst, dass an den 4 Tagen auch wirklich gearbeitet werden muss. Etwas anderes könne sich das Unternehmen nicht leisten. Denn schliesslich sind die Kosten nicht weniger – und am Ende müsse die Rechnung für die Inhaber aufgehen.

Die zweite Regel: Den Mitarbeitern muss es an den vier Tagen gut gehen. Das Projekt würde dann scheitern, wenn Mitarbeiterinnen wegen des zunehmenden Drucks kündigen würden.

Spätestens im Herbst will man die 4-Tage-Woche wiedereinführen

«Spätestens im Herbst wollen wir wieder auf die 4-Tage-Woche umswitchen», sagt Wittwer. «Und wir sind zuversichtlich, dass wir das auch stemmen werden, sobald sich das Team wieder stabilisiert hat. Denn wir möchten den Hebel definitiv umlegen und das verstaubte Image der Metallbaubranche ablegen und gegen den Fachkräftemangel vorgehen.»

«Das neue Arbeitsmodel fordert an einigen Punkten ein Umdenken.»

Um zu verhindern, dass die Firmen bei Personalengpässen erneut die Arbeitstage aufstocken müssen, versuchen die Wittwers nun, das Team so stabil wie möglich aufzubauen. Und Abläufe noch besser zu überdenken. «Das neue Arbeitsmodell fordert an einigen Punkten ein Umdenken», so Nicole Wittwer.

«Wir sind zuversichtlich, dass wir das mit den gemachten Erfahrungen in den Griff bekommen. Wir befinden uns in einem Lernprozess und erkunden Neuland. Da dürfen Fehler im Sinne von Erfahrungswerten gemacht werden. Nur so kann Veränderung stattfinden.»

Die Wittwers wollen sich durch das Arbeitsmodell von der Konkurrenz abheben. Um damit bei der Personalrekrutierung zu punkten. Während sich die Firma mehr Effizienz erhofft, haben die Mitarbeiter ein längeres Wochenende.

Mit der 4-Tage-Woche nehmen die Wittwers übrigens eine Vorreiterrolle bei den Handwerkerberufen ein. Auch in der Gastrobranche hat ein Luzerner Betrieb kürzlich einen neuen Weg eingeschlagen: So setzt die Remimag seit diesem Mai auf die 4-Tage-Woche (zentralplus berichtete). Für eine erste Bilanz sei es jetzt jedoch noch zu früh, heisst es auf Anfrage von zentralplus.

Verwendete Quellen
  • Telefonat mit Nicole Wittwer
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