Analyse zum Millionenprojekt

Neues Luzerner Theater: Hier harzt es

Die Pläne zum neuen Luzerner Theater haben bis jetzt einen schweren Stand. (Bild: zvg)

Die Pläne sind erst seit wenigen Monaten bekannt. Doch bereits jetzt ist klar, dass das neue Luzerner Theater eine Zangengeburt wird. Die Liste der Probleme ist lang. Eine Analyse.

Vier Monate ist es her, seit die Verantwortlichen das Siegerprojekt des neuen Luzerner Theaters vorstellten. Marcel Schwerzmann, Bildungs- und Kulturdirektor des Kantons Luzern, lobte das 120 Millionen Franken teure Projekt damals (zentralplus berichtete): «Glücklich bin ich vor allem darüber, dass es gelungen ist, das heutige Theatergebäude inmitten des geschützten Ortsbildes weiterzuentwickeln und eine stimmige Nachbarschaft zur Jesuitenkirche zu gestalten, was ein wichtiges Anliegen in diesem Wettbewerb war.»

Stadtpräsident Beat Züsli war ebenfalls begeistert: «Wir haben ein Projekt, das die historische Innenstadt in einer sehr hohen architektonischen Qualität weiterentwickelt, für das Theater eine neue gute Infrastruktur ermöglicht und zugleich für die Bevölkerung ein offenes, einladendes, sehr attraktives neues Haus schafft.»

Es hagelt Kritik

Die Euphorie der beiden Männer über das Siegerprojekt schwappte aber nicht auf die Bevölkerung über. Im Gegenteil: Es hagelte Kritik zum geplanten Neubau. So etwa, dass er quasi den ganzen Theaterplatz einnehmen und zu nahe an der Jesuitenkirche stehen solle. Das Gebäude würde zudem den Lichteinfall in die denkmalgeschützte Kirche gefährden. Auch in den Kommentarspalten von zentralplus gab es deutliche Kommentare: «Aus die Maus für den schönen Ausblick auf den Pilatus. Was für ein hässlicher ‹Kotz Klotz›», schrieb eine Leserin (zentralplus berichtete). Andere schrieben von einer «optischen Katastrophe». Immerhin: Es gab auch lobende Worte, so sei das Projekt «sehr interessant umgesetzt».

Die Kritik ist auch heute, gut vier Monate nach Bekanntwerden des Siegerprojekts, kaum verflogen. Nur sind mittlerweile noch weitere Probleme hinzugekommen. Ein Tag nach der Veröffentlichung Mitte Dezember machte zentralplus bekannt, dass bereits ein erster Rechtsstreit laufe. Acht Beschwerden gingen beim Kantonsgericht ein. Diverse Architektenbüros waren zuvor aus dem Wettbewerb geflogen, beispielsweise weil ein Projekt zu tief im Boden gewesen wäre. Dass das nicht erlaubt sei, sei aus den Wettbewerbsvorgaben nicht ersichtlich gewesen, begründeten sie die Beschwerden.

Stillstand wegen Beschwerden

Diese führten bereits zu einer ersten Verzögerung. Ursprünglich hatte der Luzerner Stadtrat vorgesehen, beim Parlament noch in diesem Sommer einen neuen Projektierungskredit für die nächsten Schritte zu beantragen (zentralplus berichtete). Daraus wird aber nichts. Der Grosse Stadtrat kann den nächsten Projektschritt frühestens Ende diesen oder Anfang nächsten Jahres diskutieren. Grund: Die Beschwerden haben aufschiebende Wirkung und blockieren entsprechend die nächsten Schritte.

Das bringt den Stadtrat in ein Dilemma. Denn wie er im März verkündete, solle das Projekt stark überarbeitet werden. Die Verantwortlichen wollen damit auf die Kritik am neuen Theater eingehen. Doch bis die hängigen Beschwerden behandelt sind, sind der Stadt die Hände gebunden. Sie kann den Architekten keinen Auftrag zur Überarbeitung des Projekts erteilen. Vorerst herrscht also Stillstand. Sollten die Beschwerden bis ans Bundesgericht weitergezogen werden, könnte dieser monate-, wenn nicht jahrelang dauern.

Das Projekt könnte auch anderswo verzögert werden. Der Stadtrat hält es für wahrscheinlich, dass es zu einem fakultativen Referendum über den Projektierungskredit kommt. Somit würde die Luzerner Stimmbevölkerung ein erstes Mal und früher als geplant über den Neubau abstimmen. Denn klar ist, dass der Baukredit von 120 Millionen Franken, sollte es denn so weit kommen, dereinst an der Urne abgesegnet werden muss.

Alter Vertrag steht neuem Theater im Weg

Kritik mussten die Verantwortlichen auch bezüglich Teilnahme der Bevölkerung ertragen. «LZ»-Chefredaktor Jérôme Martinu bemängelte, dass weder Parlamentarier noch Akteure der Wirtschaft in die Entscheidungsfindung involviert gewesen seien. «Wo sonst gefühlt für jeden neu zu gestaltenden Spielplatz ein Echoraum geöffnet wird, soll das nun ausgerechnet bei einem Generationenprojekt nicht möglich gewesen sein?», fragte er.

In dieser turbulenten Zeit kommt hinzu, dass mit Gabriela Christen die Präsidentin des Stiftungsrats des Luzerner Theaters nach gerade einmal einem Jahr per Sommer 2023 das Handtuch wirft. Sie habe die Mehrbelastung durch das Projekt «leicht unterschätzt» (zentralplus berichtete).

Und nun ist ein weiteres Problem aufgetaucht. Dieses Mal handelt es sich um den Theaterplatz. Wie zentralplus aufdeckte, wäre es derzeit nicht erlaubt, den Platz zwischen dem Theater und der Jesuitenkirche komplett zu überbauen. Ein Vertrag zwischen Kanton und Stadt aus dem Jahr 1949 untersagt explizit eine Überbauung des ganzen Platzes. Die Stadt beruhigte, es gebe ein gemeinsames Interesse an der Realisierung des Theaters. Der Vertrag sei kein Hindernis für den Bau, da dieser im Rahmen der weiteren Projektierung abgeändert oder auch gelöscht werden könnte.

Das mag sein. Doch es zeigt einmal mehr auf, dass beim neuen Luzerner Theater vieles harzig läuft. Und die kritischen Stimmen werden dadurch nicht weniger.

Verwendete Quellen
  • Laufende Berichterstattung von zentralplus
  • Interview mit Denkmalpfleger Ueli Habegger in der «Luzerner Zeitung»
  • Kommentar in der «LZ»
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