Nicht zu urban, nicht zu betonlastig

Hünenberg plant sein neues Dorfzentrum

So oder ähnlich soll der Dorfplatz in Hünenberg künftig daherkommen. (Bild: zvg/ Visualisierung Duo Landschaftsarchitekten, Nyx Architects und IBV Hüsler AG)

Der Dorfkern von Hünenberg soll sich in den kommenden Jahren wandeln. Eines der Ziele ist, dass der grosse Platz im Zentrum der Gemeinde künftig stärker belebt sein wird. Nun liegen die Resultate des Studienauftrags vor – mit einer klaren Gewinnerin.

Montagabend, die Dämmerung, die sich um 19.30 Uhr bereits über das Zentrum Hünenbergs legt, verrät den nahenden Herbst. Zwei Menschen spazieren über den gepflasterten Platz, sie unterhalten sich über die Musikprobe, die gleich beginnt. Ansonsten herrscht auf der grossen Freifläche wenig Betrieb.

Das soll sich ändern. «Das Zentrum von Hünenberg soll noch lebendiger, noch attraktiver werden. Ausserdem wünschen wir uns mehr Grünflächen, nicht zuletzt aus klimatischen Gründen», erklärt die Gemeindepräsidentin Renate Huwyler beim Anlass, an dem es genau darum geht.

Im Rahmen des Raumentwicklungskonzeptes 2040 hat die Gemeinde Hünenberg auch das Zentrum ins Visier genommen. Die wichtigsten Fragen, die sich die Verantwortlichen dabei stellten: Wie soll man die dörfliche Identität künftig weiterstricken. Und wie steht das Dorfzentrum in Beziehung mit den umliegenden Landschaftsräumen?

Kleine «Perlen» im Zentrum Hünenbergs

Die Lösung respektive einen Lösungsansatz hat die Gemeinde nun gefunden, nachdem sie drei Architektur- und Landschaftsarchitekturbüros mit der Erarbeitung eines Studienauftrags beauftragt hatte. An besagtem Montag stellte die Gemeinde die drei Projekte und insbesondere das Siegerprojekt vor, nach dem sich die künftige Entwicklung der Umgebung richten soll.

Letzteres stammt aus der Feder von DUO Landschaftsarchitekten Lausanne/Bern sowie NYX Architekten in Zürich und trägt den Namen «Pearls». Es gibt einige Gründe, warum die Jury, bestehend aus Sach- und Fachexperten, besonders angetan war von diesem Projekt.

«Sie haben beispielsweise aus Gebäudegruppen und Freiräumen mehrere kleine Nachbarschaften geschaffen, und diese zu grünen Inseln gemacht», erklärt Martina Voser, die Vorsitzende der Jury. Nicht nur die bestehende dörfliche Freiraumstruktur, auch der erweiterte Landschaftsraum und die spezielle Topografie würden über räumliche und visuelle Bezüge selbstverständlich miteinbezogen.

Die Chamerstrasse soll zum verbindenden Element werden

Gleichzeitig werde, seiner heutigen Rolle entsprechend, die Chamerstrasse als Hauptschlagader herausgeschält. Anders als aktuell soll diese Hauptachse jedoch kein trennendes, sondern ein verbindendes Element werden. Dies insbesondere durch «Pearls» und Platznischen, die unterschiedlich gestaltet und genutzt werden. Sie brechen die Strassenfluchten, bieten aber gleichzeitig auch Räume, um sich aufzuhalten.

Was der Jury besonders gefalle am Projekt «Pearls» sei die Berücksichtigung von kühlenden Faktoren, also kleineren Baumpflanzungen, Chaussierungen oder der Einsatz von Pflastersteinen statt versiegelter Flächen.

Gemäss Jurybericht gelinge es den Projektverfassern, Alt und Neu zu verweben sowie eine Durchlässigkeit sowie Sichtbeziehungen und Durchwegungen mittels Freiräumen zu schaffen. Und abschliessend: «Beeindruckend ist es den Verfassenden gelungen, ihren Fokus auf die ‹richtigen› Punkte zu richten. So überzeugt das Projekt mit einer präzisen Strategie für die Weiterentwicklung des Zentrums, die auf wenigen, aber prägnanten und effektvollen ‹Regeln› basiert.» Es handle sich um ein robustes ortsbauliches Leitbild, das sowohl an die Vergangenheit anknüpfe, insbesondere aber in der Zukunft langfristig Bestand halten werde.

