Luzern muss sich stärker für Inklusion einsetzen

Aktiv politisieren als Gehörloser? Ein schwieriges Unterfangen

Mehr Übersetzung bitte: Das Zeichen für Dolmetscher in amerikanischer Gebärdensprache. Denn auch von Land zu Land gibt es Unterschiede bei den Handzeichen. (Bild: Adobe Stock)

Am Donnerstag wurden im Luzerner Stadtparlament gleich drei Vorstösse überwiesen, in denen es um Barrierefreiheit und Gleichberechtigung von Minderheiten ging. Der gehörlose Patrick Mock aus Luzern erzählt, warum ihn diese Entscheide besonders freuen.

Die SP-Fraktion ist der Ansicht, dass die städtische Kommunikation alle Teile der Bevölkerung besser einschliessen sollte. Zwar habe die Stadt Luzern, etwa mit der Schaffung einer städtischen Fachstelle für die Gleichstellung, bereits einiges für ebendiese getan. Doch gehe da noch mehr, finden die Sozialdemokraten.

Unter anderem kritisieren sie, dass Filmproduktionen der Stadt Luzern oft ohne Untertitel daherkommen. Das soll sich gemäss der SP ändern, damit Gehörlose nicht ausgeschlossen werden. Ebenfalls sei die Übersetzung in Gebärdensprache oder in verschiedene Fremdsprachen bei Videos sowie allen weiteren Kommunikationsmitteln bei Bedarf zu prüfen und umzusetzen.

Die Hürden beginnen schon im Schulalltag

Stein des Anstosses für das Postulat betreffend der Untertitelung und Übersetzung in Gebärdensprache war Patrick Mock. Der Luzerner ist seit Geburt gehörlos. Er erklärt auf Anfrage: «Für mich ist die Demokratie inklusive Kommunikation sehr wichtig. Gehörlose und Menschen mit Hörbehinderungen können zwar wählen, haben aber kaum Zugang zu Informationen über Wahlthemen.» Dieser sei jedoch notwendig, um sich eine Meinung zu bilden.

Die Benachteiligung fange jedoch bereits viel früher an, so ist Mock überzeugt. «In meiner Schulzeit konnten die Lehrpersonen die Gebärdensprache nicht und ich musste von den Lippen ablesen. Da gab es oft Missverständnisse.» So entstehe eine Lücke in der Wissensvermittlung. Als Folge davon hätten Gehörlose oft Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben und beim Zugang zu höherer Bildung. «Deshalb ist für uns neben der Untertitelung auch eine Gebärdenspracheinblendung im Video wichtig.»

«Immer stellt sich die Frage, wer die Kosten für den Dolmetscher übernehmen muss.»

Patrick Mock, Luzerner Gehörloser

Mock könne sich nicht spontan an der Politik beteiligen, weil er im Voraus einen Dolmetscher organisieren müsse. «Immer stellt sich die Frage, wer die Kosten für den Dolmetscher übernehmen muss.» Viele kleine politische Vereine und Parteien hätten nicht genügend finanzielle Mittel, um sich einen Dolmetscher zu leisten. «Gerade der Einstieg in die Politik ist eine grosse Hürde für uns», sagt Mock. Besonders für Minderheiten sei es wichtig, mittels der Teilhabe an der Politik eine Stimme zu erhalten.

Neben genanntem Postulat von Maria Pilotto und Tamara Celato wurden am Donnerstag zwei weitere Postulate zu ähnlichen Themen behandelt. Alle drei Vorstösse wurden vom Rat überwiesen. Die Freude bei Patrick Mock ist gross. «Ein weiter Schritt zur Inklusion! Durch den Zugang zur politischen Debatte kann ich die verschiedenen Standpunkte besser verstehen, sodass ich mein politisches Engagement fortsetzen kann.»

Patrick Mock kämpt für eine bessere Integration der Gehörlosen.

Auf kantonaler Ebene geht's im Mai weiter

Dies mitunter auf kantonaler Ebene. Im Mai wird das Postulat 408 von Michael Ledergerber «Förderung der politischen Partizipation von Menschen mit Behinderung» im Luzerner Kantonsrat behandelt. In ihrer Antwort auf den Vorstoss hat der Regierungsrat an die Verantwortung der einzelnen Parteien appelliert. Es sei deren Aufgabe, das aktive Mitwirken von Menschen mit einer Behinderung in der Partei und ihren Gremien zu unterstützen. Eine Antwort, die Mock nicht gelten lassen will.

«Ich bin enttäuscht von der Antwort der Kantonsregierung.» Sie nehme so in Kauf, dass Gehörlose weiterhin Schwierigkeiten haben, Zugang zur direkten Demokratie zu bekommen. «Ich bin der Meinung, dass der Kanton finanzielle Ressourcen zur Verfügung stellen sollte, damit Gehörlose einen möglichen Einsteig in die Politik haben», sagt Mock abschliessend.

Patrick Mock ist nicht der einzige, der sich über die Dolmetscher im Grossen Stadtrat freute:

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