Gerichtsverfahren laufen

Neues Luzerner Theater ist durch Beschwerden blockiert

Wie wird dieser Blick aus dem Fenster der Kornschütte in Zukunft aussehen? Das neue Luzerner Theater kämpft mit Startschwierigkeiten. (Bild: PLu)

Die Wogen gingen nach der Präsentation des neuen Luzerner Theaters hoch. In der Stadt wird kontrovers über den Entwurf diskutiert. Wir sagen dir, was aus denkmalpflegerischer Sicht von dem Bau zu halten ist und warum nun gar ein Rechtsstreit läuft.

Einige lieben den Entwurf der Ilg Santer Architekten aus Zürich, andere können sich nicht damit anfreunden. Kontroverse Diskussionen gibt es aber nicht nur unter zentralplus-Leserinnen. Mehrere Architekten haben sogar gegen den Architekturwettbewerb geklagt, wie Recherchen zeigen. Acht Beschwerden sind eingegangen, bestätigen die Luzerner Gerichte gegenüber zentralplus. Aber dazu später mehr.

Das sind die Schwachpunkte des neuen Luzerner Theaters

Einige Kritiker stellen die Frage, ob das Projekt «überall» wirklich in historische Silhouette der Stadt Luzern passt. Ist dieses Bauwerk überhaupt «Denkmal konform»? zentralplus besucht André Meyer in seinem Büro. Früher war er der Denkmalpfleger für den Kanton Luzern. Heute führt er ein selbstständiges Büro für Architektur und Denkmalpflege und hat mehrere Bücher veröffentlicht.

Meyer hat lobende Worte für den Entwurf aus Zürich. «Aus meiner Sicht ist es grundsätzlich positiv, dass das alte Theatergebäude erhalten bleibt.» Das Erdgeschoss des alten Theaters soll in Zukunft von allen Seiten für die Bevölkerung zugänglich sein (zentralplus berichtete).

André Meier sieht beim Projekt «überall» einige Schwachpunkte. (Bild: PLU)

Aus städtebaulicher Sicht hat er allerdings einiges zu bemängeln. «Problematisch ist die Höhe des neuen Theaters», sagt er. Wenn jemand von der Kantonalbank durch die Passage Buobenmatt geht, steht er dann direkt hinter dem Neubau. «Das ist eine sehr stark begangener Weg. Dass die Fussgänger nach der Passage dann direkt vor einer etwa 30 Meter hohen Wand stehen, dies ist eigentlich städtebaulich falsch gelöst.»

Das neue Theater braucht massiv mehr Platz als der jetzige Bau. Es bleibt kaum «Luft» zwischen der Jesuitenkirche und der Buobenmatt. Der massive Platzbedarf ist aber nötig, um alle Anforderungen an das neue Luzerner Theater zu erfüllen. «Aus meiner Sicht zeigt der Architekturwettbewerb, dass es der falsche Standort ist», sagt Meyer.

Ist das neue Theater denkmalschutzkonform?

Neben dem neuen Bau steht die Jesuitenkirche, die über 350 Jahre alt ist. Das Projekt «überall» schmiegt sich an das über 180 Jahre alte Luzerner Theater. «Aus denkmalpflegerischer Sicht kann sicher etwas Neues daneben gebaut werden», sagt der ehemalige Kantonale Denkmalpfleger. Aber: «Bei der hohen Entwicklung, welche bis zum First der Jesuitenkirche ragt, also rund 30 Meter, da sind wir schon fast bei einem Hochhaus.»

«Ich kann ihnen bestätigen, dass es acht Beschwerden hängig sind.»

Christian Renggli, Sprecher der Luzerner Gerichte

Durch den Neubau wird beeinflusst, wie viel Licht in die Jesuitenkirche dringen wird. «Klar ist das neue Luzerner Theater ein bisschen zurückversetzt. Aber durch die Höhe und die Nähe wird der Lichteinfall in die Kirche wohl beeinträchtigt», meint Meyer.