Urbanität versus Dörflichkeit

Weniger überzeugt ist die Jury vom Projekt, das aus der Feder von Yellow Z Urbanism Architecture in Basel stammt. Voser dazu: «Dieses Projektteam wollte ein sehr urbanes Zentrum realisieren. Das hat uns sehr beschäftigt, denn wir möchten ja einen Wiedererkennungseffekt.» Und gerade in Hünenberg hänge der Charakter des Orts sehr stark mit dem Dörflichen zusammen. Die Idee, bestehende Gebäude aufzustocken, wird von der Jury zwar aus ressourcenschonender Sicht positiv gewertet, handkehrum jedoch als zu «wuchtig» taxiert.

Das dritte Team unter Moos Giuliani Herrmann Architekten in Uster überzeugt die Jury zwar insofern, als es in ihrem Konzept das Netz aus bestehenden Gassen und Plätzen stärke und ausbaue und sich auf ein aktiviertes Zentrum fokussiere. Weniger zufrieden sind die Experten jedoch mit der linearen Baumbepflanzung, die das Projektteam entlang der Chamerstrasse schaffen will.

Diese sei «eher kontraproduktiv, insbesondere im Bereich des Zentrums, wo sie zu einer allzu kurzen und unterbrochenen Allee wird». «Auch bezüglich Freiraum hätte man ruhig etwas weitergehen können», kommentiert Voser das Projekt.

Die Bevölkerung hatte mitzureden

Die Entscheide, welche das Hünenberger Dorfzentrum in Zukunft prägen, werden nicht «von oben herab», also allein von einem Expertinnenteam gefällt. Auch die Bevölkerung wurde vorgängig in den Prozess eingebunden. Dies im Rahmen einer Echogruppe, bestehend aus Nutzern des Dorfplatzes. Hier kamen Vertreter aus der Bevölkerung, dem Gewerbe, der Kultur, Vereinen sowie Grundeigentümerschaften zusammen. Diese trafen sich zu mehreren Halb- oder Ganztagesveranstaltungen, um herauszufinden, welche Aufgaben der Dorfplatz zu erfüllen habe und wie dieser entwickelt werden soll.

«Es stellt sich bei solch komplexen Projekten im Bereich Raumplanung oft die Frage, welchen Mehrwert Echogruppen bieten», äussert sich Philipp Lenzi, der Gesamtprojektleiter, dazu. «Es war jedoch wertvoll zu erfahren, wie die Bevölkerung den öffentlichen Raum nutzt und was man künftig besser machen könnte.» Genau solche Fragen seien es, die den Planern erlauben würden, ein Projekt auf Bestellung zu entwickeln.

Die Fasnacht als wichtiges Element

So gebe es beispielsweise sehr klare Vorstellungen davon, wie der Dorfplatz an der Fasnacht, bei Weihnachtsmärkten oder am 1. August genutzt werden soll. Diesen Bedürfnissen gelte es Rechnung zu tragen, so die Verantwortlichen.

Die Umsetzung der Dorfzentrumsentwicklung soll in den kommenden Jahren nach und nach in Teilprojekten erfolgen. Als nächster Schritt werde nun zusammen mit den betroffenen Grundeigentümerschaften eine Strategie für die Umsetzung ebendieser Teilprojekte ausgearbeitet.

Hier in Hünenberg soll künftig ebenfalls gebaut werden

An der Lindenbergstrasse 2 soll künftig ein Mehrfamilienhaus zu stehen kommen. Auf den Grundstücken 1577 und 551, die rund 2100 Quadratmeter umfassen, wird ein fünfstöckiges Wohnhaus plus Attikageschoss geplant. Eigentlich sind an diesem Standort nur vier Geschosse plus Attika erlaubt. Der einfache Bebauungsplan erlaube jedoch ein weiteres Vollgeschoss «zu Gunsten einer städtebaulich und architektonisch vorzüglichen Lösung». Geplant ist ein Hybridbau mit Holzfassade, der mittels Erdsondenwärmepumpe beheizt wird, schreiben Schriber Schiess Architekten im Projektbeschrieb. Durchschnittlich seien in den Obergeschossen drei Wohnungen angeordnet, die sich um ein zentrales Treppenhaus gruppieren.

So könnte das künftige Haus an der Lindenbergstrasse 2 aussehen. (Bild: zvg)
Verwendete Quellen
  • Besuch Vernissage Neugestaltung Dorfzentrum in Hünenberg
  • Gespräche mit Vertretern verschiedener Anspruchsgruppen
  • Jurybericht
  • Informationen zum Bebauungsplan Lindenbergstrasse
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