Zur Person

André Meyer war von 1973 bis 1991 Denkmalpfleger des Kantons Luzern und sass zwischen 1979 und 1991 im Kantonsrat. Von 1991 bis 1996 war er Präsident der Eidgenössischen Kommission für Denkmalpflege. Bis 2007 dozierte er zudem an der Hochschule für Technik und Architektur. Seit 1999 führt Meyer ein selbstständiges Büro für Architektur und Denkmalpflege. Er veröffentlichte zahlreiche Publikationen zu Denkmalpflege, Architektur und Städtebau.

Acht Beschwerden gegen den Architekturwettbewerb fürs Luzerner Theater hängig

Der offene Wettbewerb hat in der Architekten-Szene einiges an Gesprächsstoff ausgelöst. So haben sich einige Büros mit einem eigenen Projekt beworben, welche aber dann aus dem Wettbewerb geflogen sind. Die Begründung: Verstoss gegen die Wettbewerbsvorgaben.

So wurde beispielsweise bei einigen eingereichten Projekten bemängelt, dass die Architekten «in die Tiefe» geplant haben. Bei diesen Bauten wäre die Bühne sozusagen im Keller geplant worden. Die Linie zwischen Kirche und jetzigem Theater hätten diese Projekte meist nicht überschritten. In den Wettbewerbsvorgaben steht laut André Meyer nirgends, dass diese Planung nicht erlaubt sei. Etwa 15 Projekte seien aber mit dieser Begründung aus dem Wettbewerb ausgeschieden. Nicht alle Büros liessen dies einfach so auf sich sitzen. Mehrere hätten eine Beschwerde eingereicht.

Das bedeuten die Beschwerden für das Luzerner Theater

zentralplus geht der Geschichte nach und fragt bei Christian Renggli, dem Sprecher der Luzerner Gerichte nach. Und tatsächlich: «Ich kann ihnen bestätigen, dass es acht Beschwerden hängig sind.»

Es steht fest: Das Luzerner Kantonsgericht hat nun durch den Architekturwettbewerb einiges zu tun. «Die Beschwerden haben eine aufschiebende Wirkung», sagt Renggli. Dies wiederum bedeutet, dass der Wettbewerb dadurch auf «Pause» gestellt worden ist. Damit können die Planungen nicht weitergehen und auch die Wettbewerbsgelder kann die Jury nicht ausbezahlen.Wie es weitergeht entscheidet das Gerichtsverfahren.

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Denkmalpfleger André Meyer
  • Telefonat mit Christian Renggli, Sprecher der Luzerner Gerichte
  • Gespräch mit Luzerner Architekten
  • Besuch der Ausstellung «neues Luzerner Theater» in der Kornschütte
  • Website Neues Luzerner Theater
Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


15 Kommentare
  • Profilfoto von Markus Frisch
    Markus Frisch, 20.12.2022, 20:47 Uhr

    Als für die Salle Modulable ein Standort gesucht wurde, war der Standort beim Theater ungeeignet. Nun spricht der Stapi plötzlich vom Gegenteil?

    👍0Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎1Daumen runter
  • Profilfoto von Gui Lima
    Gui Lima, 19.12.2022, 23:57 Uhr

    Das Theater gehört in dieser Form nicht an diesen Ort. Baut diesen Bunker auf der Allmend , dort hat es genügend Parkplätze und der ÖV ist bereist bestens vorhanden.

    👍4Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎1Daumen runter
    • Profilfoto von Sapperlotta
      Sapperlotta, 17.05.2023, 19:44 Uhr

      Bin ganz bei Ihnen, Synergien gäbe es auch beim Südpol für einen Campus Kultur , analog zum Campus Horw oder Campus Uni/PH. Aber mit Scheuklappen und Prestigehabe wird das wohl nix.

      👍0Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎0Daumen runter
  • Profilfoto von Jacques Schiltknecht
    Jacques Schiltknecht, 17.12.2022, 21:12 Uhr

    Warum nicht in die Tiefe? Die vorliegende Fotomontage lässt vermuten, dass das neue Theater dominant und die Jesuitenkirche zu einem eingequetschten Relikt wird. Das kann sich Luzern nicht leisten. Die Altstadt würde entwertet.

    👍5Gefällt mir👏1Applaus🤔1Nachdenklich👎1Daumen runter
  • Profilfoto von Kasimir Pfyffer
    Kasimir Pfyffer, 17.12.2022, 11:15 Uhr

    Aha, der Wettbewerb wurde also auch schon verkachelt? Gratulation an die Baudirektion. Das muss man zuerst einmal schaffen.

    👍7Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎4Daumen runter
    • Profilfoto von Peter Bitterli
      Peter Bitterli, 17.12.2022, 12:32 Uhr

      Eher nicht Baudirektion. Aber schön, dass Sie es wieder einmal gesagt haben.

      👍8Gefällt mir👏0Applaus🤔1Nachdenklich👎2Daumen runter
  • Profilfoto von Maximilian Schmid
    Maximilian Schmid, 17.12.2022, 10:10 Uhr

    Passt nicht in die bestehende Architektur, eine Erweiterung des Gebäudes zur Jesuitenkirche mit der gleichen Fassade des Theaters zur Reuss, würde das Stadtbild nicht stören, hinter der Fassade kann man modern und situationsgerecht bauen.

    Ich werde den bestehenden »grausige Projektvorschlag» bis zur Abwahl bekämpfen.

    👍4Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎2Daumen runter
  • Profilfoto von Theater-Freund
    Theater-Freund, 17.12.2022, 07:41 Uhr

    Warum lässt man dieses wunderschöne Haus nicht einfach stehen, höhlt es auch und baut es den Ansprüchen entsprechend aus?
    Glaubt wirklich jemand daran, dass in diesen potthässlichen Bauten mehr Leute, bei allgemein sinkenden Zuschauerzahlen, das Theater besuchen werden?
    Millionen investieren, zukünftig das x-fache an Unterhalt bezahlen, noch mehr Geld in die Produktionen stecken und noch mehr auf das wohlwollen der umliegenden Kantone und der SpenderInnen angewiesen sein……?
    Ich würde kleinere Brötchen backen!

    👍13Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎0Daumen runter
    • Profilfoto von Hafen Hansi
      Hafen Hansi, 17.12.2022, 13:54 Uhr

      Kleine Brötchen backen steht aber den Selbstdarstellungs- und Profilierungsgelüsten, dem opportunistischen Machtstreben, dem Geltungsdrang (fast) aller Politikerinnen und Politikern sämtlicher politischer Couleur diametral gegenüber. Genau deshalb, und nur deshalb streben sie ja in die Politik. Müssen den Bürgern sagen, was sie wollen sollen. Wissen es stets besser. Besonders zu Tage tritt diese Verhaltensweise bei Prestige- und Monumentalbauten. Am Ende dieser Kaskade stünde dann der Personenkult. Dort soll stets geklotzt statt gekleckert, aus dem Vollen geschöpft und ja nicht geknausert (mit dem Geld der Anderen) werden. Schliesslich will man sich ja erhaben, auserwählt fühlen, sich verewigt wissen. Dem Zeitgeschehen seinen Stempel aufdrücken. Dazu passend der Spruch auf einem Amtsgebäude, den ich seinerzeit auf den Philippinen gesehen habe: «Gouvern is to serve – not for power». Leider hat sich diese nachvollziehbare politische Prämisse wie ein Furz im Wind verflüchtigt. Der politisch apathisch gehaltenen Masse dürfte dies zwischenzeitlich total egal sein.

      👍4Gefällt mir👏1Applaus🤔1Nachdenklich👎2Daumen runter
      • Profilfoto von Peter Bitterli
        Peter Bitterli, 17.12.2022, 14:58 Uhr

        Schreibt man auf den Philippinen wirklich so schlecht englisch? Auf Amtsgebäude? Und wozu passt jetzt noch gleich dieser Spruch?

        👍1Gefällt mir👏1Applaus🤔0Nachdenklich👎1Daumen runter
      • Profilfoto von Kommentarschreiber
        Kommentarschreiber, 17.12.2022, 16:48 Uhr

        @Hafen Hansi
        So, ist Ihnen nun wohler? Tun Sie sich doch etwas Gutes und essen Sie ab und zu ein Schoggistängäli, oder aktuell ein Weihnachtsguezli.

        👍1Gefällt mir👏0Applaus🤔1Nachdenklich👎0Daumen runter
    • Profilfoto von Adwandaene
      Adwandaene, 18.12.2022, 23:26 Uhr

      Ich möchte dir und Maximilian antworten – vielleicht seid ihr ja eh informiert. Das war der Ausgansgspunkt – «Wir müssen das Theater 2025 aushöhlen, da marode…aaaber das kostet viel mehr als ein neues, etc, etc.» Kurz, man witterte Morgenluft und der Weg sei frei, das Luzerner Theater «endlich ins 21. Jahrhundert zu führen» und mit dem Traum jeder Theaterstadt zu krönen – einem neuen Haus.
      Schon, schon…ich würde dem Luzerner Theater auch ein besseres Haus gönnen, etwas größer und technisch moderner.
      Aber was bei diesem internationalen Wettbewerb herausgekommen ist, ist ein Schock, ein Fehlstart. Ich kann mir schwer vorstellen, dass sich das noch umbiegen und langsam auf Kurs bringen lässt…die Ablehung ist zu heftig!

      Vorschlag: Abreißen und genauso, mit etwas mehr Volumen wieder aufbauen, das könnte innen viel bringen und müsste außen gar nicht mal so ins Auge fallen. Bei der inneren Neukonzeption wären der Fantasie keine Grenzen gesetzt.
      Der Stein des Anstosses ist das äußere Erscheinungsbild und zeigt wie hochsensibel dieser Theaterplatz punkto Veränderungen ist.
      Kann sein, dass dieser Entwurf verglichen mit anderen noch einer der interessanteren ist, was aber nicht allzuviel heißen will – manche sahen aus wie ein Parkhaus oder Möbelhaus…nur nicht wie ein Theater; teils mit einem Mangel an Sensibilität für den Ort, wo das stehen sollte, dass ich wunderte und fragte, ob diese Leute überhaupt schon mal in Luzern waren.

      👍0Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎1Daumen runter
      • Profilfoto von Adwandaene
        Adwandaene, 18.12.2022, 23:31 Uhr

        Ich meinte mit «dir antworten» dem Theaterfreund und M. Schmid…aber natürlich letzlich allen.

        👍0Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎0Daumen runter
  • Profilfoto von Loris Fabrizio Mainardi
    Loris Fabrizio Mainardi, 16.12.2022, 21:50 Uhr

    Wie die Wettbewerbs-Streitigkeiten auch immer ausgehen: Entscheidend ist, ob das Projekt den Lichteinfall in die Jesuitenkirche beeinträchtigt. Die Kritik von Alt Denkmalpfleger André Meyer ist ernst zu nehmen und wird im Baubewilligungsverfahren zu würdigen sein; ansonsten droht ein kultur- und finanzpolitisches Debakel:

    https://www.zentralplus.ch/blog/architektur-blog/vom-kreuz-mit-dem-theater-oder-vom-theater-um-das-kreuz/

    👍9Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎1Daumen runter
    • Profilfoto von Joseph de Mol
      Joseph de Mol, 17.12.2022, 15:07 Uhr

      Die Debakelokratie lässt grüssen!

      👍4Gefällt mir👏0Applaus🤔1Nachdenklich👎1Daumen runter
Apple Store IconGoogle Play Store Icon